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Theoretische Frage

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GFe Profilseite von GFe, 06.07.2014, 16:24:04
Theoretische Frage

Hallo,

ich hätte da mal eine musiktheoretische Frage, die mich seit einiger Zeit beschäftigt. Ich spiele noch nicht sehr lange Geige und habe dementsprechend noch Probleme mit der Intonation. Es fällt mir schwer zu hören, ob meine Töne richtig sind oder leicht daneben liegen. Nun habe ich schon öfters gelesen, dass man die richtigen Töne auf der Geige daran erkennt, dass sie eine besondere Resonanz haben, eben "besser" klingen als die anderen Töne. Zum Teil soll es sogar möglich sein, die richtige Intonation anhand der Vibration der Saite zu fühlen ?

Was ich jedoch nicht verstehe, was richtige und was falsche Töne sind hängt doch davon ab, wie ich meine Geige stimme ? Wenn ich also meine Geige zum Beispiel auf 435 Hz stimme, sind die "richtigen" Töne andere als wenn ich sie auf 440 Hz stimme. Wie kann es also sein, dass die richtigen Töne eine besondere Resonanz haben, wenn sie doch je nach Stimmung variieren ? Oder verschiebt sich die Resonanz dann ebenfalls ? Ich bin verwirrt.

Aranton Profilseite von Aranton, 06.07.2014, 17:42:51

Hallo,

dass die "richtigen Töne" eine besondere Resonanz haben, liegt am Verhältnis der Töne zueinander, nicht an ihrer Hertzzahl. Das heißt, die Resonanz verschiebt sich, wenn Du die Geige auf 435 statt 440hz stimmst.

Bei manchen Tönen macht sich das "besser klingen" stärker bemerkbar als bei anderen Wenn man irgendein g auf der Geige spielt, wird auch die leere g-Saite zum Schwingen angeregt. Analoges gilt auch für die anderen leeren Saiten, auch die Schwingen mit, wenn ihr Ton auf einer anderen Saite gespielt wird; egal ob nun eine Oktave oder eine Oktave tiefer. Es gibt da noch ein paar kompliziertere Wechselwirkungen, die dazu führen, dass leere Saiten nicht als Ganzes sondern ähnlich wie beim Spielen von Flageoletten mit "Knoten" schwingen, so dass die meisten Töne - wenn man sie wirklich exakt - in irgendeiner Form andere Saiten auch zum Schwingen anregen. Aber das ist nicht annähernd so ohrfällig wie bei g, d, a und e, und man kann es auch nicht am Mitschwingen der Saiten sehen, aber diese Obertöne machen das "besser klingen". Sie verleihen dem Klang eine "Farbe", die dem reinen Sinuston fehlt. Wenn man leicht daneben liegt, entstehen die geigentypischen Obertöne nicht (bzw. nicht im selben Maße) und man produziert einen vergleichsweise "dünnen" oder "flachen" Klang. Allerdings setzt das wirklich rein gestimmte Quinten voraus. Wenn Du Dich an einem Klavier orientierst, oder ein chromatisches Stimmgerät benutzt, sind die Quinten einen Tick (genau gesagt ein syntonisches Komma) vermindert. Das hat damit zu tun, dass man, um mit Tasteninstrumenten alle Tonarten spielen zu können, in Sachen Reinheit gewisse Kompromisse eingehen muss, die über "wohltemperierten" zur heute üblichen gleichstufigen Stimmung geführt haben. Außerdem spielt dabei natürlich auch die Tonart eine gewisse Rolle. Bei Tonarten wie G- oder D-Dur, bei denen man mit den leeren Saiten arbeiten kann, hat man mehr und ausgeprägtere Obertöne als bei Tonarten, in denen die Töne der leeren Saiten nicht vorkommen, wie z.B. b-Moll oder Des-Dur; aber diese Tonarten dürften für Dich noch im wahrsten Sinne des Wortes Zukunfsmusik sein.

Ich hoffe, das hat für etwas Klarheit gesorgt,

 

Gruß Aranton

Fiddletroll Profilseite von Fiddletroll, 07.07.2014, 10:17:24

Viele Streicher bilden mit der Zeit eine Art von absolutem Gehör aus, bei manchen ist das stärker ausgebildet, bei anderen Schwächer und dann gibt es noch die Fraktion derer, bei denen das als feste Größe angeboren ist. In der Praxis ist es bei üblichen Stimmungen egal, auf welche Art das absolute Gehör gebildet wurde - es führt einfach dazu, dass bestimmte Frequenzen sauber klingen, alles andere eher dissonant.

