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Seite 1 - 2Hallo Stehgeiger,
danke für die sehr ausführliche und informative Beschreibung über die Verwendung von Kolophonium. Ich hatte ja bisher überhaupt keine Ahnung davon und werde morgen erst einmal beide Bögen mit Alkohol auswaschen. Natürlich habe ich die Bögen einfach mit verschiedenem Kolophonium bestrichen und glaube inzwischen, dass das Kratzen damit zu tun hat.
Die Leiterin des Ensembles hat sich gestern meine Geige vorgeknöpft. Zuerst hat sie mit meinem Bogen gespielt und es klang kratzig und auch schrill. Außerdem fand sie den Bogen vom Gewicht her recht schwer. Sie spielte dann mit ihrem eigenen Bogen und es war ein Unterschied wie Tag und Nacht -- ein ganz weicher Klang. Zum Schluss nahm sie meinen Ersatzbogen, den ich mal recht preiswert erstanden habe. Der ist sehr leicht und klang auch wesentlich weicher als mein anderer. Heute habe ich damit gespielt, aber ganz zufrieden bin ich noch nicht mit dem Klang. Also werde ich jetzt mal die Bögen auswaschen und dann weitersehen. Würde es wohl etwas nützen, wenn ich den "schrillen" Bogen noch einmal neu bespannen lasse? Kann man durch verschiedene Bespannungen da etwas erreichen?
An der Luftfeuchtigkeit liegt es vermutlich nicht. Wir haben Hygrometer in den Räumen und normalerweise ist die Luftfeuchtigkeit um die 50 Prozent. Nur an Tagen mit Saharawind sinkt sie unter 20 Prozent. Dafür kann ich mir ja dann einen Dampitschlauch anschaffen.
Ich werde weiter berichten und bedanke mich noch einmal für die ausführlichen Beiträge, von denen ich viel gelernt habe!
Hallo Tacande,
ich hatte zunächst längere Zeit das Pirastro Tonica Kolophonium benutzt, habe dann aber auf Bernardel gewechselt, da mir das Tonica zu viel staubte. Die Bogenhaare hatte ich nicht ausgewaschen und trotzdem habe ich keinerlei negative Auswirkungen festgestellt. Ich bin auch mit dem Klang und der geringeren Staubbildung des Bernardel sehr zufrieden. Irgendwo hatte ich mal gelesen, daß sich das Bernardel ganz gut mit anderen Kolophoniumsorten verträgt.
Dies nur als Schilderung meiner Erfahrung.
Gruß
Christian
Hallo Etudiant!
Daß die Mischung von Bernardel und P,-Tonica keine Probleme macht liegt daran, daß die Werte für die Glasübergangstemperatur von jedem dieser beiden Kolophoniumarten so nahe beieinander liegen, daß sich bei der an der Kontaktstelle zwischen Saite und Bespannung erreichten Temperatur der Kolophniumstaub der beiden ausreichend verflüssigt. P.-Tonica wird von Pirastro relativ zum P-Obligato als härteres Kolophonium beworben. Daher liegt die Glasübergangstemperatur des P.-Tonica über der des P.-Oligato und somit offenbar nahe genug bei der Glasübergangstemperatur des Bernardel. Ist das der Fall, ergeben sich keine unerwünschten Effekte, so wie Tacande sie gerade erlebt. Wichtig für eine problemlose Mischung von zwei verschiedenen Kolophonien ist eben, daß sich deren Werte für die Glasübergangstemperatur nicht zu stark unterscheiden.
Pauschale Aussagen wie: "diese Kolophoniummarke verträgt sich generell gut mit anderen Kolophoniummarken" sind im Licht der in diesem Thread geschilderten Erlebnisse und grundsätzlich aus physikalischen Gründen nicht haltbar.
Das Mischen zweier verschiedener Kolophoniumarten funktioniert nur dann problemlos, wenn sich die gemischten Kolophoniumsorten bezüglich ihrer Eigenschaften relativ ähnlich sind.
Ich wünsche Dir und allen Mitlesern noch einen schönen Tag!
