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Zugeordnete Kategorien: Spieltechnik
Hallo liebe Geigenspieler/innen!
Ich spiele ja noch nicht so lange - nach 3 Jahren bezeichne ich mich selbst als fortgeschrittenen Anfänger. Und ich merke, wie schief und schräg meine Intonation oftmals ist, besonders bei Halbtonschritten (also z. B. chromatischen Läufen), bei Tönen ohne Referenzmöglichkeit (also z. B. cis auf der g Seite aus der Luft gegriffen) und natürlich in der 2. und 3. Lage vor allem der 3. und 4. Finger.
Nun meine Frage: wie habt Ihr Euere Intonation verbessert? Wißt/hört Ihr innerlich genau wie sich ein gis anhört oder entwickelt sich das im Laufe des Spiels? Wenn Euch jemand irgendeinen Ton vorspielt - könnt Ihr dann sofort sagen: "das ist ein as , aber etwas zu hoch"?
Natürlich merke ich, wenn ein Ton falsch ist, aber das heißt nicht automatisch im Umkehrschluß, daß ich weiß zu hoch/zu tief bzw. wo ganz genau der Ton sitzt.
Ganz schlimm wird es dann bei Doppelgriffen - wohl mein Waterloo beim Geigenspiel. Jeder der beiden Töne kann zu hoch/zu tief sein, also 4 Korrekturmöglichkeiten, beide Töne können zusammen stimmen, aber gemeinsam zu hoch/zu tief sein (weitere 2 Korrekturmöglichkeiten). Und jetzt das Sahnehäubchen: beide Töne sind (nacheinander) richtig (hurra!) aber beim Zusammenspiel stimmt es trotzdem nicht (jetzt soll ich plötzlich harmonisch und nicht mehr melodisch denken). Da bin ich kurz davor, das Geigenspiel aufzuhören und es genetisch besser disponierten Menschen zu überlassen ...
Das Beste ist: wie soll ich denn harmonisch hören lernen? Alle Hörschulen üben doch nur Melodieverläufe, sprich Intervalle ein. Wie soll ich da lernen, wie sich z B. eine kleine Terz oder eine gr. Sexte als Doppelgriff anhört? Und das Klavier ist mir dabei auch keine Hilfe. Mein Ohr empfindet einen auf dem Klavier gespielten Quartdoppelgriff als ganz anders als auf der Geige (mal ganz von Rausch-, Krächz- und Schleiftönen, die der Bogen erzeugt, abgesehen). Der brummige Komplementärton, den mein Lehrer so freudig begrüßt, wurde/wird von mir erst mal als Störgeräusch bzw. Anzeichen für falsche Intonation angesehen. Tja, und der Tipp mit dem Klavier ist fast so, als ob man zu jemandem sag: probier viele Biersorten (d. h. übe Doppelgriffen auf dem Klavier), irgendwann entwickelt sich dann auch der Geschmack für Wein (sprich Doppelgriffe bei der Geige).
Na, ich hab da so meine Zweifel...
Wenn ich aber nicht weiß, wie sich Terz-, Quint-, Sext- etc. Doppelgriffe auf der Geige anhören (sollen), wie kann ich dann überhaupt sinnvoll üben? Kennt irgendjemand Gehörschulungen für Doppelgriffe (auf der Geige) so wie es sie für Intervalle erkennen und bestimmen gibt?
Danke im voraus für Euere Tipps und Ratschläge.
Liebe Grüße
Ginger
Erstmal verabschiebe dich davon, dass es den genauen Ton gibt. Die 100% Frequenz treffen ist maschinell und das Geigenspiel lebt vom individuell empfundenen Ton in seiner Tonumgebung!
