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Hallo alle zusammenund Frohes Neues Jahr,
ich suche nach einer verlässlichen Möglichkeit meine Geige zu stimmen, d.h. wirklich reine Quinten. Ich bin noch am Anfang meiner Hobbygeigenkarriere und habe daher noch kein verlässliches Gehör. Ich habe vorher Klavier gespielt, aber ich glaube, das hindert mich eher, weil ich dadurch automtisch zu gleichgestimmten Intervallen hinnavigiere und keine richtige Vorstellung von z.B. einer tatsächlich reinen Quinte habe und das Stimmen deshalb schwierig ist.
Ich habe mir jetzt einen Frequenzgenerator kostenlos heruntergeladen, bei dem ich sogar zwei Frequenzen gleichzeitig einstellen kann (damit kann ich die Quinten erzeugen) und ich habe alternativ auch andere Internetseiten gefunden, welche einem jede Frequenz ausgeben können. (Wenn jemand möchte, kann ich beides verlinken.)
Das Prozedere hat aber zwei Nachteile:
1. Sowohl mit dem Programm als auch dem Internetgenerator kann ich nur natürliche Zahlen eingeben. Also nichts mit Komma. Da viele Frequenzen aber keine runden Zahlen sind und die Details hinter dem Komma aber z.T. sehr wichtig scheinen (auf der G-Seite ist der Unterschied laut Wikipedia bei a 442 Hz und a 443 Hz nur hinter dem Komma auszumachen), kann ich mit diesen Mitteln nicht die wirklich richtige Frequenz ermitteln. (Und ich würd es wenn schon gerne richtig lernen.)
2. Zumindest für den Anfang fehlt mir das Stimmfeedback. Ich weiß, dass einige Stimmgeräte gespielte Töne auf ihre Frequenzentsprechung testen, was für mich im Anfangsstadium sehr attraktiv wäre. Im Moment ermittle ich die Korrektheit zwischen Saite und Referenzton über die Schwebungsverringerung, aber ich befürchte, dass ich durch mein bis jetzt unterentwickeltes Gehör noch nicht fein genug differenzieren kann, wann die Schwebung *tatsächlich* aufhört oder ich mir das nur einbilde. Irgendwann will ich das natürlich auch so können, aber als "Stützrad" für den Anfang wär mir ein solches Gerät für Zuhause sehr recht.
Meine Frage nun:
1. Gibt es ein Stimmgerät, das jede Frequenz generieren und testen kann, und zwar so, dass auch Frequenzen mit Komma generierbar sind?
2. Wenn nicht, welche Frequenzen bietet so ein Stimmgerät an? Nur verschiedene A-Stimmungen (das heißt, bei Quinten kann ich weiterhin kein Feedback und auch keine *ganz* genauen Frequenzen (weil mein zu ungenaues Programm) kriegen)?
3. Oder gibt es auch spezielle Geigenstimmgeräte, welche die Töne g,d,a und e in verschiedenen gängigen Versionen ausführen können?
Habt ihr irgendwelche Emfpehlungen an Stimmgeräten oder anderen Möglichkeiten, für den Anfang die korrekten Referenztöne zu kriegen, wenn ich zuhause selber stimme?
Vielen Dank und viele Grüße
Kuina
(P.S. Mit welcher Stimmung übt ihr eigentlich? Ich hab bisher mit 440 Hz geübt, aber jetzt gelesen, ass 443 Hz Orchesterstandard ist.)
Edit: Ich kann leider meinen Beitrag nicht editieren, aber Nachteil 1 hat sich gelöst. :)
Ich hab herausgefunden, wie ich krumme Hertzzahlen mit dem Programm generieren kann.
Bleibt aber trotzdem noch die Fragen nach einem Stimmgerät mit Korrekturfunktion und verschiedenen Frequenzeinstellungen und ob man das überhaupt benutzen sollte.
Wenn nicht, wie lernt man dann, dass man auch wirklich die richtigen Töne gemäß der reinen Stimmung spielt?
Vielen Dank und schöne Grüße!
Hallo Kuina, von DÀddario gibt es ein Stimmgerät PW-CT-14 und kostet ca. 22,00 € . Ein Versuch ist es wert.