Das eine sauber gestimmte Geige auf komplexe Weise mitschwingt ist auch korrekt, wie das jedoch vom einzelen Spieler wahrgenommen wird, das ist vermutlich eine höchst individuelle Frage.

Um die Intonation zu verbessern ist es extrem wichtig, die Geige sauber zu stimmen. Ein Stimmgerät hilft für die grobe Stimmung, probier einfach mal aus, wie es klingt, die Geige quintenrein zu stimmen. Achte dabei auf die Obertöne wenn Du die leeren Saiten gleichzeitig streichst: solange die Stimmung unrein ist, entsteht eiin dissonanter Störton im Gehör, dieser verschwindet bei Quintenreinheit. Beim Üben macht so eine quintenrein gestimmte Geige übrigens viel Spaß, im Zusammenspiel mit anderen Musikern weniger. Es geht aber einfach darum, dass Du Dein Gehör sensibilisierst.

Beim Spiel selbst geht es um Intervalle, es ist keine Schande, sich mal ein flinkes Stimmgerät aufs Pult zu legen und zu gucken, was es gerade anzeigt und dies immer wieder mit dem Gehör abzuwägen. Das kann man sehr langsam und ausgiebig üben und je nach Veranlagung stellt sich das saubere Spiel irgendwo zwischen sofort und niemals ein :-)

Bea Profilseite von Bea, 07.07.2014, 15:39:53

Ha, wer da glaubt, auf der Geige spiele man den Ultra-richtigen-Ton ist doch schon auf dem Holzweg!

Der Zauber der Geige macht doch gerade seine auch in kleinsten Varianten mögliche Tonhöhenmodulierunge aus!! Verabschiede dich vom richtigen Ton - den gibt es nicht! Die Anker reine Quinten sind halt Anker, aber die Töne schwingen frei drum herum.

Es fängt schon bei den Intervallen an, spiele ich eine Tonabfolge vom höheren zum niedrigeren Ton so wird das Intervall nicht das gleiche sein, wie von unten nach oben. Dann spielen noch die Färbungen der jeweiligen Tonart mit rein und das allerwichtigste die Melodie. Hier kann man nur fühlen, ob man jetzt engere Intervalle (heißt intervall etwas kleiner machen) oder weite spielt - oder man sogar beim Spielen, Halten den Ton noch höher herauskitzelt zur Spannungssteigerung zum KOmmenden. Dann kommt auch noch das Vibrato dazu.....

http://www.stretta-music.com/noten/streicher/ ... hard-intonation-nr-296549.html

 

GFe Profilseite von GFe, 07.07.2014, 17:56:52

@ Aranton : Vielen Dank für die ausführliche Erklärung ! Das hat mir sehr geholfen.

@ Fiddletroll: nun von dieser Art des absoluten Gehörs bin ich anscheinend noch sehr weit entfernt ;) Das etwas dissonant klingt merke ich, wenn überhaupt, nur wenn zwei Töne simultan erklingen. Einzelne Töne klingen für mich halt entweder höher oder tiefer aber nicht besser oder schlechter.
Danke, das mit dem quintenreinen Stimmen werde ich mal probieren.

@ Bea: danke, aber wie gesagt von solchen Feinheiten bin ich noch meilenweit entfernt, ich wäre schon frohe wenn ich eine "normale" einigermaßen richtige Intonation hinbekäme :)

Goya Profilseite von Goya, 07.07.2014, 20:41:39

Hallo GFe,

Durch meine neue Geigenlehrerin habe ich diese Woche eine Art "Intonations-Erleuchtung" gehabt! ;)

Wenn ich das G auf der D-Seite spiele dann vibriert die G-Seite, es ertönt ein regelrechtes "wruummm" und ich weiß, der Ton ist getroffen, darauf habe ich vorher nie geachtet. Testen kannst du das mit einem kleinen Fetzen Papier, welches du über die G-Seite knickst, triffst du den Ton G auf der D-Seite, dann vibriert die G-Seite so sehr, dass das Papier durch die Vibration runterfliegt.  Das gleiche geht natürlich mit dem D auf der A-Seite mit der leeren D-Seite als Kontrolle und dem A auf der G-Seite mit der leeren A Seite als Kontrolle.

So konnte ich innerhalb einer Woche meine Intonation extrem verbessern und frage mich gleichzeitig, warum mir  meine frühere Lehrerin von dieser simplen aber hilfreichen Sache mit dem Papierfetzen und der Vibration nicht erzählt hat.

Bavarica Profilseite von Bavarica, 08.07.2014, 10:08:02

Hallo GFe,

solltest du eventuell mit Rücksicht auf die Nachbarn viel mit Dämpfer üben (ich hab das hier öfter gelesen), würde ich den weglassen. Übe-Dämpfer verschlucken sehr viel (Bleidämpfer fast alles) von den Resonanztönen (Arantons Beitrag), die dem Ohr sehr schnell Rückmeldung geben: ja, passt. 