Wie du schon gemerkt hast, ist das Doppelgriff-Spielen nicht ein mechanisch genaues Greifen der vorher eingeremsten Plätze bestimmter Finger in bestimmten Lagen, sondern zum Zusammenklang müssen die Finger sich in die richtige Terz finden, und damit der Klang rein ist, sind die Frequenzen bei diesen leicht anders (man spricht auch von enger greifen, oder weiter) in welche Richtung hängt meist von den benachbarten Tönen ab, also wo ich hin will. Jetzt ist aber nicht so, dass man genauestens kalkuliert, wo jetzt der Finger zu sitzen habe, sondern man geht rein nach Gehör vor, es muss gut klingen. Trainieren kann man das nur, wenn man gute Beispiele so oft wie möglich hört, und dann dieses eben nachahmt.
Als Beispiel fallen mir die Doppelgriffpassagen von Shostakovich Romance ein:
http://www.youtube.com/watch?v=KRcFz7qUsdo
Damit es klingt, überlege ich nicht akademisch, sondern spiele nach dem Gehör, die Finger finden dann schon die richtigen Abstände. Allerdings braucht das Zeit, mit nur 3 Jahren sollte man da noch nicht zu hohe Ansprüche an sich stellen, ich spiele jetzt 6 Jahre bald.
Den Tipp mit dem Klavierspielen hat dir doch wohl kein Geiger gegeben?! Klavier hat eben nicht die Möglichkeit hier jeden Akkord optimal zu gestalten, sondern man halt das nehmen was es her gibt.
Mach lieber solche Übungen und höre dir die Beispiele an auf folgender Webseite:
http://www.theviolinsite.com/lessons/thirds.html
Für die Videobeispiele brauchst du QuickTime Player, ist blitzschnell installiert.
Liebe Ginger (ich geh mal davon aus, dass Du nicht Fred und darum weiblich bist)
Du berührst hier eine der 'ärgerlichsten' Fragen der Musik und eine der schönsten Aspekte der Streicherinnen - besonders der Geigerinnen. Hier ein paar Anmerkungen, die mir weitergeholfen haben.
1) Niemand kann sauber spielen! Es hat noch niemals hemand sauber gespielt, weder hier und heute, noch damals und da, noch künftig und dort!
2) Wir können alle bestenfalls an den richtigen Stellen auf die richtige Weise falsch spielen!!!
3) Das liegt am phythagorischen Komma: Wir Menschen können perfekt rein gespielte Intervalle hören, jedenfalls mindestens Oktaven, Quinten, Quarten, Terzen und Sexten . sofern sie uns als Zweiklänge angeboten werden. [Sequentiell gilt das nicht mehr!]. Die reine Oktave erklingt, wenn man die Saite genau in der Mitte teilt, die reine Quinte, wenn man sie genau zu einem Drittel abgreift. [Bei Streichern gute Orte des Flageolettspiels ;-) ]. Daraus folgt nun unmittelbar das 7 reine Oktaven aufeinander aufbauend gespielt denselben Ton ergeben müssen, wie 12 reine Quinten. Tun sie aber nicht.
4) Eine Geigerin kann sich das Drama unmittelbar sinnlich erfahrbar machen: Sie möge zuerst ihre Geige in reinen Quinten stimmen. Dann möge sie auf der d-Saite mit dem ersten Finge das e greifen und zwar so, dass es mit der a-Saite zusammen eine reine Quarte ergibt. Dann möge sie - ohne den Finger zu verrutschen - ihn zusammen mit der g-Seite spielen. Es sollte ein reine Sexte erklingen. Tut es aber nicht.
5) In der Regel stimmen Geigerinnen in dieser Situation zuerstmal nach: die Ausgangsstimmung war halt schlecht. Dann gehen sie davon aus, dass sie den Finger beim Saitenwechsel doch verrutscht haben. Irgendwo muss der Fehler doch sein. Schließlich ist das Wetter schuld [kein Witz: Luftfeuchtigkeit verändert Alkkustik]. Und das, obwohl es hier keine intonatorische Lösung gibt!