Viele Grüße
So ganz am Anfang ist es nicht so wichtig, ob Du nun reine oder gleichstufige Intervalle auf Deiner Geige hast. Denn die Ungenauigkeiten, die Du als Geigenneuling in der Intonation hast, weil Du die Abstände noch in Dein Muskelgedächtnis kriegen musst, werden sehr viel größer sein als die Differenzen zwischen reiner und gleichstufiger Stimmung.
Ich persönlich halte von Stimmgeräten nicht allzu viel, weil sie meiner Ansicht nach die Gehörbildung eher ausbremsen als fördern. Wenn ich meine Geige stimme, hole ich mir von der Stimmgabel ein a und mache mir davon ausgehend die anderen Töne selbst. Ob Du tatsächlich eine reine Stimmung hast, kannst Du überprüfen, indem Du Dir Resonanzeffekte zu Nutze machst; also schaust, ob leere Saiten mitschwingen, wenn Du ihren Ton eine Oktave höher oder tiefer spielst. Mit etwas Übung hört man das. Aber wenn man genau hinsieht kann es (zumindest bei Nicht-Stahlsaiten) auch sehen. Bei einer gleichstufigen Stimmung sind diese Resonanzeffekte nicht annähernd so stark. Das ist auch der Grund, warum Streichinstrumente nicht dazu übergegangen sind; bei einer gleichstufigen Stimmung verlieren sie ihren Obertonreichtum und klingen ein wenig erstickt. Jedenfalls: Wenn Du auf der A-Saite ein d spielst und die D-Saite mitschwingt, hast Du die reine Quinte, analog, wenn Du auf D-Saite ein g spielst und die G-Saite mitschwingt. Die E-Saite ist da ein bisschen ein Spielverderber; die bringt meistens nicht genug Power mit, um die A-Saite zu einer sichtbaren Schwingung anzuregen, aber wenn die Oktave passt, bist Du auf einem guten Weg.
Hallo Aranton,
vielen Dank für deine Ratschläge. Das mit der Resonanz wusste ich noch gar nicht und ich werd es mir merken und ausprobieren!
Eine Frage habe ich aber schon: Wenn meine Intonation noch nicht so gut ist, wie kann ich dann sicher sein, dass mein angespieltes d auf der A-Seite stimmt? (Ich hab's nämlich immer andersherum gemacht, wenn ich mein d prüfen wollte: D auf der leeren Seite anspielen und dann mit dem auf der a-Seite vergleichen.)
Wenn ich es richtig verstanden habe, schwingen Oktavensaiten mit. Wenn mein d aber nicht ganz richtig ist und ich die echte d-Seite daraufhin stimme, bis sie zu meine gespielten Ton resoniert, habe ich ja immer noch keine reine Stimmung, falls mein angespieltes d, und damit auch die Quinte von d zu a, nicht stimmt. Oder?
Und wäre bei einer reinen Stimmung da d auf der a-Seite, was ich ja als Quarte zu a anspiele nicht ein anderes (oktaviertes) d als das d der Quinte d zu a?
Entschuldige all die detailreichen Fragen, aber reine Stimmung finde ich trotz Erklärungen und trotz Nachlesen nicht so leicht zu verstehen. Daher meine Verwirrung und das genaue Nachhaken.
Wenn ich mein Gehör ohne Stimmgerät bilden kann, dann gerne. Wenn ich die, nennen wir es "Grundintonation", draufhab, erhöht sich dann die Sensibilität für die Unterschiede zwischen reiner und gleichstufiger Stimmung mit dem Spielen automatisch oder muss man dies dann extra üben?
Vielen Dank nochmal für die Antwort!
Viele Grüße
Eine Frage habe ich aber schon: Wenn meine Intonation noch nicht so gut ist, wie kann ich dann sicher sein, dass mein angespieltes d auf der A-Seite stimmt? (Ich hab's nämlich immer andersherum gemacht, wenn ich mein d prüfen wollte: D auf der leeren Seite anspielen und dann mit dem auf der a-Seite vergleichen.)
Deshalb hatte ich empfohlen, das d nicht direkt zu greifen, sondern die Tonleiter von a bis d zu spielen. Wenn man sich dabei die Zeit lässt es konzentriert und sorgfältig zu machen, kann man ziemlich sicher sein, dass das d stimmt. Sicherer, als wenn man versucht, die Quarte direkt zu greifen, weil Du Dich sekundenweise von Ton zu Ton vorarbeitest. Und die Sekunde. Ein weiteres Indiz, das ich bei meinem ersten Beitrag vergessen hatte wäre das Spielen von Tonleitern über alle Saiten hinweg. Am einfachsten G-Dur von der leeren G-Saite bis zum g auf der E-Saite. Wenn Du die Finger beim Wechsel auf eine höheren Saite anders platzieren musst, damit die Tonleiter "glatt" klingt, ist die Quinte nicht rein.
