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Zugeordnete Kategorien: Geige üben
Hallo an alle,
ich lese schon einige Zeit hier immer wieder mit und manche Beiträge konnten mir schon ganz gut weiterhelfen. Nun habe ich aber zwei Fragen zu denen ich noch nicht wirklich eine Antwort gefunden habe.
Kurz zu mir: ich habe mit 38 Jahren begonnen Geige zu spielen und mittlerweile nach ca. 1,5 Jahren ist es zu einer richtigen Leidenschaft geworden. Habe etwa alle 2 Wochen Unterricht von einem tollen Lehrer und das passt ganz gut. Über den Sommer war Pause - von dem her, dachte ich ich könnte den Sommer über das letzte Stück das wir vor der Pause gespielt haben, das Konzert v. Rieding in H-Moll (zuerst nur 1., nun auch 3. Satz) perfektionieren indem ich es einfach immer wieder spiele. Natürlich habe ich dazwischen auch andere "alte Stücke" gespielt, aber trotzdem über Wochen hinweg fast täglich das gleiche Stück. Aber irgendwann tritt bei mir bei jedem Stück das ich lange und intensiv übe das gleiche Problem auf: Stellen die davor schon super und fehlerfrei waren, werden zur Stolpferfalle, meistens bei den schnellen Stellen, besonders bei 4-fach gebundenen Noten. Meist zu einer Zeit zu der sich dieses Stellen gewissermaßen automatisiert haben. Da habe ich dann plötzlich irrsinnige Probleme das zu spielen und weiß nicht wieso. Gibt es ein "Zuviel" beim Üben? Eigentlich gelingt es mir dadurch nie dauerhaft ein Stück fehlerfrei zu spielen. Das nervt irrsinnig. Hat hier jemand einen Tipp?
Zweites Problem ist, dass ich nicht vor anderen Leuten spielen kann. Egal wie gut es daheim beim Üben oder in der vertrauten Umgebung beim Lehrer klappt - sobald ich wo vorspielen muss, zittern meine Hände (manchmal sogar meine Beine) so intensiv, dass ein Spielen kaum mehr möglich ist und das Ganze katastrophal klingt, dann werde ich immer schneller um es schnell hinter mich zu bringen und bin nachher total frustriert. Mag eigentlich gar nicht mehr vor anderen spielen. Eigentlich ist das auch nicht unbedingt nötig, mein Lehrer hätte es allerdings scho.n gerne und mich selbst ärgert es einfach. Außerdem weiß man nie wohin das Ganze führt und langfristig wäre es schon schön, wenn ich dieses Problem überwinden könnte. Freue mich auch hier über Tipps.
Danke und liebe Grüße,
Carina
Hallo Carinam,
was du in Sachen Üben schilderst, kenne ich gut. Das kann nach meiner Erfahrung zwei Ursachen haben, und zwar gleichzeitig.
- Ursache Nr. 1 ist einfach die, dass der Übeffekt bei schweren Stellen auch wieder nachlässt.
- Ursache Nr. 2 ist dagegen, dass du beim Üben beginnst, von dir selbst mehr zu fordern bzw. zu erwarten. Das ist also teilweise auch ein gutes Zeichen.
Jedenfalls sollte man Stücke, die man soweit "im Kasten" hat und in seinem Repertoire behalten möchte, nie einfach nur durchspielen, sondern immer auch selektiv die eine oder andere Stelle explizit üben. Dazu eignen sich ja gerade die Stellen, mit denen man nicht zufrieden ist. Mir persönlich geht es desöfteren auch so, dass ich an einer Stelle mit meiner Interpretation nicht mehr zufrieden bin, dann kann ich mich darauf stürzen.
Was das Lampenfieber angeht, das kennt ja jede(r), der/die schon einmal allein etwas vorgetragen hat. Ich kenne auch einige Profi-Musiker, die da ihre Probleme damit haben, aber auch ihre Methoden, damit umzugehen. Das ist natürlich jeweils eine sehr persönliche Angelegenheit und es ist schwierig, Ratschläge zu geben.
Ich selbst bin früher ab und an solistisch aufgetreten (meist in kleinerem Rahmen, einmal aber auch vor ca. 500 Zuhörern in einer recht großen Halle). Von daher kenne ich das Problem ganz gut. Mir persönlich hat damals eine Methode aus der sog. "neurolinguistischen Programmierung" (kurz: NLP) gut geholfen. Man nennt das "Ankern", du kannst ja im Netz einmal danach suchen.
Von Berufsmusikern habe ich zwei Dinge oft gehört: Autogenes Training oder Yoga. Das wird dann teilweise schon recht professionell betrieben und hilft offensichtlich auch. Was auch hilft (aber das ist leichter gesagt als getan): wenn man die Situation oft hat, gewöhnt man sich daran und kann besser damit umgehen.
Letztendlich ist noch die Erfahrung wichtig, dass das Lampenfieber bis zu einem gewissen Grad auch wichtig ist: es zwingt einen dazu, alles zu geben und kann auch dabei helfen, dass man ein klein wenig über sich hinauswächst beim Vortragen.
Beste Grüße, jd65
Hallo jd65
Vielen Dank für Deine ausführliche Antwort! Das mit dem Ankern hört sich sehr interessant an, das möchte ich unbedingt versuchen.