6) Wie kommt man aus dem Dilemma raus:
A) Bei Klavier wird die o.a. Differenz noch mal durch 12 geteilt und auf alle Halbtöne verlegt. Die berühmte 'wohltemperierte' Stimmung [Achtung: musikhistorisch müsste man das noch differenzieren. Es ändert aber nix dran:] Bei einem gut gestimmten Klavier sind alle Töne außer dem a und seinen Oktaven falsch. [Gute Klavierstimmer gehen sogar noch weiter. Sie stellen den Raum 'in Rechnung' und verteilen die Differenz unterschiedlich, in den oberen Lagen anders als in die unteren.] [Deshalb ist das Zusammenspiel von Klavier und Geige beim ersten Mal auch meist eine desastörse Erfahrung. Alsd ob man nix mehr von dem kann, was zuhause perfekt lief [Achtung: theorische Beschreibung, ich kann da praktisch nicht mitreden, weder in Sachen Duett, noch in Sachen Perfektion.] Die Klavierspieler haben also eine radikale Lösung: Lieber alles etwas falsch in allen Kontexten, als manches weniger und dafür anderes mehr.
B) Bläser und Choristen richten sich nach ihrem Umfeld [Ihr erkennt, dass ich keine Ahnung habe, was sie tun, aber irgendwas tun sie :)) ]
C) Elektronische, computerbaiserte Tasteninstrumente bringen vordefinierte Ausgleichstimmungen mit. Erst über diese Art der Instrumente hat man überhaupt beweisen können, dass es tatsächlich eine rein harmonische Stimmung gibt. Bei dieser werden alle Akkorde immer ganz rein gespielt. Dafür sind die Tonschritte von einem zum nächsten unterschiedlich falsch (Der Computer berechnet on the fly die notwendige Größe der Tonschritte]. Und die Pointe ist: So gespielt, wird das Instrument im Laufe des Stückes notwendigerweise immer tiefer. [Zusatz Pointe: Es gibt Chöre, die immer tiefer werden, Warum wohl?]
D) Wir Streicher sind die einzigen, die - auch wieder notwenidger Weise - einen ganz besonderen Weg haben / nehmen müssen:
a) Das Streichinstrument ist wesentlich durch Resonanzen 'definiert'. Mindestens einige gestrichenen Töne regen das Mitschwingen der andferen leere Saiten mit an. Mehr noch, auch die Obertöne in der gestrichenen Saite regen andere leere Saiten und deren Obertöne an. Je besser die Geige, desto deutlicher merkt man das.
b) Daraus folgt sofort, das bestimmte Töne auf unser Geige immer gleich gespielt werden sollten ( a, d, e, g, h, ...)
c) Daraus folgt auch, dass es bei anderen Tönen interpretatorischen Spielraum gibt: das f auf der e-Saite muss als Terzton im Akkord aus der d-moll-Sarabande von Bach höher gespielt werden, als in der Sequenz a, g, f, [e,cis,a] wo es als subdominantischer Leitton zum A-Dur-Akkord fungiert.
d) Aus diesen Gegebenheit ergeben sich Faustregeln der Intonation:
- Spiele Quinten, Quarten und Oktaven rein, und zwar so, dass die anderen leeren Saiten mitklingen.
- Spiele Sexten und Terzen rein, wenn Du dich im Kontext des Akkordspielens bewegst (Doppelgriffe). Spiele sie leittönig bei rein meldodisch gedachten Passagen.
- Spiele (kleine) Sekunden und Septimen eher leittönig.
e) Auch für Geigerinnen geht es also nur darum, an im richtigen Kontext [Akkordisch, melodisch] auf die richtige Art und Weise [rein oder leittonmäßig phytagoreischen scharf] FALSCH zu spielen.
f) Allerdings werden wir es nie allen Zuhörern rechtmachen. Jeder hört anders. Wir haben unseren Job gut gemacht, wenn die Mehrheit der Hörer mit unser intonatorischen Interpretation d'accord geht.
