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Geige runterstimmen

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Adi220 Profilseite von Adi220, 31.10.2015, 12:13:27
Geige runterstimmen

 

Hallo liebes Forum, ich hätte eine kleine Frage, die sich in erster Linie an die Geigenbauer richtet, aber natürlich auch an Geiger, die damit schon Erfahrungen haben. Auf Youtube hat ein japanischer Geigenbauer empfohlen, nach jeder übeeinheit oder was auch immer das instrument ca. Einen halbton herunter zu stimmen, dies würde die Lebensdauer der Saiten verdoppeln und Spannung von der Geige nehmen. Da meine Saiten meist nach 1-2 Monaten schon ziemlich nachlassen, wäre das natürlich eine gute Sache für mich. Die Frage wäre also: Könnte das irgendwelche schlechten Konsequenzen für mein Instrument haben und: meint ihr das kann überhaupt funktionieren? Lg
Aranton Profilseite von Aranton, 31.10.2015, 22:43:45

Schaden wird es der Geige wohl nicht. Aber ich bin skeptisch, ob es wirklich so viel bringt. Ich weiß nicht, wie intensiv Du spielst, aber eine Lebensdauer von ein bis zwei Monaten wäre für mich ein Grund, nach langlebigeren Saiten zu suchen.

Linde Profilseite von Linde, 01.11.2015, 20:57:49
Kann mir jemand verraten, woran man genau merkt, wann die Saiten nachlassen?
Adi220 Profilseite von Adi220, 02.11.2015, 12:26:06

@Aranton Naja, also ich wechsele in letzter Zeit zwischen den Dominant und den PI von Thomastik, letztere hab ich momentan drauf sie halten zwar ein kleines Bisschen länger, aber meiner Erfahrung nach sind beide recht langlebige Saiten, habe eig schon sehr viel durchprobiert, aber bei ca. 5 h Üben pro Tag hält keine Saite ewig- ich suche einfach nur nach Tricks, um das größtmögliche herauszuholen.  Gut, vll hat ja noch jemand Erfahrungen damit gemacht oder andere Tips.

 

@Linde: Also wenn meine Saiten anfangen,etwas matter und "spröder" zu klingen und ich das Gefühl hab, meine Geige ist klanglich weit von 100 % entfernt , extrem merkt man es bei Bach Sonaten/Partiten oder Akkord studien jeglicher Art :wenn es kaum möglich ist, saubere Quinten zu greifen und auch das Stimmen schwerfällt, und die Saiten "in sich nicht mehr so wirklich stimmen", sie also quintenunrein werden, weiß ich , dass es unbedingt Zeit ist, zu wechseln, spätestens natürlich, wenn sich schon die Umwicklung beginnt zu lösen, so weit lass ichs allerdings selten kommen.

 

@alle : Wenn noch jemand Tips oder Erfahrungen gemacht hat, wie Saiten länger halten, gebt gerne euren Senf dazu:)

 

LG

Aranton Profilseite von Aranton, 02.11.2015, 17:48:28

Wie gesagt: ich denke nicht, dass Runterstimmen ein Problem ist. Als ich mich in meiner Teenagerzeit wegen eines gebrochenen Fingers für einige Wochen vom Unterricht abmelden musste, hat meine Lehrerin mir sogar ausdrücklich empfohlen, die Geige herunterzustimmen (allerdings war da - wenn ich recht erinnere - von einer Terz die Rede), bis mein Finger funktionstüchtig würde.

Alle zwei Monate ein Satz Pi? Das geht ja gewaltig ins Geld. Ich weiß nicht, ob es in Deine Spielsituation passt, aber lass mich den Vorschlag trotzdem machen: Du könntest überlegen, mit mehreren Saitensätzen zu arbeiten. Einer der eingespielt darauf wartet, dass Du wirklich die vollen 100% abrufen musst, und einen, der die hundert Prozent zwar nicht mehr bringt, aber fürs Üben und Warmspielen noch gut ist. Eventuell könntest Du in Situationen, in denen der Klang keine sonderliche Rolle spielt (und Du bereit bist, da Konzessionen zu machen) mit einem Satz preiswerterer "Übungssaiten" oder sagen wir vielleicht besser "Alltagssaiten" hantieren. Hast Du schon mal Stahlseilsaiten - wie z.B. die Spirocore von Thomastik-Infeld - in Erwägung gezogen? Die sollten deutlich langlebiger als Saiten mit Synthetikkern sein, und auch wenn sie die Pi als "Jetzt-brauch-ich-die-vollen-100%-Saiten" wohl nicht ersetzen können, als "Alltagssaiten" könnten sie den Versuch wert sein.

