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Hallo,
mittelfristig soll meine Schülerin das Flesch-Skalensystem anschaffen (ich habe die Ausgabe von Rostal, Carl Fischer Verlag), außerdem ihr absolutes Wunschstück, Beriots a-Moll-Konzert Nr.9 (das Berühmte). Letzteres habe ich selber nie gespielt, und für sie ist es noch an der Obergrenze, aber es wird in einigen Monaten sicherlich realistisch sein.
Nun gibt es natürlich viele Ausgaben beider Werke, habt ihr da den Überblick und könnt etwas dazu sagen? Bei Flesch ist, glaube ich, alles Mögliche immer von Rostal eingerichtet (oder nicht?), aber evtl. gibt es sekundäre Unterschiede (Druck- bzw. Papierqualität o.ä.).
Und was Beriot betrifft, stehe ich völlig auf dem Schlauch. Da, denke ich, werden die Unterschiede größer sein. Da Flesch eine Anschaffung fürs Leben sein wird und sie auch mit Beriot lange beschäftigt sein wird, wäre es schon gut, möglichst gute Ausgaben zu haben. Bevor ich also sämtliche Ausgaben zur Ansicht bestelle und womöglich noch vorab bezahlen muss, wäre ich für eine Einschätzung aller dankbar, die diese Werke gearbeitet haben!
Vielen Dank,
Flitzebogen
Hallo Flitzebogen!
Gibt es "Das Skalensystem" von Carl Flesch in der Bearbeitung durch Max Rostal (auch) in deutscher Sprache noch in einer anderen Ausgabe als der von Ries und Erler (Berlin), Carl Fischer (New York)? Eine rein fremdsprachige Ausgabe, wie sie von anderen (ausländischen) Verlagen herausgegeben werden, würde ich für einen deutschsprachigen Teenager nicht empfehlen.
Was spricht dagegen, Deiner Schülerin genau die Ausgabe des Flesch-Skalensystems zu empfehlen die Du selbst auch hast und die Du mit all ihren Vor- und Nachteilen genau kennst? Die Lösungen zur Beseitigung der Nachteile hast Du längst gefunden und kannst sie unmittelbar weitergeben. Bei einer eventuellen anderen Ausgabe gibt es womöglich andere Nachteile und die Lösungen dazu müssen von Dir erst entwickelt werden. Ob sich der Aufwand lohnt? Es geht doch nur um Tonleitern!
Die Notendrucke von Ries und Erler die ich besitze sind durchweg qualitativ hochwertig und (bei normal umsichtigen Umgang) langlebig.
Beim Violinkonzert Nr. 9, a-moll Op. 104 von C.-A. de Beriot, hat mir vor einigen Jahrzehnten mein Lehrer den Kauf der Ausgabe von C.F.Peters Nr. 2989d, herausgegeben von Friedrich Hermann aufgetragen. Druckbild, Seitenaufteilung, Papierqualität und Verarbeitung lassen wie bei C.F.Peters üblich kaum noch Wünsche offen. Mein Exemplar ist noch immer nicht vergilbt und sieht abgesehen von den Eintragungen meines Lehrers und von mir noch immer wie neu aus. Die Bearbeitung durch F.Hermann ist recht brauchbar, das bedeutet die Fingersätze müssen nur an wenigen Stellen an das Können des Schülers angepaßt werden. Bei den Phrasierungen wurden von F.Hermann im Vergleich zur Urtextausgabe (die man dazu in einer Bibliothek einsieht) an einigen Stellen Veränderungen vorgenommen, die etwas effekthascherisch sind aber ohne großen Aufwand korrigiert werden können.
Stadtbibliotheken mit Musikabteilung haben von häufiger nachgefragten Werken oft mehrere Exemplare die von verschiedenen Verlagen stammen. Hier hat man die Möglichkeit des Vergleichs (sofern die Exemplare nicht ausgeliehen sind). Möglicherweise findet man noch eine weitere Ausgabe in der Bibliothek der nächstgelegenen Musikhochschule. Als Profimusikerin die auch Kammermusik spielt, wirst Du sowieso immer wieder in Bibliotheken nach neuem Aufführungsmaterial suchen. Dabei kannst Du nebenbei auch mal nach verschiedenen Ausgaben des Beriot-Konzerts fragen.