g) Die gute Nachricht ist allerdings: Das Vermögen des menschlichen Gehirns, sich die Sachen zurecht zu denken, auch die Töne/Höhe, ist irre groß. Auch bei unseren Hörern. [Die schlechte ist wie immer: alles hat seine Grenzen :) ]
Kleines Zusatzbekenntnis:
Liebe Ginger,
man hat mich in jungen Jahren gequält (nicht gewollt, natürlich. Und wie sehr mich das verletzt hat, habe ich erst im nachherein 'mitbekommen'). Man hat sich über mein unsauberes Spiel beschwert. Nichts prägt mehr, als solche Prophezeiungen, wie 'er ist unmusikalisch', 'er kann nicht hören' etc. Ich habe das verinnerlicht und mich damit unterschwellig immer gehemmt. Dabei war der Fehler ein ganz anderer: Niemand hat mir die o.a. Systematik nähergebracht. Ich wollte etwas perfekt machen, was nicht perfekt geht. Niemals. [Vielleicht bin ich dann auch deshalb zum Klavier gewechselt. Auch das schlecht gestimmteste Klavier wurde nicht mir zugerechnet.]
Geändert hat sich das erst nach 40 Jahren. Als ich anlässlich meiner Wiederaufnahme des Geigenspieles die akkustische Theorie ins Geigerische umsetzen musste. Wäre mir nicht das Buch von Mantel 'Intonation: Spielräume für Streicher: Gestaltungsspielräume für Streicher ' in die Hände gefallen, ich würde noch heute kämpfen, auf die gleiche Weise wie Du: dauernd die Selbstdiskussion 'Muss das jetzt höher oder tiefer. Und ist es nicht doch irgend wie richtig?' - Das Buch bringt eine echte Erlösung. Ohne dieses Buch gäbe es auch diese Anmerkungen nicht.
Allerdings: Geigerinnen haben es in dieser Sache leichter, wenn sie eine sehr gute Geige haben, die sie unterstützt. Ich habe seit 1980 auf einen guten Cunault-Geige von 1890+x gespielt. Und habe diesen Kampf doch immer fechten müssen. Davor hatte ich eine Zigarrenkiste. Jetzt stehe ich kurz vor einer sehr sehr sehr guten Schleske-Geige. Auch sie ist wie eine Befreiung. Sie hat so klare Resonanzen, es gibt überhaupt keine Diskussionen mehr. Das ist wie Einrasten. Und höre das nicht nur an den mitklingenden Obertönen, ich spüre das in den Fingerkuppen: wenn es richtig kribbelt, ist es richtig.
Ich wünsche Dir, liebe Ginger, dass Du Dich ganz schnell aus diesem Dilemma befreist, dass Du Dich direkt von dem Diktat der 'vermeintlichen' perfekten Zuhörer loskommst. Und ich wünsche Dir eine Geige, die Dir hilft.
P.
PS.: Dort, wo feminin formuliert ist, sind Männer mitgemeint.
... nach den theoretischen Analysen nun noch - wie erbeten - einige praktische Hinweise für die Gehörschulung. Auch hier ist Selbstvertrauen die Lösung:
1) Geh doch bitte einfach davon aus, dass Du Quinten schon rein stimmen kannst. Ansonsten hättest Du nicht 3 Jahre erfolgreich 'durchgehalten'. Wenn Du Dir nicht glaubst, nimm ein Stimmgerät und Feinstimmer, stimme Dir die Quinte vor und spiele damit rum: Höre einfach zu. Du wirst hören, wie es schlechter wird. Wie es sich immer schärfer reibt. Wenn Du hören kannst, dass es schlechter wird, kannst Du auch hören, dass es besser wird. Du wirst merken, dass dier Reibung immer mehr nachlässt, wie es immer weniger 'schwebt' - bis es dieses satte Brummen entsteht. Merk Dir diesen Eindruck. Den gilt es bei anderen Intervallen auch zu erzeugen. Dann klingen sie rein.
2) Zur Klassifizierung der Intervalle gibt es eine einfache Faustregel. a) Es gibt Intervalle, die klingen irgendwie 'leer' (Quarte, Quinte, Oktave). b) Es gibt Intervall die klingen schön (Terz, Sexte). c) Es gibt Intervalle, die klingen irgendwie scharf und unschön (Sekunde, Septime)
3) Quinten kannst Du also. Nimm jetzt die Oktaven: lass den 3. Finger auf der je höheren Saite mit der je benachbarten tieferen erklingen und erzeuge dasselbe Brummen, wie bei den Quinten. Spiel einfach rum. Entferne Dich vom Ideal und nähere Dich wieder an. Bingo.