Wie gesagt: ich kann nicht beurteilen, wie das in Deine Spielpraxis passt. Wie groß der Aufwand für Dich wäre, je nach Situation die Saiten zu wechseln und ob es Dir die Sache wert ist, wirst Du selbst einschätzen müssen.

 

Gruß


Aranton

Adi220 Profilseite von Adi220, 02.11.2015, 19:20:30

Hmm.. An sowas habe ich bislang noch gar nicht wirklich gedacht, natürlich macht es mehr Spass, jeden Tag wirklich alles aus dem Instrument herausholen zu können, deswegen war ja mein Ansatz auch eher, die teuren Saiten länger haltbar zu machen...mal sehen.

Die Idee ist aber interessant, nur hab ich leider quasi gar keine Erfahrungen mit Stahlsaiten, da müsstest du mir vll ein bisschen helfen, kann man denn so ca. einschätzen, wie viel länger sie halten würden? Denn mit 53 Euro sind die ja nun auch nicht ganz billig, Dominant klingen auch ganz gut und sind 13 euro günstiger.

Und natürlich: wie hoch wären denn so in etwa die klanglichen Einbußen im Vergleich zu Kunststoffsaiten?

Vll kannst du mir ja noch ein paar Erfahrungswerte mit auf den Weg geben, damit ich das mal abschätzen kann, bevor ich zum Geigenbauer gehe.

LG

 

Aranton Profilseite von Aranton, 02.11.2015, 23:56:24

Um ehrlich zu sein: Die letzten Stahlsaiten, mit denen ich zu tun hatte, waren superbillige aus China, die auf meiner E-Geige waren, als ich sie auf einem Flohmarkt gekauft habe. Die würde ich nicht gerne als Maßstab herhalten, weil sie erstens billiger Schrott waren und ich zweitens keine Ahnung habe, wie lang der Vorbesitzer sie benutzt hat. Im Moment spiele auf der E-Geige alten Satz Dominant auf, den ich von meiner akustischen Geige runter genommen habe, weil er mir da nicht gefallen hat. Aber da der inzwischen dem Ende seiner Lebenszeit nähert, die Saiten die ich auf meiner Akustikgeige momentan bevorzuge (Corelli Crystal) für die E-Geige nicht wirklich geeignet sind, habe ich in letzter Zeit eine Menge Erfahrungsberichte zu Saiten gewälzt. Es ist natürlich Info aus zweiter Hand, aber vielleicht kannst Du trotzdem was damit anfangen (und bitte nicht als Werbefeldzug verstehen, sondern einfach nur als Anregung).



Es gibt zwei Sorten von Stahlsaiten; die einen bestehen aus einem - eventuell umsponnen - Draht, bei den anderen handelt sich um aus mehreren kleinen Drähten geflochtene Seile (manchmal werden sie auch als Kabel) bezeichnet. Die sollte man nicht in einen Topf werfen. Als ich als Teenager mit dem Geigespielen angefangen habe, war es für meinen damaligen Lehrer selbständlich, dass Schüler Stahlsaiten benutzen. Darm war etwas, dessen nur Fortgeschrittene würdig waren und Synthetik war igittigitt. Was ich damals auf der Geige hatte, waren die einfachen Drähte. Und an die habe ich Blut verloren, deshalb war mir wichtig klar zu stellen, dass nicht diese Dinger vorschlagen wollte, sondern die Stahlseilsaiten. Den Namen Spirocore habe ich als Beispiel genannt, weil sie mir als erstes eingefallen sind und sie wie Dominant und Pi von Thomastik produziert werden, aber es ging mir weniger um dieses spezifische Modell als um den Saitentyp, den es vertritt - und natürlich habe ich gleich einen der teuersten Vetreter erwischt... Neben den Spirocore gibt es von Thomastik noch die "Superflexible", (die habe ich für rund 40€ gesehen) "Flexocor-Permanent" von Pirastro (65€), die "Helicore" von D'Addario (auch um die 40€). Wenn ich mich richtig erinnere, haben auch die "Nürnberger Künstlersaiten" (25€) einen geflochtenen Kern; aber hundertprozentig sicher bin ich mir bei denen nicht. Aber meiner Erfahrung nach kann man, wenn man Preise vergleicht und das Glück hat, eine Rabattaktion zu erwischen, deutlich günstigere Angebote finden.



