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So, nachdem ich den Autodidaktik-Thread so zugespammt habe, mal eine ganz andere Frage.
Ich habe schon von sehr vielen gehört, dass Heifetz als der größte Violinist bis dato gilt, eine Meinung, die anscheinend auch viele Profis wie z.B. Itzhak Perlam teilen.
Dies wird oft auf seine Technik zurückgeführt. Meine Frage ist, inwiefern sich Heifetz' Technik so sehr von anderen Profis seiner Zeit (und heutzutage) unterscheidet, dass niemand an ihn herankommt?
Ich bin noch nicht fortgeschritten genug, um aus den Videos zu erkennen, was er besser macht, denn mir fallen einige Namen der jüngeren Generation ein, bei deren Videos ich aufgrund meines Laienstatus' genau so beeindruckt bin.
Es erscheint mir außerdem immer etwas seltsam, Menschen als die Besten ihres Fachs auszuzeichnen, weil es mir alleine statistisch etwas komisch vorkommt, dass niemand bei unserer riesigen Populationsgröße (und dann noch die Zeitspanne von Heifetz bis heute dazugerechnet, also noch mehr Menschen) unter den Geigenden dabei ist, der/die ein solches technisches Verständnis wie Heifetz besitzt oder irgendwann besitzen wird.
Vor allem wenn man bedenkt, wie hoch die Konkurrenz heutzutage zu sein scheint, d.h. wie viel man üben muss, um eine Chance zu haben. (Ich will nicht sagen, dass zu Heifetz' Zeiten keine Konkurrenz existiert hat, aber ich glaube durch das Erstarken Asiens in der Musikszene, speziell Ost- und Süd-Ost-Asiens hat sich der Pool noch vergrößert).
Dass er gesellschaftlich sehr bedeutsam (der bedeutendste?) war, bezweifle ich nicht, aber das ist ja noch etwas anderes, als dass im technisch bis heute niemand gewachsen sein kann, auch wenn diese Person nicht (so) sozial gewichtig ist.
Wobei ich die Möglichkeit, dass sein Status berechtigt ist, nicht ausschließe. Ich bin bei solchen Aussagen nur immer sehr vorsichtig und würde gerne verstehen, warum es auf ihn zutreffen mag.
Viele Grüße!
(Oder wird es mit seiner Interpretation gerechtfertigt? Jemanden wegen seiner/ihrer Interpretation mit dem Prädikat "am besten" auszuzeichnen, find ich immer etwas kritisch, weil sowas mMn sehr viel Geschmackssache ist. Mir persönlich gefällt Ida Haendel zum Beispiel besser.)
@Kuina Auch ich habe mich früher desöfteren gefragt, warum Heifetz wirklich so oft genannt wird, wenn es darum geht , wer der "beste Geiger" sein soll. (Was, wie du schon sehr richig erkannt hast, keine eindeutig zu beantwortende Frage ist.)
Die Sache ist die, dass bei Heifetz viele Sachen zusammen kommen: Er hat zum einen das Geigenspiel auf ein anderes Niveau gebracht, er hat sein Instrument technisch so beherrscht, wie (zu seiner Zeit) kein Zweiter.
Auch sein autoritäres, unnahbares Auftreten ist natürlich für seinen Legendenstatus mitverantwortlich, er erweckte einfach den Eindruck , er sei unfehlbar, und besonders damals waren die Leute einfach begeistert, und das zurecht, denn es gibt wirklich großartige Aufnahmen von Heifetz und er wird mMn. zurecht in diesem Maße verehrt.
Es ist natürlich auch einfach ein sehr menschliches Phänomen, dass Leute sich oft auf die Vergangenheit zurückbesinnen, im Sinne von : "Ahh weisst du noch damals, das waren Zeiten, den wird niemals einer übertreffen"
Und das ist ja auch irgendwo sehr schön, da so diese großartigen Künstler nicht so schnell in Vergessenheit geraten werden.
Und natürlich ist es heute -mehr denn je , auch Geschmackssache, da nun (auch durch Heifetz wurde diese Entwicklung der Perfektion angetrieben) sehr, sehr viele Menschen eine großartige Technik und große Musikalische Begabung besitzen.
Es ist allerdings auch sehr abhängig von Epochen, bzw Komponisten, so liebe ich zum Beispiel den Beethoven von Garrett, Brahms von Szering und Garrett, während für mich der Sibelius von Vengerov absolut unschlagbar ist, so gibts z.B. bei Bach auch die Frage, bevorzugt man ein eher "historisch aufgeklärtes", barockes" Spiel wie z.b. von Isabelle Faust oder ist einem die romantisch orientierte Sichtweise eines Perlmans lieber?
Außerdem gibt es ja auch wunderbare Geiger, die nicht ganz so bekannt sind, aber trotzdem fantastisch spielen, ganz großer persönlicher Tip(!!) : Boris Belkin, für mich einer der besten, charismatischsten Geiger, der einen wunderbar altmodischen Charme mit einer unfassbaren Power verbindet, wunderbar.