4) Nimm jetzt die große Sexte: lass den 1. Finger auf der je höheren Saite mit der je benachbarten tieferen erklingen und erzeuge dasselbe Brummen, wie bei den Quinten. Spiel einfach rum. Entferne Dich vom Ideal und nähere Dich wieder an. Bingo.
5) Nimm jetzt die Quarte: lass den 1. Finger auf der je tieferen Saite mit der je benachbarten höheren erklingen und erzeuge dasselbe Brummen, wie bisher. Spiel einfach rum. Entferne Dich vom Ideal und nähere Dich wieder an. AKZEPTIERE, dass dieser Ton theoretisch derselbe (=genauso gegriffen) sein sollte, wie die grosse Sexte und DASS TROTZDEM NICHT DERSELBE TON RICHTIG IST wie unter 4.
6) Nimm jetzt die grosse Terz: lass den 2. Finger auf der je tieferen Saite (in der tiefer Position [b,f,c] mit der je benachbarten höheren erklingen und erzeuge dasselbe Brummen, wie bisher. ...
7) Nimm jetzt die kleine Terz: lass den 2. Finger auf der je tieferen Saite (in der hoherPosition [h,fis,cis] mit der je benachbarten höheren erklingen und erzeuge dasselbe Brummen, wie bisher. ...
8) ... entsprechend 4 jetzt mit kleiner Sexte, nur keine Vergleich nach mit höherer Saite [Tritonus]
9) Greife wieder absolut saubere Oktaven (3). Spiele dann nur auf der gegriffenen Saite runter zum benachbarten Leitton und zurück [c->h->c | g->fis->g | d->cis->d], und zwar ganz eng bei einander, so dass Du zufrieden dass Gefühl hast 'ja, wenn ich dieses h|fis|cis spiele, muss danach unbedingt jeweils c|g|d kommen'. Dann hast Du die melodische Leittönigkeit getroffen. Spiele jetzt genau diesen Leiton zusammen mit der je nächste höheren Saite., was ja eine saubere kleine Terz ergeben sollte. AKZEPTIERE, DASS DAS NICHT PASST.
A) Verlass Dich dann auf Dich. Der Rest wird Deine Weg mit Deiner Geige durch das Spannungsfeld der Intonation - wie oben hoffentlich nicht zu lang theoretisch beschrieben.
Hör bitte auf keinen Fall dieser Herausforderung wegen auf, Geige zu spielen. Es ist weder eine Frage der Begabung, noch eine Frage der besseren physiologischen Ausstattung. Es ist eine Frage des besseren - weil dem jeweiligen Lerntyp entsprechenden - Unterrichts.
P.
Danke für diese beiden Beiträge peerceval. Die druck ich mir aus! Ganz große Klasse!
Hey, ich spiele wie du auch drei Jahre. Allerdings kommt das Lagespiel bei mir bald noch. Ich vertraue auf mein Gehör und spiele sauber. Deshalb weiss ich nicht, was ich dir raten soll. Außer vielleicht, dass du dir etwas mehr vertraust und nach Gefühl spielst und evtl. Dein Gehör schulst.
Zum Glück hatte ich nie Probleme mit der Intonation, da habe ich von Anfang an großen Wert darauf gelegt. Gleich im ersten Jahr (jetzt spiele ich 4 Jahre, davon 3 mit Unterricht) hat mir mein erster Geigenlehrer geraten, mir die Töne vor dem Greifen genau vorzustellen.
Das funktioniert bei mir sehr gut, auch bei Doppelgriffen und in den höheren Lagen. Dafür kämpfe ich nach wie vor um einen guten, wirklich absolut ruhigen Bogenarm. So hat jeder seine Herausforderung beim Geige üben ...