Hallo Stehgeiger,
Deine Analysen sind sehr interessant und wissenschaftlich fundiert, kommst Du aus diesem Fachgebiet? Ich selbst habe früher eine Zeit lang in der Polymerforschung (rheologische Untersuchungen von Kunststoffschmelzen und Dispersionen) gearbeitet, daher kenne ich solche Betrachtungsweisen.
In meinem Fall habe ich ja dann mit der Wahl des Kolophoniums richtig gelegen.
Vielen Dank für Deine Antwort und ein schönes Wochenende!
Hallo Tacande!
Innerhalb gewisser Grenzen läßt sich ein Bogen in seinen Eigenschaften schon anpassen. Parameter die sich verändern lassen sind z.B. die Krümmung der Bogenstange, die Stärke des Bezuges (in engen Grenzen), das Gewicht/ die Art der Bogenbewicklung oder die Gewichtsverteilung entlang der Bogenstange. Alle haben einen Einfluß auf den Klang und das Spielgefühl des Bogens. Durch die Veränderung auch nur eines der o.g. Parameter verändert sich aber nicht nur eine einzelne Eigenschaft. Andere Eigenschaften die auch von diesem Parameter abhängen verändern sich ebenfalls. Nur ein Beispiel dazu: erhöht man das Gewicht der Bewicklung der Bogenstange um den Klang des Bogens zu dämpfen und tiefer zu machen, ändert sich dadurch auch die Gewichtsverteilung und damit das Spielgefühl. Man muß also einen Kompromiss eingehen oder mehrere Parameter in unterschiedlichen Richtungen vorsichtig verändern. Besprich das besser mit einem Bogenbauer. Der kann die Möglichkeiten für das "Tuning" Deines Bogens am besten einschätzen.
Ich wünsche Dir und allen Mitlesern einen schönen Tag!
Hallo Stehgeiger,
danke für die ausführliche Beschreibung der Bogeneigenschaften. Ich habe jetzt die Bogenhaare gewaschen und bin erstaunt, wie sauber sie sind. Sie sehen aus wie neu. Dann habe ich sie mit Bernardel eingerieben, aber an dem Klang hat sich nichts geändert. Der Bogen klingt einfach hart. Die Leiterin des Ensembles hat mich mehrmals gefragt, ob es wirklich ein Geigenbogen sei, oder vielleicht ein Bratschenbogen. Ich habe ihn als Geigenbogen gekauft. Im April nehme ich ihn mit nach Deutschland und werde nachfragen, ob und was man ändern kann.
Zur Zeit spiele ich mit meinem Ersatzbogen und bin eigentlich ganz zufrieden mit dem Klang. Vielleicht nehme ich Geige und beide Bögen mit zu einem Geigenbauer und lasse mal alles durchchecken.
Nochmals danke für die ganzen Informationen.
Hallo Tacande!
Vielen Dank für die Rückmeldung. Der "harte Klang" des Bogens kann vom Kolophonium nicht verändernd beeinflußt werden. Der Klang des Bogens wird von anderen Parametern wesentlich bestimmt. Nach dem Auswaschen und erneuntem Einreiben mit nur einer Kolophoniumsorte sollte aber wenigstens "das Kratzige" am Klang verschwunden sein.
Eine Durchsicht von Instrument und Bögen vom Geigenbauer ist sicher nicht verkehrt. Zu bedenken ist aber, daß manche Geigenbauer offen zugeben, daß sie das Bogenmacher Handwerk zwar gelernt aber abgesehen von Neubehaarungen und Erneuerungen der Bewicklung nicht mehr ausüben. Der Geigenbauer den ich immer heimsuche sagt mir stets "Das mache ich nicht auch noch!" wenn ich ihn frage ob er nicht eine Kleinigkeit an einem Bogen richten könnte und schickt mich zu seinem Kollegen den Bogenmacher. Gerade wenn es wie in Deinem Fall um eine Veränderung detailierter Parameter an einem sonst intakten Bogen in gutem Zustand geht, ist vielleicht ein Bogenmacher der erfahrenere und versiertere Ansprechpartner.
Ich wünsche Dir und allen Mitlesern noch einen schönen Tag!
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