Viele Grüße
Danke für die Vorschläge! Die Carl Fischer-Ausgabe hatte ich vor Jahrzehnten in den USA angeschafft; aber wenn R+E, hier in Deutschland leicht erhältlich, langlebig ist, dann wäre das in der Tat eine gute Wahl. Immerhin ist es ein dickes Heft, das aufgeschlagen werden soll, ohne dass irgendwann die Blätter herausfallen.
Ich habe mittlerweile von Beriot eine Ausgabe mit Play-along-CD gesehen, Verlag DOWANI; das wirkt natürlich attraktiv. Auf den CDs dieses Verlags gibt es laut Allgemeininfo eine vollständige Aufnahme mit Solist, zwei verschiedene langsame Übetempi mit schwach dazugemixter Solostimme und eine reine Begleitstimme. Ich selber habe noch nie etwas mit einer Play-along-CD gespielt. Mein erster Gedanke wäre der des Eingeengt-Seins - andererseits sind herabgesetzte Übetempi mit Begleitung vielleicht eine Variante, die man nicht vorschnell verteufeln sollte.
Unsere Stadtbibliothek hat nur ein halbes Regal mit Geigenliteratur. Ich werde aber dort einmal schauen, ob es zufällig dieses Konzert in verschiedenen Ausgaben gibt! Ich habe schon viele andere Noten dort gesucht und selten etwas gefunden.
"Als Profimusikerin die auch Kammermusik spielt, wirst Du sowieso immer wieder in Bibliotheken nach neuem Aufführungsmaterial suchen." - Ein schmeichelhaftes Vorurteil, dem ich aber nicht entspreche. Kammermusik: ja; viel: nein, Stöbern: online. Damit bin ich vorerst super zufrieden. Meist läuft es darauf hinaus, dass ich zum Mitspielen eingeladen werde, und dann hat das Stöbern schon ein anderer übernommen. ;-) Jedenfalls werde ich jetzt nicht für meine Schülerin in eine andere Stadt fahren, um die dortige Musikhochschulbibliothek aufzusuchen. Übrigens: Könnte man das eigentlich? Auch ohne Mitglied der Hochschule zu sein? Denn was nicht ist, kann ja noch werden...
LG, Flitzebogen
Hallo Flitzebogen!
"Das Skalensystem" von Flesch gibt es bei Ries und Erler in Bearbeitungen für alle vier Streichinstrumentenarten: Vl, Va, Vc, Kb. Die Hefte unterscheiden sich nur in der Einband- und Schriftfarbe sowie dem Namen des Bearbeiters. Die restliche Gestaltung des Einbands und der Aufdruck ist (auf den ersten Blick) bei allen identisch. Also beim online Bestellen im Webshop mit den Thumbnail-Bildchen aufpassen! Nur die Ausgabe in der Bearbeitung von Max Rostal ist für Violine. In manchen Onlineläden wird nicht explizit angegeben für welches Instrument die jeweilige Bearbeitung eingerichtet wurde.
Play-along ist nach meiner Beobachtung gut für Schüler die sich ein Stück technisch und musikalisch im Wesentlichen schon erarbeitet haben (d.h. eine grobe eigene Vorstellung besitzen wie sie es klingen lassen wollen) und nun z.B. für eine Aufführung an den Details arbeiten bzw. das Zusammenspiel trainieren.
Das kritische Vergleichen und der Wille zur eigenen Gestaltung muß sich bei manchen Kindern erst im Laufe des Erwachsenwerdens entwickeln. Kinder orientieren sich gerne an Beispielen. Das ist von der Natur gut eingerichtet, denn das macht das Lernen in dieser Entwicklungsphase effizient und schnell. Beim Erlernen eines Musikstückes besteht aber die Gefahr, daß einfach nur "blind" ohne kritisches Hinterfragen das Hörbeispiel nachgeahmt wird. Das wäre schlecht für die Entwicklung einer eigenen Klangvorstellung, die für einen künstlerischen Vortrag unabdingbar ist. Das ist vermutlich, was Du "als Eingeengt-sein" empfindest.
