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samson Profilseite von samson, 25.04.2013, 21:22:09

Ach ja, einen Geigenvergleich will ich nicht, weil man Kunst nicht in Fabriken herstellt. Chinesische Geigen haben genausoviel individuelle Ausstrahlung, wie es den Mitarbeitern an Individualität in ihrem Leben zugestanden wird. Klingen mögen sie oft genausogut, das habe ich nicht bestritten. Aber Geigen sind für mich viel mehr als nur ihr Klang, den man, der Kunst im Allgemeinen gleich,im übrigen nicht Messen kann.

Geige Profilseite von Geige, 25.04.2013, 23:06:35

Wenn wir einmal gut 100 Jahre zurückgehen, sah es in in deutschen Manufakturwerkstätten im vogtländischen Raum sicher ähnlich aus, wie heutzutage in einigen chinesischen Werkstätten.

Bei den heutigen chinesischen Manufakturen muß sicherlich im Detail unterschieden werden, was die Arbeitszeiten und Arbeitsbedingungen angeht.  Massenanfertigungen, die zu Dumpingpreisen angeboten werden, erlauben keinen fairen Umgang der Angestellten. Raubbau an der Natur steht da noch auf einem anderen Blatt. Hierzu hat sich ThomasM (unter anderem Pseudonym) ja schon einmal zu Wort gemeldet und kundgetan, welche Lobby er vertritt....nun ja.

Zu einfacheren Verhältnissen: Es hat einmal eine Zufriedenheitsstudie unabhängig vom Bruttosozialeinkommen der einzelnen Länder gegeben. Da rangierten arme Länder erstaunlich weit oben. Auch auf diversen Auslandsreisen, teils Privat, konnte ich mir ein Bild davon machen und bin vorsichtig mit globalen  Äußerungen diesbezüglich. 

Fakt ist jedenfalls, dass das produzierende Gewerbe - und das betrifft nicht nur den Geigenbau, erheblich unter den Dumpingbedingungen zu leiden hat. 

Im übrigen habe ich mir heute gerade ein sehr schönes, komplett in Deutschland gefertigtes Montagnana-Cello zugelegt und bin sehr über den ausgesprochen schönen und vollen Klang erfreut. Das ist ein Pfund (gute Qualität und entsprechender Klang), welches im internationalen Wettbewerb für den deutschen Geigenbau notwendig ist, um zu bestehen.

 

ThomasM Profilseite von ThomasM, 25.04.2013, 23:22:18

Wie du weisst, ist ThomasM kein Pseudonym, sondern mein Name. Ich vertrete übrigens auch keine Lobby, sondern nur das Prinzips des fairen und gleichen Wettbewerbs. Eine Lobby hingegen sind z.B. die deutschen Zünfte!  ;)

Was "Samson" angeht, so bin ich nicht überrascht dass er einen Vergleich ablehnt, und auch nicht von den gleichbleibend salbungsvollen wie hochtrabenden Worten, mit denen er dies tut.  Wie gesagt, er hat offensichtlich keinen echten Einblick in die Materie, sondern pflegt Klischees den Vorzug zu geben. Da kann man nichts machen.

Wie ich schon sagte: Ich kann für die Betriebe sprechen die ich kenne, und ich kann icht das gleiche (oder das Gegenteil) für jene behaupten, die ich nicht kenne. Andere haben da weniger Skrupel. Auch nicht in der Ausbeutung gerade jener Länder, deren bewohner ihnen angeblich so am Herzen liegen. Wie immer gibt es in der Welt viele Wahrheiten.

Und Raubbau? Nun, sicher muss man den Abbau von Ebenholz und anderer verwendeter Edelhölzer beobachten uhnd kontrollieren, und ich bin zienlich sicher, dass dies auch geschieht. Ob jetzt jede Geige für 150€ ein Griffbrett aus Ebenholz haben muss, sei dahin gestellt (hat bei der früheren Massenfabrikation hier aber auch niemanden interessiert aber man lernt ja dazu). Mein wichtigster Partner in China kauft übrigens sein Ebenholz für Griffbretter - in Bubenreuth. Und dort hat man auch keine Skrupel, es zu VERkaufen. Aber das nur als Beispiel.