Geht mir ählich wie meinem Vorredner, auch die Sache mit dem Bogenarm. Seitdem ich diese sehr interessanten Beiträge gelesen habe, weiß ich auch, warum mein Geigenlehrer seit der dritten Unterrichtsstunde soviel Wert auf Terzintervallübungen und Dreiklangzerlegungen gelegt hat bzw. noch immer legt. Jedes Mal, wenn die Stunde beginnt und er mich fragt, was ich so geübt habe und ich ihm irgendwelche Lieder / Stücke vorspiele, sagt er: " Hey Super, aber wie sieht es mit den Terzen und Dreiklängen aus, einmal 15 Minuten damit warm spielen". Dass mit dem vorstellen / spüren der Töne sagt er mir auch immer. Er meint, dass Musik machen nicht nur hören ist, sondern auch etwas haptisches ist. Der Klang geht über die Finger in den Körper und man spürt die Harmonie irgendwann einmal.
Ich würde gerne wissen (bzw. verstehen), warum beim Spielen mit "reinen" Akkorden die Gesamt-Stimmung angeblich immer tiefer rutscht. Ich habe diesen Effekt bisher nicht beobachtet, und ich könnte ihn mir auch nicht erklären.
Dass Stücke mit ausschließlich Dur-Akkorden vermutlich nach unten rutschen würden, weil die Dur-Terz bekanntlich tiefer ist als in der temperierten Stimmung, ist klar. Allerdings wäre bei Mollterzen doch dann wohl das Gegenteil der Fall, und auch die reinen Quinten sind doch größer als die temperierten, weswegen man, je nach Kontext, nun durchaus auch nach oben rutschen könnte.
Das Problem des "Sackens" bei Chören liegt m.E. wo ganz anders, in der Körperspannung und eben gerade im ungenauen (und nicht im zu genauen) Hören.
Ich stimme Parceval aber insofern zu, als Intonation kontextabhängig zu betrachten ist. Ich stimme der These nicht zu, dass es keine gute Intonation gibt.
Intonationsrein ist eben das, was im gegebenen Kontext sauber klingt. Der Kontext kann differieren, daher muss die Intonation es ebenfalls. Man kann das Thema "wo muss ich wann in welche Richtung intonieren" meiner Meinung nach nicht grundsätzlich abstrakt sondern nur anhand von Beispielen diskutieren (insbesondere wenn die Frage ins Spiel kommt, wer (z.B. in einem Ensemble) sich denn nun nach wem richten muss). Selbst angeblich immer gültige Wahrheiten (z.B. "der Grundton hat Recht") werden im musikalischen Kontext z.B. in Anbetracht von Melodieführungen relativiert.
Nach meiner Hörerfahrung gibt es bei Geigern nur zwei Arten der Intonation: Die von Berufsmusikern und die von Hobby-Geigern. Dazwischen gibt es einen Gap, der nicht von einem fließenden Übergang ausgefüllt wird.
Wer auf einem Niveau Geige spielt, dass er ein Orchestervorspiel bei einem Profi-Orchster besteht, trifft in der Regel alle Töne an der Stelle, die auch für das musikalisch gebildete Gehör gut klingt. Auch bei technisch schwierigen Stücken.
Hobby-Geiger (mich eingeschlossen) bekommen das niemals hin. Zwar gibt es bei den Hobbyisten große Unterschiede in der Intonation, aber auch bei den besten kommen immer wieder mal schiefe Töne. Auch bei solchen, die schon jahrzehntelang spielen.
Ich vermute, dass das einfach an der notwendigen Zeit zum Üben liegt. Ein fleißiger Student übt bis zu seinem Abschluss an der Hochschule bis zu 20.000 Stunden. Wenn man wie ich nur nebenher Geige übt, dauert das ca. 200 Jahre. Und dann hat man immer noch unterstellt, dass der Hobbyist genauso effektiv übt wie ein Student (was ich bezweifeln würde).