Die ständige Verfügbarkeit eines "Vorspielers" hat natürlich auch enorme Vorteile bei der Erarbeitung eines neuen Werkes.
Wenn Du dich für die Play-along Version entscheidest, wird es notwendig sein, der Schülerin erst den richtigen, nutzbringenden Umgang mit diesem Hilfsmittel beizubringen. Das wird Unterrichtszeit und daher das Verständnis der Schülerin und ihrer Eltern erfordern.
Du mußt entscheiden ob und wie gut Deine Schülerin dieses Problem versteht und damit nach Deinen Anweisungen diszipliniert umgehen kann.
Da Universitätsbibliotheken und die Bibliotheken von Musikhochschulen von öffentlichen Steuermitteln finanziert werden, sind sie für die Steuerzahler bis jetzt auch öffentlich zugänglich. Musikhochschulen werden finanziell meist sehr viel kürzer gehalten als Universitäten und die Bibliothekare sind froh, wenn sie von den benötigten Werken wenigstens ein Exemplar haben. Deswegen ist (bei der hiesigen Musikhochschule) das Ausleihen für Externe nicht möglich, aber man darf die Bibliothek sehr wohl benutzen. Da die Bibliotheken Kopierer und Scanner zur Verfügung stellen, ist die fehlende Möglichkeit des Ausleihens zu verschmerzen.
Viele Grüße
Nachtrag:
Zum Thema Bibliothek ist hinzuzufügen, daß alle Hochschulbibliotheken wie auch alle Stadtbibliotheken mittlerweile über einen Online-Katalog verfügen über den man Literatur-/Notenrecherchen vornehmen und auch seine Ausleihen und Verlängerungen verwalten kann. Bevor man sich auf den Weg macht, kann man vom eigenen Rechner aus schon im Voraus nachsehen, ob das Gesuchte im Bestand ist und ob es derzeit verfügbar oder entliehen ist. Das spart Zeit und (lange) Wege.
Die Hochschulbibliotheken erreicht man über einen Link auf der Webseite der jeweiligen Hochschule, die Stadtbibliotheken über einen Link auf der Seite der Stadtverwaltung bzw. des örtlichen Bildungszentrums.
Übrigens, trotz knapper Mittel haben die Bibliothekare (bei uns) immer ein offenes Ohr für sinnvolle Neuanschaffungsvorschläge. Wenn man also der Überzeugung ist, daß ein wichtiges Werk oder Buch in dieser Bibliothek fehlt, dann einfach mal ein nettes Gespräch mit dem Bibliothekar zu diesem Thema führen. Die freuen sich meist darüber, weil sie dann nicht selbst überlegen müssen, was sie für die nächsten freigegebenen Mittel anschaffen könnten. Das hat mir und anderen schon häufiger weitergeholfen.
Viele Grüße
Dake für die ausführlichen Erläuterungen. Das mit den Bibliotheken im Allgemeinen verstaue ich abrufbar im Hinterkopf.
Schön zu hören, dass die Play-alongs nicht nur ein Werbegag, sondern tatsächlich nützlich sein können. Das Mädchen ist schon "irgendwie" musikalisch, d.h., sie hat immerhin z.B. die eigene Meinung, dassdieser Beriot ein tolles Stück ist. Es wird schon viel in ihr angesprochen. Außerdem ist sie eine ehrgeizige Überin aus eigenem Antrieb. Aber sie ist verhältnismäßig noch sehr ungebildet, bisher wenig in Konzerten gewesen, Eltern völlig musikfern. Das merkt man daran, dass sie bestimmte Stile, musikalische Wendungen und gestalterische Standards (v.a. das sinnvolle Gruppieren mehrerer Noten) erst bewusst gemacht bekommen muss. Während ich bei meinen ansonsten viel weniger fortgeschrittenen eigenen Kindern nur kurz darauf hinweisen muss, dies sei doch der Höhepunkt einer Phrase, dann sagen die nur "achso" und spielen dann ganz selbstverständlich dorthin. Die haben einfach nebenbei viel mehr Musik mitbekommen. Für meine Schülerin ist noch gar nichts in der Richtung selbstverständlich. Für sie ist es oft ein Aha-Erlebnis, was alles überhaupt geht. Auch die eigene Klangvorstellung hinkt hinter dem technischen Können hinterher. Aber sie hat sich schon gut weiterentwickelt in letzter Zeit, daher finde ich es einen idealen Zeitpunkt, um jetzt mit einem Stück anzufangen, von dem sie ausnahmsweise einmal doch eine Vorstellung hat und für das sie sehr motiviert wäre. Sie muss noch nicht alles von sich heraus schlüssig interpretieren können. Sie braucht es, an die Hand genommen zu werden, damit das, was potentiell in ihr steckt, in eine brauchbare Form wachsen kann.