In den Reviews, die ich gelesen habe, wird die Lebensdauer von Pi nicht als gut, sondern als eher durchschnittlich oder sogar kurz bewertet (selbst habe ich die Pi bislang nicht ausprobiert - zum einen sind sie mir zu teuer, zum anderen glaube ich, dass sie an meinem Geschmack und meinen Klangvorstellungen ziemlich weit vorbei gehen. Ich spiele zum eigenen Vergüngen im Wohnzimmer; Saiten, mit die entwickelt wurde, um ohne Verstärker die Royal Albert Hall beschallen zu können, sind da fehl am Platz). Allerdings muss man fairerweise sagen: Viele Reviews beschreiben auch, dass dieses Saiten nach dem einspielen eine verhältnismäßige kurze "Glanzphase" haben, nach der sie spürbar abbauen, um dann lange ein Niveau zu halten, das so 70-80% ihrer Spitzenzeit entspricht. Für Dominant kann ich das bestätigen. Da ich nicht weiß, ob sich die Reviewer mit der Lebensdauer auf das Ende der Glanzphase oder das Ende der Spielbarkeit bezogen haben, kann ich nicht beurteilen, wie fair diese Bewertung ist.

Stahlseilsaiten wurden dagegen von fast allen Reviewern (zumindest jenen, die überhaupt etwas über die Lebensdauer geschrieben haben) als sehr langlebig bezeichnet. Aber bei ihnen wird diese Glanzphase nicht erwähnt. Deshalb gehe ich davon auß, dass sie konsister sind, und ihre Klangeigenschaften über längere Zeiträume unverändert bleiben. Ich fühle micht nicht wohl dabei, anhand von Berichten, die andere geschrieben haben, Lebensdauern zu vergleichen, aber ich denke, Du kannst eine anderthalbfache bis doppelte Lebensdauer erwarten. Aber letztlich wirst Du nicht drum herum kommen, es selbst einmal auszuprobieren, wenn Du es erfahren willst.



Klang ist eine sehr schwierige Kategorie, weil seine Bewertung sehr subjektiv ist. Der objektive gleiche Klangunterschied kann von einem als Verbesserung und von einem anderen als Verschlechterung empfunden werden. Und der Umstand, dass Saiten auf unterschiedlichen Geigen sehr unterschiedlich klingen können, verkompliziert die Sache zusätzlich. Ohne Deine Geige und Deinen Geschmack zu kennen, kann ich unmöglich einschätzen, was Du als wie große Einbuße empfinden würdest. Auch da bleibt Dir letztlich nichts weiter übrig, als es selbst auszuprobieren.



Ich sehe das so: Wenn ich Saiten ausprobiere, die ich nicht kenne, gibt es vier Möglichkeiten:

1.: Ich finde sie besser als alles, was ich vorher hatte, dann hat es sich uneingeschränkt gelohnt.

2.: Ich stehe ihr neutral gegenüber und komme zu dem Schluss, dass sich die Vor- und Nachteile im Vergleich zu dem, was ich bisher hatte, die Waage halten, dann habe ich zwar (außer einer eventuellen Ersparnis beim Einkaufspreis) nichts gewonnen, aber auch nichts verloren.

3.: Die Saiten sind zwar eine Verschlechterung aber immer noch annehmbar, dann nehme ich sie halt nicht mehr. Und wenn man so viel spielt wie Du ist man sie ja relativ schnell wieder los.

4.: Ich finde sie - auch nach der Einspielphase - so scheußlich, dass ich sie von meiner Geige reißen will. Dann habe ich das Geld versenkt, was ärgerlich ist, aber auch kein allzu schlimmer Beinbruch.

Heißt für mich: von vier möglichen Ausgängen sind drei erträglich; da gibt es schwierigere Entscheidungen...

Adi220 Profilseite von Adi220, 03.11.2015, 00:30:14

Vielen Dank für die ausführliche Antwort...

Du hast schon recht: Es ist wirklich erstaunlich,wie  subjektiv das Klangempfinden bzw. die Vorlieben unter Geigern ist.

So oft wird über die Dominant geschimpft, (und du scheinst ja auch nicht unbedingt ein Fan zu sein ;)      ),

während ich sie Obligato, Evah Pirazzi (die mir lustigerweise zuerst super und nach 1-2 Wochen grässlich klangen)

und diesen ganzen D'dario vorziehe, einzig die PI gefällt mir noch besser, wobei ich vision solo noch nicht probiert habe... jedoch kommen andere gar nicht gut damit zurecht.