Als ich angefangen habe, meine Geige selbst zu stimmen, habe ich mir alle vier Töne vom Klavier meiner Schwester geholt. Aber ich habe - ohne zu wissen, dass es Unterschiede zwischen reiner und gleichstufiger Stimmung gibt - irgendwann festgestellt, dass die Geige dann anders und nicht so gut klingt, wie nachdem meine Lehrerin sie mit der Stimmgabel und selbst gemachten Tönen korrigiert hat. Deshalb habe das mit dem "mir die Töne selbst machen" übernommen und bin ganz natürlich zur reinen Stimmung gedriftet, weil die Geige bzw. die Obertöne mich dort hin geführt haben. Nur: Ein Gespür für diese Obertöne bekommt man nur, wenn man tatsächlich damit arbeitet und das tut man nicht, wenn man sich auf die Anzeige eines Stimmgerätes verlässt. Denn für Obertöne sind Stimmgeräte taub. Und es ist schwer, den Absprung zu schaffen; das menschliche Gehör funktioniert nicht auf zehntel Herz genau und so schürt ein Stimmgerät immer neues Misstrauen ins eigene Gehör. Das ist ein bisschen wie mit dem Schwimmen: Um es wirklich zu lernen, muss man die Schwimmflügel abstreifen und sich ins tiefe Wasser wagen.
Liebe Kuina,
für den "Hausgebrauch", also für alle Zwecke außer für extrem spezialisierte Zwecke ist es am besten, die Geige vom A ausgehend in reinen Quinten zu stimmen.
Reine Quinten sind minimal größer als "gleichschwebende" Quinten, aber bei einem Klavier wird man den Unterschied in der Regel nicht hören, da ein Klavier durch den Mischklang der mehreren gleichzeitig angeschlagenen Saiten (pro Ton) schon an sich eine gewisse Intonations-Diffusität ins Spiel bringt, die diesen Unterschied verschleiert.
Die "extrem spezialisierten Zwecke" betreffen beispielsweise das vibratolose Musizieren mit Cembalo oder Orgel, und auch da sollte man sehr genau wissen was man tut, wenn man die Saiten "verstimmt".
Auch Solisten auf großen Bühnen und Orchestergeiger der Berliner Philharmoniker stimmen ihre Geige in reinen Quinten. Also keine Sorge.
Wie reine Quinten klingen, kann man sehr schnell lernen. Das kann man nicht beschreiben, man muss es ausprobieren, und irgendwann ist es dann klar. Wenn es nicht mehr schwebt, ist alles richtig.
Hallo Aranton, hallo Tommok!
Vielen Dank für eure Tipps. Dann werde ich es ohne Stimmgerät versuchen. :)
Ich hatte Sorge, dass ich mir mein Gehör "versaue", wenn ich es nicht von Anfang an richtig mache, aber wenn man es mit der Zeit lernt, dann bin ich ja beruhigt.
Noch eine Frage an Aranton: Wenn du sagst, die Obertöne haben dich dorthin geführt, dann beziehst du dich auf das durch die Resonanz verursachte Mitschwingen der leeren Saiten, richtig (das, was du vorher beschrieben hattest)? (Sorry, ich muss noch versuchen, die musikspezifischen Begriffe korrekt zu ordnen.)
Jedenfalls vielen Dank für eure Hilfe!
Liebe Kuina;
Du willst es offenbar wirklich genau wissen. Jedenfalls habe ich noch nie eine(n) 'Änfänger(in)' so systematisch an die SDache rangehen gesehen. Respekt. Deshalb ein paar Ergänzungen in Sachen Stimmung (und Intonation):
Streicher müssen auf eine besondere Weise mit dem Pythagoreischen Komma umgehen. Pianisten gehen damit anders um. Sie glauben ("gezwungen" durch den Klavierstimmer), dass man nach 12 aufeinander geschichteten Quinten ( c g d' a' e'' h'' fis''' cis'''' ....) auf denselben Ton trifft, den man nach 7 aufeinander geschichteten Oktaven (c c' c'' c''' ....) trifft. Akustisch/physikalisch ist das falsch. Die nach 12 reinen Quinten erreichte Frequenz ist größer, als die nach 7 Oktaven. Will man die Gleichheit trotzdem (= künstlich) herstellen (theoretisch hängen davon doch der gesamte Quintenzirkel und die Tonartsbeziehungen ab), muss man alle Quinten etwas 'kleiner' als rein stimmen. So entsteht auf dem Klavier die gleichstufige Stimmung.
