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Beratung und der Einzelhandel stirbt zum Teil im Geigenbau

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Anima Profilseite von Anima, 11.07.2016, 00:51:02

Ich möchte dir an dieser Stelle gerne etwas Mut machen,

es gibt und wird immer Leute geben, die eine kompetente fachliche Beratung zu schätzen wissen und bereit sind dafür entsprechend zu zahlen. Ich habe beim Besuch einiger Musikaliengroßhandel (Namen erwähne ich hier lieber nicht) feststellen müssen, dass sich die Mitarbeiter gerade im Streichinstrumentenbereich (Geigen, Bratschen, Celli) unglaublich schlecht auskennen, da musste ich zum Teil als Kunde erklären worin der Unterschied eines Feinstimmers für Saiten mit Kugel zu dem eines Feinstimmers für Saiten mit Schlinge liegt und musste mich rechtfertigen, warum ich denn nicht den für Saiten mit Kugel nicht für meine E-Saite mit Schlinge haben wolle, der habe doch schließlich auch sogar zwei Haken, meinte der Verkäufer. 

Auch wird jeder der schon einmal in einer Geigenbauwerkstatt war sagen können, dass dort die Atmosphäre im Gegensatz zu den vollgestopften Fabrikhallen um Längen schöner ist. Mir ging das jedenfalls von klein auf so, Holzspäne auf dem Boden, Geigen an der Decke, Werkzeug etc. Das kann mir kein Versandhaus bieten, von der wie schon erwähnten fachlich um Längen kompetenteren Beratung einmal ganz zu schweigen. 

Neuester Beitrag Fidi Profilseite von Fidi, 22.08.2021, 01:51:47

 

 

Hm, man hat immer zwei Seiten der Geschichte, nicht nur Händler/ Geigenbauer und Kunde, sondern vor allem auch unterschiedliche Kunden. Teurere Preise, Beratungspreise, Gebühren, um den Laden überhaupt betreten zu können (war mal in den Nachrichten) treffen immer die Kunden, die sich das Produkt, z.B. eine Geige, gerade mal so leisten könnten, weil sie Minderstlöhner sind oder arme Rentner oder arme Azubis/ Studis etc. Oder auch Normalverdienende mit vielen Verbindlichkeiten. Als Kunde hoffe ich, dass diese Menschen nicht komplett ausgeschlossen und in den Internethandel getrieben werden. Es gibt durchaus Familien, in denen es einen großen Unterschied macht, ob man sich ein Buch für 8 bis 10 € kauft oder über Amazon-Marketplace eines für einen Euro + drei Euro Versand. Das kann über Haben und Nichthaben entscheiden. Bleiben noch 6 Euro für Lebensmittel an dem Tag zum Beispiel.

 

Ich könnte mir aber vorstellen, Beratungsgebühren einzuführen, also "kurze Frage = kostenlos; Infogespräch von ca. 15 min = x €. Wobei ich als Kunde keine Ahnung habe, was da angemessen wäre. 15 € wären mir wohl zu viel, wenn ich nicht weiß, wohin das Gespräch führt (wenn ich am Ende z.B. nur weiß, dass mein Wunsch nicht realisierbar ist).

 

 

Beim Geigenbauer wäre ich persönlich aber durchaus bereit, für das Ausprobieren von Instrumenten oder dsa Vorstellen verschiedener Instrumente zu zahlen, wenn ich zur Zeit KEINE Kaufabsicht habe oder wenn ich Kaufinteresse habe, aber sehr viel/ lange ausprobiere (also: nach x min y € pro halbe Stunde). 

Ich muss sagen, mich faszinieren die Geigen und teilweise andere Instrumente biem Geigenbauer immer und ich würde gern wissen, was das im Einzelnen für Instrumente sind, wie die klingen usw. Dafür wäre ich bereit, zu zahlen, wenn der Geigenbauer mir mal 5 Instrumente mit bestimmte oder unterschiedlichen Eigenschaften, Preisklassen etc. vorstellt. Keine Ahnung, ob es anderen auch so geht. Ich könnte mir sogar "Führungen durch die Werkstatt mit interessanten Informationen und Instrumentenvorstellung" für kleine Gruppen als kostenpflichtige Veranstaltung vorstellen, für die Kunden zahlen würden. Allein schon sagen zu können, "ich habe mal eine 10.000 €-Geige oder ein 20.000 €-Cello live gehört" kann für viele attraktiv klingen.

 

Ich fände es aber sehr schade, wenn die alleinerziehende Mutter, deren Sohn unbedingt Geige lernen möchte, sich nicht zum Geigenbauer traut, weil sie ihm Zeit stiehlt, nicht für die Beratung zahlen und nur ein Billiginstrument kaufen kann. Oder wenn der Renter, der immer wenig verdient hat, im Alter Geige lernen möchte und dort ein Instrument mieten und vielleicht vorher mehrere mal ausprobieren möchte (spätestens beim Upgrade). 