Sie braucht dringend viel mehr Hörerfahrung, auch ganz allgemein, daher ist hier so ein Play-along vielleicht wirklich gut für sie. Außerdem - weil sie das Stück liebt, kann sie es ja zu Hause später sowieso zu ihrem eigenen Vergnügen immer wieder mit CD spielen, wenn wir im Unterricht auch schon weiter gegangen sein werden.
Ich habe bei IMSPL gestern die Peters-Ausgabe gefunden und die Geigenstimme für mich selber ausgedruckt. Sind ja nur vier Seiten, der erste Satz! Irgendwie war mir gar nicht so bewusst gewesen, wie überschaubar der doch eigentlich ist. Das wird sie schaffen! :-)
LG, Flitzebogen
Hallo Flitzebogen!
So wie Du die Schülerin beschreibst, kann ihr die Play-along-CD wirklich eine Unterstützung bieten. Wichtig ist es ihr vorher zu erklären, welche Aspekte einer fremden Interpretation allgemein gültig sind und übernommen werden müssen und in welchen Aspekten der Interpretation man frei ist und das Beispiel auf der CD nur eine von mehreren Möglichkeiten darstellt.
Eine andere Frage in Bezug auf die Interpretation auf der Play-along-CD ist, ob diese ungefähr mit jener Interpretation übereinstimmt die sie offenbar schon früher kennengelernt hat und die sie so motiviert hat. Die CD sollte die schon gefundene Klangvorstellung nicht wieder umwerfen.
Eine kleine Warnung will ich noch aussprechen: Wenn man Schülern oder Studenten zum ersten Mal ein neues Arbeitsmedium zur Verfügung stellt wie in diesem Fall die Play-along-CD, so sollte man als Lehrkraft seine erhöhte Aufmerksamkeit darauf richten, wie dieses neue Medium tatsächlich verwendet wird. Die jungen Leute sind kreativ und kommen manchmal ohne Hintergedanken auf Anwendungsmöglichkeiten an die man vorher nicht im (Alb-)Traum gedacht hätte und die leider auch kontraproduktiv sein können. Das muß man schnell erkennen und korrigierend eingreifen.
Da es hier im Forum einige gibt, für die die Arbeit mit einer Play-along-CD auch nutzbringend sein könnte, wäre es vieleicht interessant, wenn Du nach Abschluß des Projekts "Beriot-Konzert a-moll" an dieser Stelle kurz berichtest, welche Vor- und Nachteile die Verwendung der CD hatte und wie und wofür Du und deine Schülerin die CD eingesetzt haben.
Ich wünsche euch jedenfalls viel Erfolg bei dem Versuch.
Viele Grüße
Ich kann gerne berichten, aber da sie momentan noch ein paar Stücke mit einem Duopartner zu lernen hat und damit ausgelastet ist, wird das Beriot-Projekt erst in einigen Wochen überhaupt starten. Also bitte viel Geduld haben! Und ob die Eltern bereit sind, die teure CD-Ausgabe zu bezahlen, muss auch noch geklärt werden. Das Mäddchen weiß noch nicht, dass ich das für sie schon einplane und wird sich sehr freuen. Vor allem, weil sie endlich sieht, wozu die ganzen Tonleitern und Doppelgriffe gut sind. :-)
Danke nochmals,
Flitzebogen
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