Streicher können nicht so verfahren! Und das liegt am Wesen der/s Geige / Bratsche / Cellos. Ihre Saiten werden in reinen Quinten gestimmt. Das ist der Ausgangspunkt. (Deshalb ist es eine ganz ganz ganz ... schlechte Idee, mit einem nicht auf reine Stimmung, will sagen: auf gleichstufige Stimmung ausgelegten Stimmgerät beide Saiten zu stimmen. Du wirst gleich verstehen, warum).
Das Wesen der Geige ist, dass bei (sehr vielen) (gegriffenen) Tönen die anderen freien Saiten mitschwingen, und zwar nicht nur die Grundsaiten selbst, sondern auch ihre Obertöne. Die Obertöne liegen fest. Sie entstehen, wenn man die Saite halbiert, drittelt, viertelt, fünftelt, sechstelt, siebtelt ... Das kannst Du direkt testen: lege eine Finger ganz leicht auf eine Saite, in die Mitte zwischen Steg und Griffbrettholm, und dann streiche die Saite kräftig an. Du wirst einen flötenartigen Ton hören, der doppelt so hoch ist, wie die Grundsaite. (BTW: Das nennt man Flageolett)
Und jetzt kommt der Witz: Diese Obertöne klingen immer rein! Auch die Flageolett-Quinten (1/3), die Flageolett-Terzen (1/5) ... Und sie klingen als Obertöne immer mit, auch wenn man die Grundsaite streicht. Mehr noch: sie werden auch durch (gegriffene Töne auf) andere(n) Saiten angeregt: Die gestrichene a-Saite regt die e-Saite an, weil e die Quinte zu a (2 Oberton von e) ist. Und sie regt die D-Saite an, weil a die Quinte zu d ist.
Deshalb ist es ein ganz schlechte Idee, die Geige nicht in reinen Quinten zu stimmen. Das Mitschwingen der anderen Saiten gehört zum Klangbild einer Geige dazu. Man kann das einzeln hören, wenn man sehr geübt ist. Den Gesamteindruck hört und kennt jeder. Und wenn da vieles fehlt, merken wir das. Würde man die Geige 'verstimmen', etwa, in dem man die zu kleinen gleichstufigen Quinten stimmt, dann fehlt irgendwie etwas (Je besser die Geige, desto deutlicher). Du selbst kannst das noch extremer testen: lass Deine Geige mal von einem guten Geiger stimmen. Sage ihm, er soll die A-Saite genau auf dein vertrautes A (443hz) stimmen und stelle ihm dann frei, die anderen Saiten falsch oder richtig zu stimmen. Setz Dir dabei Kopfhörer so auf,dass Du sein Stimmen nicht hörst! Und dann nimm die richtig oder falsch gestimmte Geige und streiche nur die per Abmachung richtge A-Saite, keine andere. Trotzdem wirst Du sofort wissen, ob sie ansonsten falsch oder richtig gestimmt ist. Du hörst, dass ggfls. etwas fehlt oder nicht. (Je stärker verstimmt die Geige, desto deutlicher der Effekt).
Du wolltest es genau wissen. Das also ist der Grund, warum bei Streichern nur reinen Quinten gehen!!!
Die nächste Frage ist, wie lernt man reine Quinten zu hören. Nun, das ist recht einfach. Ein richtig gestimmte Quinte auf der Geige 'brummt'. Warum? Na klar, ihre Obertöne regen sich gegenseitig an. Das hören wir als brummen. Und das kannst Du auch testend /tastend lernen. Stimme Dein a nach Stimmgerät. Stimme das d, so dass das Gerät auch sagt: ok. Glaub ihm das aber nicht. Dreh die d- Saite noch ein klein wenig tiefer. Und tun streiche beide Saiten a und d gleichzeitig. Und drehe die d-Saite ganz langsam hoch. Hör zu, wie sich das verändert. Du wirst hören, wie sie immer 'gleicher' werden. Und wenn es brummt, hast Du es. Abwärts geht es auch.
