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Zugeordnete Kategorien: Geigenbau
Liebe Forumsteilnehmer, guten Tag erstmal; ich habe mich ins Forum begeben, weil ich ein konkretes Anliegen habe: zwei Risse in einer Cellodecke müssen repariert werden.
Zunächst über mich: in meiner Kindheit/Jugend habe ich, mit wenig Erfolg, acht Jahre lang Violine gespielt. Da mein Hauptinstrument die Gitarre war und die von der Schule aufgebürdetete Geige wenig Gegenliebe bei mir fand, war diese Episode mit der Aufhebung des Zwanges sofort Geschichte. Schade eigentlich, aber so war das leider. Heute spiele ich ein ganz anderes wunderbares Instrument, das vor ca. sieben Jahren sogar die Gitarre fast verdrängte: Autoharp (youtube: autoharp Streets of London)
Ein Freund hat mich jetzt animiert, ihn bei seinem Einstieg ins Cellospiel ein wenig zu unterstützen und so haben wir in ebay für geringes Geld zwei reparaturbedüftige (China-)Celli ersteigert: Das eine, mit zwei Brüchen. Einer durch ein Wirbelloch, der ganze Wirbelkasten war unterhalb der Schnecke durch, und einer kurz unterhalb des Sattels durch den Hals. Mittels hölzerner Negativformen war das gut zu leimen und so ist das Cello inzwischen spielfertig gemacht. Der Aufwand war zwar gewaltig; allein die Negativformen zu bauen, hat etliche Stunden gedauert, aber der Erfolg hat uns recht gegeben. Ich habe zwar keinen direkten Vergleich; aber man muss sich schon wundern, was aus so einem billigen Sperrholzding rauskommt. Für den Einstieg ist das, denke ich, gar nicht so schlecht ...
Das zweite Cello, das sogar eine massive Decke aufweist, hat zwei Sprünge in derselben.
Wie am Detailfoto zu erkennen ist, ist der Riss ins f-Loch "eingerastet". Und damit komme ich schon zu meinem Anliegen, meinen Fragen.
Zunächst, ich möchte auch das selber reparieren. Ein kleineres (3/4) Cello dieser Art wird in ebay z.B. gebraucht für ca. 235EUR mit einem Rollkoffer (Stoffbezogener Hartkoffer) angeboten (ebay 271198355743). Ich habe mein Set für unter 70EUR incl. Versandkosten ersteigert. Also gerade mal zum Preis des Koffers ... Es handelt sich also um ein Experiment, in das ich nicht noch (viel) weiteres Geld investieren möchte. Andererseits reizt mich die Aufgabe und so würde es mich freuen, von Euch Hinweise zu bekommen, wie eine Reparatur gehen könnte.
Zum Cello. So wie es aussieht, ist der Schaden schon in der Produktion passiert. Das Cello sollte eigentlich eine Hochglanzlackierung haben, laut Beschreibung in ebay; es hat auch schon eine oder mehrere Farbschichten bekommen; der Hochglanz fehlt aber; worüber ich sehr froh bin ... Wahrscheinlich hat man das Instrument dem Musikhaus für ein Geringes in diesem Zustand überlassen.
Meine Hauptfrage ist also, was ratet Ihr mir, wie dieser "eingerastete" Riss am besten "auszurasten" ist? Stimmstock vorher raus? Wie Leim applizieren? Welcher Leim? Leim ggf. verdünnen? Was ich nicht machen möchte: Die Decke abnehmen, da ich nicht weiss, ob da überhaupt Heissleim verwendet wurde ...
Mir steht zur Verfügung: eine PC-Endoskopkamera, diverse Instrumentenzwingen und Werkzeuge eines befreundeten Hobby-Fidelbauers, der sich aber aufgrund seines hohen Alters von 85 Jahren nicht mehr mit dem Problem auseinandersetzen kann. Ponal Holzleim, wasserfest.
Meine Überlegungen sind: Mit Pinsel und/oder Spritzenkanülen ggf. verdünnten Holzleim auf die Risskanten und in die Risse zu geben. Verdünnt, um Zeit zu gewinnen. Dieses innen unter Sicht durch das Endoskop. Danach müsste der Riss wieder "ausgerastet" werden; wie, ist mir noch nicht klar. Schliesslich von innen Stabilisierungen mit Pergamentstücken aufleimen. Am Schluss Stimmstock wieder rein.
Kann das so klappen? Welche Tipps könnt Ihr mir geben?
Viele Grüsse von Thomas
1.)Die Cellodecke muss bei solch einem Riss abgenommen werden, um die verzogenen Holzteile wieder in Form zu bringen. Das Decke abnehmen ist bei Chinainstrumenten teilweise extrem schwer, da hier nicht immer mit dem üblichen Knochenleim gearbeitet wird. Um einen so verkanteten Riss wieder exakt bündig zu bekommen, muss die Decke nach dem Abnehmen von unten auseinandergespreizt werden, um die Teile Spannungsfrei wieder zusammen zu bekommen. Ohne die Decke abzunehmen würden beim Richten die Bruchkanten gequetscht und eine nötige Passgenauigkeit und die damit verbundene Leimfähigkeit würde enorm leiden.
2.) Bei dem weiter innen liegenden Riss handelt es sich um ein Stimmriss, welcher mit einem Stimmfutter repariert werden muss. Siehe www.geigenbau.com/reparatur/unfallschaden/stimmriss/index.html
Ich sitze gerade an einer solchen Celloreparatur. Kostenpunkt 1700,-Euro.
Vermutlich steht ein solcher Aufwand bei dem o.g. Instrument nicht im Wertverhältnis.
Stimmfutter:
Bei einem Stimmfutter wird das beschädigte Holz herausgenommen und durch gesundes ersetzt.
Exakt eingepasste Stimmfutter sind Voraussetzung für eine gute Haltbarkeit des Risses.
Foto©Geigenbau Adam
Bei einem billigen "China-Cello" wird sich eine Reparatur wohl nicht lohnen. Ich würde die 70€ als Lehrgeld verbuchen und mir ein ordentliches Instrument beim Geigenbauer leihen.
Ich denke Versuch macht kluch....
Viel kann ja nicht kaputt gehen bei dem Kaufpreis, also Decke runter und ab dafür...
Nur den Ponal solltest du wegpacken, nimm lieber Knochenleim (Gelatine), dann lässt sich das ganze auch nochmal korrigieren falls es nicht beim ersten mal passen sollte....
Danke Geige, sofie und PapaBär soweit. Ich werde über die Sache noch ein wenig nachdenken. Wenn es eine Entwicklung gibt, melde ich mich wieder ...
Viele Grüße von Thomas
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