Lieber peerceval,
vielen Dank für Dein feedback, die aufmunternden Worte und die guten Praxis Tipps. Ich bin sicher, daß außer mir auch viele andere Foren Leser/innen viel Nutzen darauf ziehen werden. DANKE!
Liebe Bea,
danke für Deine Tipp mit den Hörproben. Ich habe mir die Videos gleich angeschaut/angehört, das hat schon mal geholfen.
Lieber DebianFan,
Du schreibst: "Zwar gibt es bei den Hobbyisten große Unterschiede in der Intonation, aber auch bei den besten kommen immer wieder mal schiefe Töne. Auch bei solchen, die schon jahrzehntelang spielen."
Ja, auch Deine Erfahrung deckt sich mit dem, wie ich Intonation wahrnehme. Meine Lehrer spielen sehr sauber (aber selbst da höre ich ab und an kleinste Unsauberkeiten). Ich selbst merke ja, wenn und daß ich oft eine schräge Intonation habe und bei uns im (Laien)Orchester höre ich das auch. Nur weiß ich eben nicht immer, woran es liegt (bin ich falsch? zu hoch? zu tief? ist der/die andere/n (sofern es nicht mein Lehrer ist) vielleicht daneben?
Und oft - z. B. nach einem Lagewechsel, merke ich gleich "Mist, ich bin zu hoch, mein g in der 3. Lage ist ja fast schon ein gis - aber da ist der Ton ja schon er- und verklungen.
Schlußfolgerung: Intonation bleibt wohl (zumindest für mich) eine große Baustelle und permanente Anstrengung ist nötig, sie zu verbessern. Dank der Tipps von peerceval werde ich mal an der Doppelgriff Intonation arbeiten...
Liebe Grüße an Euch alle und danke nochmals für das konstruktive feedback!
Ginger
Tröste Dich - auch Berufsmusiker arbeiten ein Leben lang an ihrer Intonation. Diese Arbeit ist halt viel feiner als beim Laien, aber getan werden muss sie. Die Finger müssen SOFORT und unbewusst WISSEN wo sie fallen müssen. Korrigieren sollte es möglichst nicht geben und wenn, dann unbewusst und so schnell, dass es keiner merkt...
Mein Tipp: erst muss man den Ton innerlich hören, dann trifft man ihn auch. Ist das nicht der Fall, dann ist die audiomotorische Kontrolle noch nicht genug ausgeprägt und man muss Grundlagenarbeit machen.
Da ich ganz gut höre, weiß ich beim Zusammenspiel immer sofort, ob es an mir oder den anderen liegt. Auch beim Alleinespielen höre ich sofort, ob und wie viel ich daneben bin, meistens gelingt es mir, noch im Ton zu korrigieren.
Das ändert aber nichts daran, dass ich erst einmal danebengegriffen habe, was man ja auch trotz Korrektur durchaus hören kann. Ich denke, hier sind dem Hobbygeiger einfach Grenzen gesetzt. Man muss akzeptieren, dass es nie wie bei einem Berufsmusiker klingen wird. Ich bin schon froh, dass mir nur manchmal einzelne Töne daneben geraten, wie oft höre ich, wenn andere gleich ganze Phrasen spielen, ohne einen Ton davon wirklich zu treffen, offenbar hören die das dann gar nicht.
Auch Profis haben manchmal kleine Unsauberkeiten, aber vielfach seltener als ein Hobbyist. Und sie sind dann nur ein paar Cent daneben, nicht gleich 1/8 oder gar 1/4 Halbton wie ich manchmal.
Also das Hobbyspieler niemals die Stücke in ihrem Niveau intonationssicher spielen, will ich mal bestreiten.
