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Hallo alle....
ich bin neu und grüße Euch. Und bitte Euch gleich um Eure Mithilfe....
Seit einigen Jahren beschäftigt mich die Frage, wie Musikinstrumente die beiden Weltkriege überlebt haben. Irgendwann möchte ich ein Buch darüber schreiben, aber das wird noch dauern.
Es gibt viele kuriose Geschichten, wo z.B. gegen Ende des 2. Weltkriegs auf den zahllosen Flüchtlingstrecks Menschen all Ihr wertvollstes Hab und Gut, was sie tragen konnten, unter großen Mühen gen Westen schleppten... nur um dann zu erfahren, daß die vermeintliche Stradivari in Wirklichkeit eine Schülergeige aus sächsischer Manufaktur ist.
Die Instrumente jüdischer Mitbürger wurden "konfisziert", viele wertvolle alte Instrumente sind nie wieder aufgetaucht. So z.B. das Ventapane-Cello von Anita Lasker-Wallfisch (Die "Cellistin von Auschwitz"), welches sie bei Ihrer Deportation in Breslau zurücklassen mußte. Über die Beutekunst der Nazis, z.B. alte Gemälde, wird viel geschrieben; um das Musikinstrumenten-Kapitel jedoch drücken sich die Historiker seltsam herum. Wahrscheinlich auch deshalb, weil etliche Instrumente noch in Gebrauch sind und viele Leute wahrscheinlich gar nicht so genau wissen wollen, ob ihr kostbares und liebgewonnenes Streichinstrument eine zweifelhafte Vergangenheit hat.
Nun die Frage- kennt jemand von Euch alte Geigenbauer oder auch Musiker (je älter, desto besser ;)), die eine interessante Geschichte zu erzählen haben? Wer besitzt selber ein altes Instrument, welches den Krieg überlebt hat?
Würde mich riesig über Eure Geschichten freuen! Gerne auch direkt per Mail an mich: waldvogel73xxx@gmail.com
Viele Grüße
Alma
Da die Instrumente aus der Vorkriegszeit nicht gerade selten sind, dürften die "Geschichten" dazu auch umfangreich sein.
Nur wenn die Instrumente nicht nur singen, sondern auch sprechen könnten, käme bestimmt das eine oder andere spannende zu Tage.
In meinem Geigenbauerdasein kam eine solche "subjektiv wertvolle" Geige vor vielen Jahren in meine Werkstatt. Ein sehr alter Mann wollte seine Violine - eine einfache Manufakturgeige - die erheblich lädiert war, wieder aufarbeiten lassen. Der Kostenvoranschlag summierte sich auf etwa 800,-Euro und stand im erheblichen Disverhältnis zum Handelswert. Darauf afmerksam gemacht wollte er dieses Instrument trotzdem wieder repariert haben. So erzählte er, dass diese Geige ihm im Krieg das Leben gerettet hatte. In höchster Not nutzte er samt Kasten die Geige als "Handwaffe" und konnte fliehen. Das Instrument wahrte er als solchen "Lebensretter" auf. Nun als alter Mensch wollte er diese wieder in Ordnung wissen......
Eine andere Sonderheit werde ich in den nächsten Tagen hier einmal in Bildern vorstellen. Es ist aus meinem Besitz eine in französischer Kriegsgefangenschaft gebaute Geige aus dem ersten Weltkrieg. Ohne Schablonen und nur aus der Erinnerung heraus gebaut hat die Geige insbesondere in der Schnecke und der Wölbung ungewohnte Formen.
Spannendes Thema, v.a. die Geschichte der Geige als Lebensretterin finde ich sehr anrührend.
Selber kann ich zu dem Thema nichts beitragen. Meine erste Geige war ein böhmisches Manufakturinstrument aus der Zwischenkriegszeit. Ihre Geschichte, wie sie den 2. Weltkrieg überstanden hat, kenne ich nicht. Da ich ihr irgendwann "entwachsen" war, habe ich sie verkauft und freue mich, dass sie nun ein weiteres Kapitel in ihrer hoffentlich noch langen Geschichte hat.
Googelt man etwas zu dem Thema, findet man mitunter sehr spannende Geschichten. Hinter dem Link (http://www.classicfm.com/discover/music/violin-war-diary/ ) verbirgt sich die Geschichte einer Geige, in deren Boden ihr Besitzer während des 1. Weltkriegs an der Westfront tagebuchartige Notizen eingeritzt hat.
Hier (http://www.exeterphoenix.org.uk/events/sam-sweeneys-fiddle-made-in-the-great-war/) ist die Geschichte einer Geige erzählt, deren Bau der nordenglische Geigenbauer namens Richard Spencer Howard 1915 in seiner Werkstatt begonnen hatte, bevor er ein Jahr später einzogen wurde und an der Westfront fiel. Die Geige blieb unvollendet und war in diesem Zustand eine Art Familienerbstück, bis sie 2007 fertig gestellt wurde.
Und auch diese Geige hätte sicher einiges zu erzählen.
Faszinierend, was allein schon kurzes Googeln zutage fördert. Viel Erfolg bei deinen Recherchen, Alma!
Am heutigen Holocaust-Gedenktag möchte ich das Thema noch einmal hochholen.
Anlässlich des heute begangenen 70. Jahrestages der Befreiung von Auschwitz erklingen zur Stunde bei einem Sonderkonzert in Berlin Geigen, deren ehemalige Besitzer Opfer des Holocaust wurden. Der israelische Geigenbauer Amnon Weinstein hat diese Instrumente aufgespürt und aufwendig restauriert sowie das Schicksal ihrer früheren Besitzer recherchiert. Als "Violins of Hope" sind sie weltweit in Ausstellungen und Konzerten zu sehen und zu hören. Zu den namhaften Unterstützern des Projekts zählt u.a. Shlomo Mintz.
Dass sie nun heute in Berlin gespielt werden, ist für Amnon Weinstein ein "emotionaler Höhepunkt".
Ausführlichere Infos zu dem Projekt unter: http://www.berliner-philharmoniker.de/titelgeschichten/2014-2015/violinen-der-hoffnung/
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