 

Ein großes Problem sehe ich als Kunde mit mäßigem Budget in Beratungen/ Verkäufen, bei denen vorher kein Preis genannt wurde. Das passiert mir immer öfter. Man schaut sich etwas an, z.B. in einem Geschirrladen und da ist dann ein Stapel von Tellern, auf denen Tassen stehen. Man hat vielleicht ein Budget von 10 € pro Teller. Und dann fragt man nach dem Preis oder stellt vorsichtig die Tassen runter, um UNTER den Teller zu schauen, der dann 25 € kostet. Nach einigen solcher Erfahrungen fragt man einfach nicht mehr, weil man davon ausgeht, dass der Preis immer zu hoch bzw. höher als veranschlagt sein wird.

Hier wäre eine deutliche Kommunikation, z.B. einer Preisspanne ("Teller ab 10 €, ab 20 € etc.) am Regal sehr hilfreich, auch für Dienstleistungen (Preiskategorien für gängige Dienstleistungen, etwa "Steg erneuern", deutlich sichtbar aufhängen). Online kann man immer nachschauen, Preise vergleichen und schämt sich nicht, wenn man feststellt, dass das Wunschprodukt/ die Wunschdienstleistung das eigene Budget bei weitem übersteigt. Hört man das im Laden zu oft, kommt man eventuell nicht wieder, weil man nicht als "der arme Kunde" dort erscheinen möchte.

 

Ein Problem kann für einige Kunden auch die Lieferung sein. Wer immer zu Hause ist, kann sich Produkte direkt nach Hause liefern lassen, wer aber kein Auto hat, oder körperlich eingeschränkt ist, kann sperrige oder schwere Dinge - das kann auch schon ein Geigenkasten sein - manchmal nicht allein nach Hause bekommen. Oder das Taxi, das er nehmen müsset, ist auch zu teuer.

Ich kannte eine Frau, die 2 Jahre auf eine einfache DSLR gespart hat. Die Kamera kostete etwas weniger als 600 €. Sie arbeitete, wünschte sich zu jedem Fest nur Geld für die Kamera und es dauerte trotzdem 2 Jahre, darauf zu sparen (und es gab nur das billige Standardkitobjektiv dazu). Eine andere Frau musste mehrere Monate auf ein 24€ teures Buch sparen. Das Budget war knapp bemessen und verplant.

 

Wenn dann noch Gebühren anstehen, Preise steigen oder undurchsichtig sind, werde sich solche Menschen nie wieder in den Handel vor Ort trauen. 

Man kann das im Supermarkt in der Obst- und Gemüseabteilung beobachten: Einge nehmen etwas, wiegen ab, zu teuer, reduzieren die Menge so lange, bis der Preis in ihr Budget passt. Solche Leute gehen dann eher nicht zum Wochenmarkt, wo der Verkäufer abwiegt und einem den Preis mitteilt.

 

Übrigens könnte ich mir auch gut Anfänger- und Fortgeschrittenen-Workshops vorstellen: Wie pflege ich meine Geige? Wie kann ich den Ton meiner Geige verbessern? Wie kaufe ich eine neue Geige, wie wähle ich das richitge Instrument aus? 

Im Baumarkt gibt es Parkettverlegekurse und solche Sachen, die auch gebucht werden, warum sollen nicht auch Hobbymusiker Intersse am theoretischen und praktischen Wissen eines Geigenbauers haben? Wenn es Wein- und Käseverkostungsabende gibt, warum können nicht auch Instrumenten-Vorstell-Abende für bestimmte Hobbymusiker interessant genau sein, dass sie eine ähnliche Summer dafür zahlen würden?

 

Immerhin gibt es z.B. da Modell "Verbringe eine Nacht in einer Buchhandlung". Das wäre vermutlich in einem Geigenhandel zu riskant 3, aber warum nicht "probiere mit deinen Freunden unter Anleitung eine Stunde Instrumente aus" - gegen Gebühr, versteht sich? Und das dann nach Ladenschluss hin und wieder.

 

Es gehen Leute ja zu kostenpflichtigen Vorträgen, da hätte der Geigenbauer doch auch viel zu erzählen! Was unterschiedet eine billige von einer teuren Geige, was beeinflusst den Klang (mit Beispielen), wie wirkt sich ein Modell auf den Klang aus, was lässt moderne Geigen ähnlich klingen wie die Geigen der großen Meister à là Stradivari und Co?

 

Ich kann mir vorstellen, dass nach Ende der Pandemie viele Menschen erpicht darauf sind, wie viel "live" zu erleben. Und wenn der Preis angemessen ist, wird man immer Zahlungswillige finden, wie man das ja auch bei Lesungen im Buchhandel sieht.

 

LG von

Fidi

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