Die PI klingt übrigens im Wohnzimmer, wie im Saal sehr gut(in der Royal Albert hall durfte ich sie leider noch nicht probieren:D) , aber im Ernst, lass dich nicht davon abschrecken, dass solche Saiten angeblich für Solisten gemacht werden, ich war so erstaunt über den Farbenreichtum und den satten Ton mit PI, (auch beim Üben im Wohnzimmer) den ich mit keinen anderen Saiten so hatte...außer bei Evah Pirazzi wie gesagt , aber das war ja leider nur ein kurzer Spass^^ Teuer sind sie leider trotzdem, aber ich kann sie nur empfehlen.



Egal-genug Thomastik Werbung gemacht, ich werde dann morgen mal ein paar Sätze Stahlsaiten ausprobieren, mein Geigenbauer lässt mich immer so viele anspielen, wie ich will, so dass die oben beschriebene Katze im Sack zum Glück selten der Fall ist:)

 

PS: Das mit der Glanzphase ist glaube ich auch völlig normal, kenn ich natürlich auch, vielleicht gewöhnt man sich aber auch nur an den guten Klang und irgendwann, wenn er wirklich abgebaut hat, und die neuen drauf kommen, hört man wieder den Unterschied und man spielt sich das ganze nur vor...naja wie auch immer.

 

LG

Aranton Profilseite von Aranton, 03.11.2015, 16:02:04

Ich wollte nicht über Dominant schimpfen. Das sind gute Saiten, nur zu meiner und meinen Bedürfnissen passen sie halt nicht. Ein Mercedes SLK ist ja kein schlechtes Auto, nur weil er für jemanden, der täglich mehrere Kinder und große Einkäufe durch die Gegend chauffieren muss, unpraktisch ist.

So subjektiv wie Klang auch ist, es gibt auch objektive Eigenschaften; wie auch immer die zustande kommen und wissenschaftlich zu beschreiben sind. Ich vermute, dass der Effekt, der es Solistensaiten ermöglicht, in einem großen Saal klanglich gegen ein ganzes Orchester anzukommen, mit dem "Sängerformanten" vergleichbar ist. Für Solisten ist das ein enormer Vorteil, den zu erzeugen scheint recht aufwändige Herstellungsverfahren zu erfordern, weshalb, entsprechende Saiten, so teuer sind.

Aber wie ist das von meiner Warte aus? Bei mir führt der "Saitensängerformant" dazu, dass die Nachbarn wütend an die klopfen, wenn ich in die Vollen gehe. Deshalb ist es für mich ist es ein Nachteil, wenn Saiten diese - für Solisten erstrebenswerte - Eigenschaft haben. Wieso sollte ich, verglichen mit Corelli Crystal fast das Doppelte auszugeben um dann wie auf Eierschalen spielen zu müssen?

 

Und was die Glanzphase betrifft: Wie gesagt, für die Dominant kann ich bestätigen, bei anderen Saiten, die ich versucht habe, war das nicht in dieser Intensität. Daher vermute ich, dass der Eindruck, eine über die Psychologie hinaus gehende, real messbare Grundlage hat.

 

Ansonsten wünsche ich Dir viel Glück bei Deinen Versuchen mit Stahl. Hältst Du das Forum über die Resulate auf dem Laufenden?

Neuester Beitrag sofie Profilseite von sofie, 08.11.2015, 11:45:25
Ich spiele auch die PI von Thomastik und muss sie auch mindestens alle 10 Wochen wechseln. Bei einer bestimmten Übungszeit ist das einfach so.
Vor langer Zeit hat mir mein Prof mal empfohlen einfach Dominant zu spielen und diese in Massen im Sonderangebot zu kaufen... Damals spielte ich Oliv. Finanziell gesehen hat sich das gerechnet. Klanglich war es auch in Ordnung. Aktuell lebe ich einfach damit oft neue Saiten kaufen zu müssen und achte halt etwas darauf den Wechsel taktisch günstig, also fünf Tage vor Konzerten, vorzunehmen. Bei Kammermusik oder auch im Orchester stört es mich kaum wenn der Glanz weg ist. Meine Geige trägt immer. Bei solistischem Spiel stört es mich wenn ich nicht das Optimum erreichen kann.
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