Ansonsten hilft neben Üben und der Korrektur des Lehrers aber auch das Trainieren der Tonvorstellung im Kopf. Z.B. bei einer einfachen Melodie, die du gut kennst, den Ton zuerst singen, bevor du ihn spielst: Je exakter die eigene Tonvorstellung, desto höher die "Trefferquote" auf dem Griffbrett. Tonleitern helfen sehr bei der Intonation. Für die Intervalle habe ich von einem befreundeten Musiker dereinst den Tipp bekommen, mir ganz einfache, mir bekanntes Volkslieder zu suchen und diese immer wieder auswendig zu spielen, und zwar in allen erdenklichen Tonarten. Das klingt einfacher, als es am Anfang ist, aber er schwört bei seinen Schülern drauf, und auch mir hat das neben den täglichen Tonleitern meiner Intonation sehr gut getan. 

Gruß

Bavarica

GFe Profilseite von GFe, 09.07.2014, 21:35:49

Danke für die Tipps !  Singen kann ich leider auch nicht, aber den Rest werd ich mal probieren ;)

rotbraun Profilseite von rotbraun, 10.07.2014, 15:13:25

Lieber GFe,

darf ich auf Dein letzten Posting eingehen?
Was meinst Du denn mit "Singen kann ich auch nicht"?

Heißt das,

  • Du hast keine Stimme oder
  • Du hast noch nie gesungen, weil Du Dich nicht getraut hast oder es Dir niemand beigebracht hat oder
  • Du hast definitiv kein Gehör beim Singen und Du singst im landläufigen Sinn "falsch"?

Ich hatte mal einen (erwachsenen) Geigenschüler, der es nicht geschafft hat, einen einzelnen Ton sauber nachzusingen. Da habe ich dann relativ schnell davon abgeraten, ausgerechnet Geige lernen zu wollen. Geige verlangt, dass man hört, ob man zumindest im Kopf eine Vorstellung davon hat, wie der Ton klingen sollte. 

Ich wünsche Dir viele schöne Erfahrungen mit den richtigen Tönen - wenn sie richtig sind, hörst Du einfach den Wohlklang, wogegen Dir falsche Töne im Empfinden weh tun. 

Viel Erfolg!

GFe Profilseite von GFe, 10.07.2014, 16:36:08

Hallo rotbraun,

nun ich denke Punkt 3 trifft zu, ich singe extrem falsch. Einen vorgespielten Ton einfach nachsingen kann ich  (bis jetzt noch) nicht. Wenn ich simultan zu dem Ton singe geht es etwas besser, dann höre ich zumindest wenn beide Töne gleich klingen. Ich mache aber auch noch Gehörtraining zur Zeit und versuche besser darin zu werden. Ich bilde mir auch ein inzwischen schon verschiedene Resonanzen bei der Geige herauszuhören, aber es ist noch schwierig.

Du hast vermutlich Recht damit, dass Geige nicht unbedingt das ideale Instrument für jemanden wie mich ist aber bei mir war es nunmal Geige oder gar nichts. Außerdem habe ich ja auch nicht vor in einem Orchester zu spielen oder ähnliches, ich spiele eigentlich hauptsächlich für mich selbst und vielleicht mal für ein paar Freunde oder Verwandte (die aber auch keine Musiker sind und daher geringfügig falsche Töne vermutlich nicht bemerken ;)). Natürlich möchte ich trotzdem versuchen im Rahmen meiner Fähigkeiten die Intonation so gut wie möglich hinzubekommen.

 

Neuester Beitrag Bavarica Profilseite von Bavarica, 10.07.2014, 17:07:01

Hallo GFe,

ich bin schon sehr lange im klassischen Gesang unterwegs und habe bisher nur einmal miterlebt, dass jemand wirklich, wirklich, wirklich gar kein Gehör hatte und in gehaltene  Töne in ihrer Stimmlage überhaupt nicht einstimmen konnte - die war ungelogen einfach bis zu einer großen Terz darunter oder darüber - und das nach einem Jahr Gesangsunterricht. War wohl so ein Fall wie der von rotbraun beschriebene.

Nach dem, was du schreibst, glaube ich aber, dass das auf dich nicht zutrifft, denn bei dir tut sich ja einiges in die richtige Richtung. Auch wenn es langsam geht, aber dein Gehör wird nun täglich trainiert und zeigt ja schon die ersten Verbesserungen. Dranbleiben, das wird schon! 

 

Gruß

Bavarica

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