Sicher, das wirst Du üben müssen. Es ist Training für die Ohren. Und für das saubere Geigespielen. Denn dieses 'Brummgefüll' entsteht auch bei sauber gespielten anderen Intervallen (gegriffenen Tönen). Es zu spüren (= hören zu lernen), ist wichtig für das ganze Geigenspielen. Deshalb ist die Schulung in Sachen reinen Quinten für Geiger essentiell.
Langer Rede kurzer Sinn: Du hast ganz am Anfang die alles entscheidende Frage für Geiger gestellt! Glückwunsch. Andere kommen erst 30 Jahre später auf den Trichter.
Bleibt natürlich die logische Frage: wie spielen denn Geiger die anderen Töne, wenn sie es nicht wie die Pianisten machen, so gleichmäßig falsch. Auch Geiger können das pythagoreischen Komma doch nicht aushebeln. Richtig. Man kann auf keinem Instrument absolut sauber spielen. Gegen die mathematische Physik kommt niemand an. Deshalb spielen guter Musiker auch nicht sauber, sondern an der richtigen Stelle (sic!) auf die richtige Weise (sic!) falsch(sic1). Schlechte Musiker spielen an der falschen Stelle auf die falsche Weise falsch.
Wie man das auf der Geige macht? Nun, das wäre dann die Frage der richtigen(sic!) Intonation. Kommt in Heft II unsers Geigenforums :) Dies ist eh schon (zu) lang geworden.
herzlichst P.
Auch aber nicht nur. Allerdings komme ich da ein bisschen an Grenzen; so als sollte ich erklären, wie man auf einem Fahrrad das Gleichgewicht hält... Ich tue es einfach ohne so recht erklären zu können wie.
Musikinstrumente erzeugen keine reinen Sinusschwingungen. Obertöne sind all die Klangkomponenten, die nicht zur eigentlichen Tonfrequenz gehören. (Falls Du das schon weißt, bitte nix für ungut, aber ich will nur für den Fall dass nicht sicher gehen, dass es einigermaßen verständlich ist) Und Streichinstrumente verändern ihre Klangcharakteristik je nachdem, auf welche Intervalle die Saiten gestimmt sind. Wenn die Quinten rein sind, klingen Geigen - vielleicht sollte ich einschränken klingt meine Geige - anders; 'geigiger'; als wenn die Quinten nicht ganz rein sind. Das Stimmen nach Klavier war deshalb sehr mühselig und frustrierend. Wenn die Töne einzeln gepasst haben, haben die Quinten, wenn sich gleichzeitig gespielt habe, zwar nicht falsch oder schräg aber doch irgendwie dumpf und erstickt geklungen (heute weiß ich, dass das daran lag, dass die Geige bei gleichstufigen Quinten eine andere Obercharakterstik hat) und wenn sie gut zusammengeklungen haben, haben sie die Einzeltöne nicht mehr mit dem Klavier übereingestimmt. Da ich von reiner und gleichstufiger Stimmung damals keine Ahnung hatte, hat mich das schier in den Wahnsinn getrieben. Als ich beschlossen habe darauf zu sch***en, wenn die Einzeltöne mit dem Klavier nicht exakt übereinstimmen, ging das Stimmen sehr viel einfacher von der Hand.
Da die Töne bei der Geige nicht fest vorgegeben sind, kann man die Intonation je nach Kontext anpassen, einfach, indem man die Finger anders platziert. Und soweit ich weiß machen Profis das auch, je nachdem in welchem Spielkontext sie sich bewegen; wenn sie z.B. von einem Klavier begleitet werden, verwenden sie ein anderes Intonationssystem als wenn sie alleine oder nur mit anderen Streichern zusammen spielen. Aber das ist (zumindest von meiner Warte aus) richtig High-End und weit jenseits meines Perfektionsanspruches...
@ Aranton
Vielen Dank für die Erläuterungen. Es tut mir Leid, wenn ich da sehr nach Details gefragt habe und es dadurch schwierig wurde, zu erklären. Deine Analogie mit dem Fahrradfahren finde ich sehr einleuchtend.
Aber so wie du es beschreibst, konntest du es ja, obwohl du über die verschiedenen Stimmungen noch nichts wusstest, hören, wenn sie rein waren bzw. besse geklungen haben. Das macht mir Hoffnung und ich werd jetzt definitiv auf ein Stimmgerät verzichten.