Mir war nicht bewusst, dass das mit der Nervosität haben. Wenn ich in einem Konzert sitze bin ich immer voller Bewunderung für die Ruhe die die Künstler ausstrahlen und wie sicher sie spielen. Immer in dem Wissen wie mein Zustand an deren Stelle wäre (abgesehen davon, dass natürlich das Nivea durch Welten getrennt ist ;-))
Beim Üben spiele ich ohnehin auch immer schwerere Stellen extra durch. Das hilft schon. Mich ärgert halt, dass oft immer mehr Problemstellen auftauchen. Habe aber jetzt auch die Erfahrung gemacht, dass es besser wird, wenn ich mal ein paar Tage Pause einlege.
Danke jedenfalls!
LG, Carinam
Hallo Carinam,
für mich hat sich immer wieder bewahrheitet, dass es wesentlich entscheidender ist, wie effizient und überlegt ich übe, statt wie lange und oft ich Stücke und schwierige Stellen immer wieder durchspiele - oftmals verfestigt sich im Kopf nur, dass man eine Stelle schwierig findet und natürlich geht sie dann schief. Zerlegt man sie statt dessen mit viel Geduld in Einzelteile und geht jede Mikroschwierigkeit einzeln an, bevor man alles wieder zusammenbaut, ist das Ergebnis ein ganz anderes. Im Unterricht erhalte ich immer wiede gute Anregungen, wie ich schwierige Stellen angehen kann, das ist sehr hilfreich, nur muss ich dann auch wirklich die Geduld und Sorgfalt aufbringen, nicht einfach immer wieder drüber wegzuüben.
Nach der langen Zeit könnte es auch helfen, das Stück einfach mal wegzulegen, um später (können einige Monate sein) mit einem frischen Blick noch einmal dranzugehen - Du merkst ja bereits, dass ein paar Tage Pause schon hilfreich sind.
Hervorragende Tipps, wie Du Dein Üben effizienter gestalten und auch das Lampenfieber-Problem angehen kannst, hat übrigens Noa Kageyama (lehrt an der Juilliard School) auf seiner Seite https://bulletproofmusician.com/ (gibt einigen kostenfreien content dort) - mir hat Vieles davon wirklich geholfen.
Gruß, Bavarica
Ich würde sagen, Stolperfallen sagen dir, dass du entweder das Stück doch noch nicht so gut drauf hast, wie du dachtest oder, dass du zu wenig konzentriert übst.
Wenn ein Profimusiker ein Stück "kann", kann er ALLES - den Notentext vor sich sehen, weiß, wie er jede Note spielen soll, welche Note danach kommt, welche Passage, wie er die zusammenschließt, weiß von jeder Note genau, wann er sie wie (Tempo, Strichart, Dynamik, Betonung usw.) spielen muss. Das kann der Laie meist NICHT! Der Laie hängt meist Passagen aneiniander, die er "auswenidg" kann - nur mit dem Muskelgedächtnis - und wenn es eine kleine Störung darin gibt - man abgelenkt wird, nervös ist, mit den Gedanken woanders, darüber nachdenkt, ob man alles richtig macht usw. - fällt die Passage auseinander.
Das ist aber NORMAL! Man übt dann bewusst, auswenidg zu spielen, den ersten Takt, die erste Zeile etc. und wenn man das kann, übt man bewusst, die Übergänge zu spielen. Dreht sich mal vom Notentext weg, schaut, was dann noch klappt, wo es hapert.
Der Denkfehler kann auch sein, etwas jeden Tag zu üben = täglich "gedankenloser". Nicht schluderig, nur mit der Idee, "ach, das kann ich ja schon, darauf muss ich nicht mehr so sehr achten" - und dann übt man halt auch täglich, auf bestimmte Aspekte nicht mehr so sehr zu achten.
Wenn man frustriert ist, hilft es oft, die Stelle oder das Stück bis zu der Stelle noch mal zu spielen und dann zu analyiseren: Spielt man zu schnell - klappt es in langsamem Tempo? Hat man Probleme mit einer Technik? Hat man Probleme mit den Übergängen, kann also die schwierige Stelle, aber nicht in Verbindung mit der einfachen Stelle davor? Wo gerät man ins Schwimmen, wie muss man das üben (langsam, mit besonderer Berücksichtigung des Übergangs, der Dynammik, der Strichart oder -richtung etc.), damit es besser wird? Und das dann gesondert zu üben, aber MIT Einbinden des restlichen Stücks oder Abschnitts. Und wenn man den Abschnitt dann besonders gut kann, ihn auch wieder mit dem nächsten zu verbinden.
Hilary Hahn sagte mal in einer Doku, sie hätte - als fertig ausgebildete Musikerin - ein Jahr vor der Aufführung am Paganinikonzert geübt, und das vorher im Studium schon gelernt gehabt. Sie hat sich also auch - neben ihren Auftritten etc. natürlich - ein ganzes Jahr Zeit gelassen, ein ihr schon bekanntes Stück so zu üben, dass sie es sicher aufführen konnte. Und das nach über 10 Jahren intensiver Ausbildung und bei täglichem Üben!
Ich denke, als Laie darf und sollte man sich dann auch mal einfach Zeit lassen, ein Stück wirklich gut zu üben, auch über einen längeren Zeitraum täglich oder immer wieder an verschiedenen Aspekten - schwierigen Stellen, Übergängen, komplettem Durchspielen - zu feilen. Man glaubt oft als Laie, das Ziel sei, sehr schnell etwas Neues zu "können", während der Profi durchaus immer wieder täglich an dem arbeitet, was er aufführen möchte. Auch nicht täglich am konkreten Stück, sondern am Drumherum (Tonleitern, Etüden, Lockerungsübungen etc.). Das kann man sich zum Vorbild nehmen.
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