Es gibt jedoch mMn. auch geschmacksunabhängig Dinge, die man objektiv bewerten kann, so kann man den Ton einer Anne-sophie Mutter persönlich mögen, jedoch kann man nicht bestreiten, dass sie sich alles, was sie spielt, auf ihre eigene Weise verbiegt, den Text ignoriert und vor allem auf große Effekthascherei aus ist, noch schlimmer finde ich Leute wie Patricia Kopachinskaja, die versuchen, um jeden Preis "anders" zu spielen, und völlig bescheuerte "Ideen" in ihr Spiel integrieren.
Wie auch immer, auch diese Leute finden ein Publikum für sich, und sind auf ihre Weise auch "große Geiger" (besonders Asm), jedoch für mich keine großen Musiker, denn da besteht auch noch mal ein Unterschied.
Aber genug abgeschweift, auch ich finde das Thema "die besten Geiger" sehr interessant , gerade weil es keine Frage ist, die man mal eben so beantworten kann.
LG
Hallo Adi220, danke für deine Antwort.
Ich sehe es ganz ähnlich wie du!
Vor allem den Punkt mit den verschiedenen Epochen und Komponisten hatte ich vorher gar nicht bedacht, aber wenn ich es mir mal genauer überlege, gibt es durchaus Personen, die ein bestimmes Werk oder Genre so interpretieren, wie es mir sehr gefällt, andere hingegen nicht so sehr.
Bei lyrischen bzw. poetischen Stücken höre ich z.B. sehr gerne Anne Akiko Meyers (ihre Technik bez. komplexerer Stücke kann ich nicht so gut einschätzen). Bei etwas aggressiveren Stücken gefallen mir dann wieder andere besser.
Dass Heifetz das Geigenspiel revolutioniert hat, hatte ich auch mal gehört, aber ich konnte mir bis jetzt nicht so viel darunter vorstellen. Ich habe naiverweise angenommen, dass dieses sehr anspruchsvolle Spiel schon seit je her Ideal war. Gibt es jemanden vor Heifetz' Zeit, dessen Spiel illustriert, wie das Geigen vor Heifetz' Einfluss geklungen hat?
Anne-Sophie Mutter habe ich nie so intensiv gehört. Mich persönlich spricht es nicht so an. Inwiefern verbiegt sie die Musik denn? Meinst du, dass sie z.B. Details wie Notenwerte in Kompositionen abwandelt?
Darüber hinaus bezieht sich die Frage nach dem oder der Besten fast immer nur auf das klassische Milieu. Das mag zum einen sicherlich daran liegen, dass dort u.a. die anspruchvollsten Stücke zu finden sind, aber was Stil und Interpretation angeht, gibt es ja auch noch ganz andere Formen.
Mir persönlich gefällt Jazzvioline sehr gut und meine liebste Geigerin ist genreübergreifend Regina Carter. Ich habe bisher niemanden gehört, deren oder dessen Spiel mich auch nur annährend so anspricht wie ihre Weise.
(Auch hier kann ich aber nicht beurteilen, wie es mit ihrer Technik aussieht. Sie hat jedoch eine klassische Ausbildung und hatte anscheinend sogar Meisterkurse bei Perlman und Menuhin besucht. Ich weiß über Jazz auch noch nicht genug, um abzuschätzen, ob es dort ebenfalls Stücke gibt, die bezüglich ihres Schwierigkeitsgrad mit den Schwergewichten unter den klassischen Kompositionen mithalten können.)
Jedenfalls ein sehr spannendes Thema. :)
@Kuina: Ja, das Thema ist tatsächlich spannend, gerade weil Heifetz natürlich nach wie vor eine echte Ausnahmeerscheinung darstellt, er ist auch ein grandioses Vorbild in Sachen Haltung und natürlich Technik, er vermeidet sehr viele unnötige Bewegungen und versucht nicht, äußerlich zu beeindrucken.
Naja, ich denke nicht, dass die Geiger vor Heifetz anspruchsloser gespielt haben, es ist für mich eher zum einen dieses technisch unfehlbare, geradeausspielende, meist schnörkellöse, was er geprägt hat.
Wenn du mal ein bisschen Zeit hast, kann ich diese Videos von Heifetz Unterricht nur empfehlen:
https://www.youtube.com/watch?v=RLlUoS8D7Bo
Auch da wird wieder deutlich, wie kompromisslos Heifetz im Bezug auf absolute technische Perfektion war, und das muss man sich auch mall vorstellen: Sowas kommt nicht von selber, jemand der solch einen Anspruch hat, sitzt täglich mindestens 6 Stunden im Hotel und übt die kniffligsten Stellen der Violinliteratur.
Wen man ein wenig gegensätzlich zu Heifetz sehen könnte, wäre zum Beispiel der legendäre Geiger und Komponist Fritz Kreisler, die einfach eine etwas andere Spielkultur geprägt hat und sein sehr individueller Stil wirklich Wiedererkennungswert hatte, er hatte immer eine besondere Wärme und Charme in seinem Spiel und hat, statt ewig seine Technik zu erhalten, lieber sich auf vielen Gebieten fortgebildet, seine Frau musste ihn angebich sogar zum Üben zwingen.