 

Geige Profilseite von Geige, 25.04.2013, 23:30:47

Pseudonym bezog sich auf der "DerRichter", nicht auf den Namen.

Ein gleicher Wettbewerb ist kaum möglich, da die Rahmenbedingungen einfach nicht gleich sind.

Die Ausbeutung bezieht sich auf die Resourcen, die endlich sind. Es wäre bestimmt eine gute Idee eine "Green line" Serie, (Tropenholzfrei) - auch in gehobener Qualität für den Schüler auf den Markt zu bringen.

ThomasM Profilseite von ThomasM, 26.04.2013, 00:37:11

Nattürlich sind die Rahmenbedingungen nicht die gleichen. Aber das Karussell dreht sich immer weiter. Bei den billigsten Produkten ist China inzwischen schon zu teuer geworden, und deshalb verlagert sich deren Herstellung immer mehr nach Vietnam. Zu den Rahmenbedingungen hierzulande haben aber auch jahrhunderte lang Zünfte gehört, deren Hauptaufgabe darin bestand, Konkurrenz klein zu halten - teilweise nicht mit sauberen Mitteln. Auch das gehört zu den Standortfaktoren dazu.

Und wie ist Deutschland nach dem 2. Weltkrieg wieder hochgekomen? Auch mit günstigen Produkten, nicht selten in Kopie amerikanischer und anderer europäischer Vorbilder. Das wird gerne vergessen - der Spiegel Online hatte darüber vor einiger zeit einen interessanten Artikel.

Tropenholzfreie Instrumente sind natürlich denkbar, ob sie aber auch am Markt durchsetzbar sind, ist eine andere Frage. Ich habe es selbst mal mit einigen wenigen (rumänischen) Instrumenten versucht, bei denen das Griffbrett (bis auf den Obersattel) nicht aus Ebenholz, sondern aus Buchsbaum war - und auch nicht nachgefärbt um diesen Umstand zu verdecken. Keine ganz billigen Instrumente sondern in der Region um €750. Fazit: Nicht zu verkaufen, obwohl alles andere an den Geigen "konventionell" war.

 

Geige Profilseite von Geige, 26.04.2013, 10:07:55

"Lobby" war von mir falsch gewählt. vermutlich hat der asiatische Geigenbauer gar keine Lobby.

das Wohlstandsgefälle in Asien klafft extrem auseinander.
Ein Beispiel: Im Jahre 2006 hatte ich für 2Wochen Auftritte in Shanghai mit einem Fahrradkunststück. Zur Seite bekam ich eine Dolmetscherin gestellt, die mir die 2 Wochen behilflich war. Mir fiel der Kinnladen runter, als ich sie zu einem Hägendaz Eis einlud und in einem Nebensatz erfuhr, dass das ihrem Tageslohn entspräche. In China kann man mit 5 Euro am Tag überleben, wenn man sich jedoch die Preise in den großen Geschäftsstrassen (z.B. Nanjing Road in Shanghai) ansieht, gibt es keine Preisdifferenzen zu anderen europäischen Metropolen.

Wenn hier eine Geige für 150,- Euro angeboten wird:
- verdient der Fiskus 24,50Euro sofort.
-der Gewinn des hiesigen Händlers muss versteuert werden, da geht nochmal was ans Finanzamt.
-Transportkosten sind auch nicht ganz ohne
-Beim Hersteller fallen an : Materialkosten, Miete, Heizkosten ect. Gehälter des Werkstattleiters, Büro,Werbung ect.

Wieviel bleibt da für den Geigenbauer übrig?

Die Bedingungen eines Geigenbauers, der sich zwangsläufig eher von Reis als von Nudeln ernährt unterliegt keinem gleichen Wettbewerb.
Zitat ThomasM "Ich vertrete nur das Prinzip des fairen und gleichen Wettbewerbs."