Eine andere Frage ist ,warum die große Masse der Hobbyspieler doch nicht so intonationssicher spielt, trotz vieljährigen Unterrichtes in der Jugend. Da behaupte ich mal, weil sie als Kinder beim Üben allein gelassen wurden. Es reicht eben nicht, das Geld für guten Unterricht zu haben, auf regelmäßiges Üben zu achten, sondern eigentlich kann das Geigespielen nur erfolgreich gelernt werden, wenn eben jemand auch das Üben begleitet und auf die nicht haargenau getroffenen Töne achtet auch zu hause, da reicht einmal in der Woche den Lehrer sehen nicht. (Ich rede jetzt nicht von Hochbegabten und Frühreifen, die von allein die Disziplin aufbringen, perfekt zu sein)
Bei meiner Tochter sieht es so aus, sie übt, ich höre was unsauberes, aber in Höchstgeschwindigkeit abgenudeltes. Und es liegt nicht daran, dass sie es etwa nicht hörte, nein sie will schnell fertig werden, und schnell spielen macht eh mehr Spaß. Dann kommt die "Spaßverderberin" Mama, und geht akribisch mit einer Geige in der Hand die Stellen durch, indem wir sie zusammen spielen, Fehler suchen, vielleicht nur Vorzeichen übersehen, vielleicht den Fingersatz irgendwo "verheddert". Dann kommt aber die eigentliche Aufgabe, wie den richtigen Ton erarbeiten: vorspielen, damit sie es richtig hört, und dann eine Strategie, etwa benachbarte Oktavtöne/Intervalltöne bei größeren Lagenwechseln hören, oder den besonderen Pfiff des Tones herausarbeiten, warum der jetzt gerade eben einen Halbton höher als erwartet sein muss, Eine Möglichkeit sind auch zwischendurch Flageoletttöne nutzen, besonders beim Üben, und dann den gesuchten Ton in Relation dazu setzen von der Haptik her. Usw. wenn das Kind jetzt aber die Woche über niemanden hat, der ihm hilft, trainiert es sich was falsches ein. Das ist jetzt kein Vorwurf an den Lehrer, aber er ist mit seinen meist 30 bis 45 Minuten in der Woche einfach außerimstande, hier die häusliche Begleitung zu ersetzen..
Ein 2. ist, das Hören überhaupt. Julia Fischer erzählte mal in einem Interview, wie sie zuhause übte, und ein großer Teil war das Hören des aktuellen Stückes von der Konserve- eigentlich genau das was die Suzuki Methode verlangt. Nach Suzuki soll man ja sogar sich schon fast berieseln lassen, gleich beim Frühstück,also nicht unbedingt nur konzentriertes zuhören, sondern auch beiläufiges Einwirken. (aus lernpsychologischer Sicht übrigen gar nicht mal verkehrt ....)
Genau so mache es auch für mich, und mit you tube suche ich mir sogar die Version, die mir zusagt. Allerdings merke ich ein richtiges Zuhören ist besonders sinnvoll, wenn ich die Stelle bereits spiele/kenne. Deswegen sind youtube Einspielungen mit mitlaufendem Notenbild besonders förderlich für das Hören.
Z.B. Rode caprice 1 cantabile, ist rhytmisch interessant, und viele Interpreten wischen da nur ungenau rüber, oder verstecken Rhythmusungenauigkeiten in Rubatos, da hilft z.B. von SophRazer channel die Einspielung.
(geige - Hilfe man kann nichts bei dir reinkopieren - woanders schon )
Dem muss ich leider widersprechen. Meine Mutter, und auch mein Vater, haben NIE mit mir geübt und ich habe trotzdem von Anfang an sauber intoniert. Heute beobachte ich bei meinen Schülern das gleiche Phänomen. Da gibt es welche die von Anfang an danach streben möglichst perfekt zu spielen und andere denen es egal zu sein scheint.
Eine viel größere Rolle spielt das Umfeld. Wer schon als Kleinkind gute klassiche Musik hört lernt deren Gesetzmäßigkeiten quasi wie die Muttersprache von alleine. Das kann man später nur schwer nachholen.
Sicher kann man lernen sehr sauber zu spielen, aber das braucht halt ein entsprechendes Übepensum. Berufsmusiker haben während ihres Studiums stundenlang Tonleitern geübt und üben sie ein Leben lang weiter. Die wenigsten Laien werden freiwillig täglich zwei Stunden Flesch üben... Für Musikstudenten ist das selbstverständlich.
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