Vielen Dank nochmal!
@ peerceval
Wow, vielen Dank für den ausführlichen und detaillierten Text! Das war sehr lehrreich. Den werd ich mir abspeichern!
Die Dinge, die du vorgeschlagen hast, werd ich ausprobieren, vor allem das Experiment mit dem Stimmenlassen!
"Deshalb spielen guter Musiker auch nicht sauber, sondern an der richtigen Stelle (sic!) auf die richtige Weise (sic!) falsch(sic1)."
"Nun, das wäre dann die Frage der richtigen(sic!) Intonation."
Ich kann mir vorstellen, dass es nicht einfach zu beantworten ist, was richtige Intonation heißt, daher nur eine Oder-Frage ohne tiefere Erläuterung:
Gibt es "feste Regeln" in der (klassischen) Musik, an welchen Stellen von der reinen Intonation abgewichen wird (z.B. nach bestimmten Tönen/Intervallen in bestimmten Kontexten sollte gängigerweise Ton X angepasst werden)?
Oder ist das immer ans jeweilige Stück gekoppelt und man muss einfach bei jedem Werk individuell wissen bzw. nachforschen, was als die gängigerweise "richtige" Intonation gilt (d.h. obwohl in einem anderen Stück ein vergleichbarer Kontext vorherrscht, würde man es in beiden Stücken ggf. doch unterschiedlich spielen - ich weiß nicht, wie ich das gut formulieren soll, tut mir Leid)?
Naja, ist steh ja noch am Anfang, daher werde ich das mit der "richtigen" Intonation hoffentlich irgendwann lernen.
Vielen Dank nochmal und viele Grüße!
(Hm, irgenwie ziehen sich meine Einträge immer sehr in die Länge. Wenn ich Absätze einfüge, werden diese ziemlich groß...)
Liebe Kuina,
es gibt keine immer gültigen Regeln, wann man wie intonieren soll oder muss, tatsächlich hat sich das Verständnis von "sauberem" Spiel in den letzten Jahrzehnten auch (wenngleich nur geringfügig) gewandelt.
Die Antwort ist, wie immer, ein klares "es kommt drauf an". Intonation lässt sich nur im Kontext beurteilen, und da spielen viele Faktoren eine Rolle.
Ich nenne mal ein Beispiel: Ein Streichquartett spielt einen Choral ohne Vibrato (dadurch wird die Intonation sehr offengelegt und "scharf", d.h. man kann jeden einzelnen Ton sehr genau erkennen). Sagen wir der erste Akkord ist ein Dur-Akkord. In dem Fall spielen die Leute mit den Grundtönen mehr oder weniger "temperiert", d.h. der Ton wird anhand einer gefühlten gleichschwebenden Tonleiter platziert, die Oktaven sind dabei natürlich aufeinander abgestimmt. Beim Platzieren des Grundtons gibt es also einen minimalen Spielraum (wir reden wohlgemerkt vom ersten Akkord eines Stückes, bei Orgelpunkten etc. ist es wieder anders), der jedoch von allen Grundtonspielern genau gleich interpretiert werden muss.
Die anderen beiden Töne sind somit gebunden. Die Quinte muss rein intoniert werden, ebenso die Durterz. Dabei wird dem Spieler am drastischsten auffallen, dass er diese Durterz extrem tief anlegen muss, damit es passt.
Wenn der gleiche Akkord gemeinsam mit einer Orgel gespielt wird, würde man, wenn es möglich ist, den Organisten bitten, die Terz wegzulassen, damit das Quartett die Terz "rein" platzieren kann (erheblich tiefer als die temperierte Durterz es wäre). Wenn das aber aus irgendwelchen Gründen nicht geht, muss die Terz im Quartett höher intoniert werden, und dann sollte man möglichst Vibrato ins Spiel bringen, um eine jedenfalls marginale Unschärfe zu erzeugen.
Als Anfänger sind das alles Gedanken, die Du Dir erstmal nicht machen musst, weil es erstmal gilt, die Intonation überhaupt zu festigen und jedenfalls im Groben zu automatisieren. Spiele einfach so, wie es sich für Dich "richtig" anhört, ohne Dir große analytische Gedanken zu machen. Die machen sich die o.g. Quartettspieler übrigens auch nicht, sondern sie platzieren die Töne aufgrund ihrer Erfahrung intuitiv.
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