Es sieht in der Realität so aus, dass man als Geigenbauer, der im Schülerbereich tätig ist - ich nehme mich hier nicht aus- um Instrumente aus Asien nicht herum kommt. Auch wenn deutsche, französische oder amerikanische Zettel in einem Instrument kleben, sind im Wettbewerb solche Produktionen unter diesen Gegebenheiten nicht möglich.

In meiner Angestelltenzeit (14Jahre) habe ich die hälfte der Arbeitszeit erfolgreich Neubau betrieben. (Natürlich unter dem Namen der Werkstatt) Bei niedrigem Gehalt hat mir die Arbeit sehr viel Spass gebracht. Es kostet viel Mut der Werkstatt, in der heutigen Zeit diesen Weg einzuschlagen. Alle! Instrumente werden gespielt und es zeigt sich ja, dass hier gebaute Instrumente durchaus konkurenzfähig zu alten "Italienerinnen" sind.

Leider fehlt mir aktuell die Zeit, mich im Neubau weiter zu engagieren.

Neuester Beitrag ThomasM Profilseite von ThomasM, 26.04.2013, 11:31:21

Das meiste kann ich aus eigener Erfahrung auch so unterschreiben. Die Preise in den chinesischen Metropolen sind dramatisch angestiegen (meine Ex aus Tianjin hat ihrer Mutter vor 10 Jahren dort eine Eigentumswohnung gekauft, die heute das 12x an Wert hat - deshalb können sich gerade junge Ehepaare in Peking oder Shanghai oder auch Tianjin die Mieten bzw. Kaufpreise für Stadtwohnungen kaum noch leisten). Andererseits gibt es eine immer größere Mittelschicht in gerade diesen Städten, die u.a. munter deutsche Autos kaufen, von VW bis BMW. Die Entwicklung ist im Prinzip die gleiche, wie in den anderen asiatischen Ländern (Japan nach WK II, die Tigerastaaten in den 80ern) auch. Letztlich steigt der Lebensstandard doch auch im Mittel deutlich an. Wenn man mal von dem Smog in Ballungszentren absieht, der ein sehr großes Problem in Peking und Guangzhou darstellt.

Deine Aufschlüsselung der Kosten für eine Geige, die mit €150 im Laden steht ist sicher so richtig, wobei die Transportkosten gerade bei diesen in Masse verkauften Instrumente dadurch reduziert werden, dass sie mit Schiffsfracht nach Europa kommen. Auf das Stück gerechnet ist so ein Set im Container dann doch nicht so teuer. Aber es ist wie in jedem Bereich des herstellenden Gewerbes: je niedriger der Endpreis, umso niedriger die eigentlichen Herstellungskosten in Relation zu den Folgekosten durch Transport, Steuer, Energiekosten etc. Darum macht es mich auf immer misstrauisch, wenn allzu günstige Instrumente mit "Made in Europe" oder gar "Made in Germany" vermarktet werden - wie du richtig andeutest ist das kaum nachzuvollziehen. 

Was die Herstellung von Geigen angeht, die tatsächlich qualifiziert "Made in Germany" sind, so werden diese im Premiumsegment sicher überleben - aber vermutlich v.a. jene, die von arrivierten Bauern wie Greiner, Schleske, Rittwagen u.ä. gefertigt werden und jenseits der € 10.000 kosten. Natürlich kann der hochwertige deutsche Geigenbau mit italienischen Instrumenten mithalten - alten wie neuen. Aber das gilt für den hochwertigen Geigenbau in anderen Ländern auch. Die angebliche Überlegenheit alter Instrumente ist sowieso ein Mythos (wie ein großer Blindtest in den USA, der auch hier einige Wellen geschlagen hat, wieder einmal belegt/andeutet). Beim Vergleich 3er hochwertiger neuer und dreier "großer" alter Instrumente gab es nicht nur keinen Vorteil der historischen - viel überraschender war, das die beteiligten professionellen Spieler nicht in der Lage waren, alte und neue Instrumente am Klangcharakter zu unterscheiden!

 

 

 

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