Ebenso Yehudi Menuhin ist in gewisser Hinsicht ein Gegenmodell zu Heifetz, er hatte als Kind unglaublich schnell und instinktiv gelernt, jedoch seine technischen Grundlagen völlig vernachlässigt, was ihm später leider ein wenig zum Verhängnis wurde, trotzdem hatte er seine ganz eigene, großartige Weise, zu spielen.
Technische Perfektion war dafür nicht unbedingt sein größtes Merkmal.
Ich habe ein wenig den Eindruck, dass Geiger mit solch großem Charme und Wiedererkennungswert wie Menuhin und Kreisler (oder auch Ivry Gitlis) heutzutage ziemlich selten geworden sind, für viele junge Geiger ist die erste prioriät das Vermeiden von Fehlern, und gerade bei Wettbewerben ist das heutzutage leider sehr wichtig.
Aber rein geigerisch gesehen ist die Qualität heute eine völlig andere , als noch vor 70 Jahren, und zu dieser Entwicklung hat mMn. Heifetz auch beigetragen.
Auf Anne-Sophie Mutter wollte ich jetzt eigentlich gar nicht so groß eingehen, erstmal ist sie wirklich eine große Geigerin und alles, was sie macht, ist ins letzte Detail ausgearbeitet.
Nur finde ich zum einen ihren Zugang zu den meisten Werken geschmacklos(unangemessenes Vibrato und Ton) oder auch einfach unangebrachte, erfundene oder einfach unsinnige Akzente oder Ideen.
Und ich habe den Eindruck, dass sie sich nicht um die Musik schert, sondern darum, wie sie sich am besten als große Musikerin profilieren kann, sie verzerrt Tempi und missachtet die Partitur, nur um jeweils beim Publikum die größte oberflächliche Wirkung zu erzielen, und möchte immer anders und einzigartig spielen und alles dagewesene übertrumpfen, soweit mein Eindruck. Du könntest dir als Beispiel dafür vielleicht mal die Kreutzer-Sonate oder das Beethoven Konzert von ihr nhören, dann verstehst du vielleicht, worauf ich hinaus wollte.
Zu Jazzgeigern kann ich nichts sagen, mein Metier ist eher die klassiche Musik, ich würde zwar bezweifeln, dass von der reinen Schwierigkeit Jazz - Musik auf der Geige nur annähernd an ein Beethoven oder Brahms Konzert heran kommt , aber das ist ja auch völlig unwichtig, ein Stück wird ja durch Schwierigkeit nicht besser oder schöner.
Lg
Irgendjemand sehr Kluges hat mal gesagt, man muss wohl die Geige selber sehr gut beherrschen können, um das Ausmaß des Genies von Heifetz erfassen zu können. Deshalb konnten und können Größen wie Perlman, Oistrakh, Milstein, Kreisler, Gitlis oder Hahn immer noch zu ihm aufschauen.
Technik: Seine Beherrschung der Geige war so absolut und linke Hand und Bogen auch in allerhöchstem Tempo von solch atemberaubender Präzision, dass ihm technisch schlicht keine Grenzen gesetzt schienen. Finger sehr niedrig über dem Griffbrett, sehr schnelles Vibrato, mehr schon ein Oszillieren, und ein völlig individueller silbriger Ton von alles durchdringender Intensität, große Ökonomie und Eleganz in kleinsten Bewegungen, dabei als Spieler selbst völlig zurückgenommen. Technisch und hinsichtlich der Virtuosität hat er damit das Geigenspiel revolutioniert wie vor ihm vielleicht nur Paganini. Nach Heifetz war es nicht mehr möglich, wie Elman (auch ein Auer-Schüler) oder Kreisler zu spielen, die geigerisch eher noch ins 19. Jahrhundert gehörten.
Musikalität und musikalische Integrität: Todsicheres Gespür für Phrasierung, Interpretation und ein tiefes Verstehen von Musik. Seine zahlreichen Transkriptionen für Violine und Klavier zeigen größte Sorgfalt nicht nur für sein Soloinstrument, sondern ein Eintreten für die Musik als solche. Keine halben Sachen. Ständiges Suchen und Ergründen, um einem Werk, einem Komponisten noch näher zu kommen.
Repertoire: Heifetz hat zahlreiches Repertoire überhaupt erst bekannt gemacht. Sibelius hat lange Zeit außer ihm niemand gespielt, ebensowenig Korngold oder Rozsa. Für ihn gab es nur gute und schlechte Musik, deshalb hat er Gershwin und Dinicu (das berühmte „Hora Staccato“) mit derselben Sorgfalt und Hingabe gespielt und transkribiert wie Händel-Halvorsen.
Übrigens, eine der schönsten "Liebeserklärungen" an Heifetz stammt von keinem geringeren als Arnold Steinhardt, ehem. Primgeiger des Guarneri-Quartetts: http://keyofstrawberry.com/jascha/
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