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Hallo Zusammen,
ich habe große Probleme beim Spiel auf Darmsaiten. Es kratzt und quietscht, erst recht, wenn ich es mit mehr Kolophonium versuche. Bräuchte ich ein anderes Kolophonium oder liegt es evtl. am Bogendruck? Muss ein Barockbogen stärker gespannt werden, als ein Tourtebogen?
Vielen Dank!
Im Zweifelsfall kannst du versuchen, zum Geigenbauer zu gehen und den einmal spielen lassen. Meist können sie ja zumindest die Instrumente anspielen und müssten auch Erfahrungen mit verschiedenen Saitentypen haben.
Ich hatte ganz am Anfang Darmsaiten, "weil die Geige das so gewohnt war" und das Einzige, was mir - natürlich als blutige Anfängerin - auffiel, war eine ziemliche "Heiserkeit" des Instruments, besonders auf der G- und D-Saite, besonders in den hohen Lagen. Als ich dann zum ersten Mal Dominantsaiten aufgezogen bekam, war ich begeistert, dass meine D-Saite auch dunkel klingen konnte. Das war aber eine ganz einfache, grundsätzlich nicht besonders gut klingende Geige.
LG von
Frederica
Danke für Ihre Rückmeldung! Es geht mir ja darum, dass ich mit Darmsaiten spielen möchte und mich frage, was man machen kann, damit diese Heiserkeit verschwindet. Besonders die D-Saite wird vom Bogenhaar gar nicht richtig in Schwingung versetzt, bzw. muss man mit viel Bogendruck arbeiten, damit das Haar greift. Viel Kolophonium bringt auch nichts. Deswegen meine Frage, ob man spezielles Kolophonium für Darmsaiten benötigt?
Für Darmsaiten wird meistens ein weiches Kolophonium empfohlen (besonders "klebfähig"). Daher ist es vielleicht ratsam, einfach mal online oder beim Geigenbauer vor Ort zu schauen, welches weiche Kolophonium in Frage kommt. Welchen Härtegrad hat denn das derzeitige Kolophonium? Einige Hersteller bewerben ihr Kolophonium ja auch explizit als optimiert für synthetische Saiten oder Stahlsaiten oder eben Darmsaiten. Typisches Kolophonium für Darmsaiten, was man häufig sieht, ist das Amato Gold, das Pirastro Eudoxa für Darmsaiten oder auch das Gold Kolophonium von Pirastro. Vielleicht hilft das weiter?
Hallo piazzolla,
Du schreibst nicht welche Art von Darmsaiten Du benutzt (blank lackiert, blank geölt oder mit einem Draht umsponnener Darm). Auf Grund Deiner Beschreibung vermute ich, daß es sich sehr wahrscheinlich um blanke Darmsaiten handelt.
Blanke Darmsaiten verhalten sich beim Anspielen grundsätzlich anders als umsponnene Saiten, unabhängig davon ob letztere einen Kern aus Synthetikfasern, Darm oder Stahldraht haben. Blanke Darmsaiten sind viel empfindlicher gegenüber einer falschen Wahl der 3 klangbestimmenden Parameter: der Lage des Kontaktpunktes, des Bogengewichtes und der Bogengeschwindigkeit und reagieren darauf mit unschönen Klangeffekten.
Besonders kritisch ist das bei der D-Saite. Aus genau diesem Grund empfiehlt Carl Flesch in Kapitel III seines Buches <Das Klangproblem im Geigenspiel>: "Die mit Aluminium übersponnene D-Saite ist der Darm-D aus klanglichen Gründen unbedingt vorzuziehen." Da qualtitativ gute, mit Aluminium umsponnene Darmsaiten seit der Zeit von Carl Flesch sehr sehr rar geworden sind, möchte ich aus eigener Erfahrung hinzufügen, daß auch eine mit Kupferdraht übersponnene Darmsaite den von Carl Flesch beabsichtigten Zweck vollkommen erfüllt und zudem haltbarer ist als das mit Aluminium besponnene Pendant.
Eine blanke Darmsaite als D-Saite ist deshalb etwas heikel, weil man für die zweittiefste Saite der Violine eine stärkere Saite mit einer größeren Massenbelegung (= Masse pro Längeneinheit) benötigt. Wenn keine Metalldrahtbespinnung die Saitenmasse erhöht, muß man die größere Masse durch mehr Darmmaterial gewinnen, was in einer dickeren Saite resultiert. Eine dickere und damit stärkere Saite hat aber eine höhere Biegesteifigkeit die der Saite das Schwingen erschwert. Das macht sich unmittelbar beim Anspielen der Saite oder beim Spiel in höheren Lagen deutlich bemerkbar, weil dabei nur ein kleiner Bruchteil der Saitenlänge schwingen kann. Das hat Fidi eindrücklich beschrieben. Die Folgen sind die beschriebene "Heiserkeit" in den hohen Lagen bzw. das Knarzen und Quieken beim Anspielen der Saite. Zudem klingt eine zu dicke und daher zu steife Saite sehr dumpf und obertonarm, weil sich die kurzwelligen Schwingungen der Obertöne auf Grund der hohen Biegesteifigkeit der Saite kaum ausbilden können. Unmittelbare Abhilfe schafft man durch Verkleinerung der Saitenstärke, solange bis die unerwünschten Geräusche verschwinden und man in allen Lagen eine leicht anzuspielende, brillant und wohlklingende Saite hat.
Das verwendete Kolophonium kann ebenfalls Teil dieses Klangproblems sein. Die Mehrheit der Violinisten spielt heutzutage auf Saiten mit einem synthetischem Kernund vergleichsweise hoher Zugspannung. Dieser Saitentyp benötigt mehr Kolophonium auf den Bogenhaaren, sonst gleitet die Bogenbehaarung nur über die Saite ohne sie richtig zu erfassen, was eine unzulängliche Anregung der Saite zur Folge hat. Da den meisten Streichern täglich mehrmaliges und mäßiges Kolophonieren zu mühsam ist, hat man in den beiden zurückliegenden Jahrzehnten Kolophonien auf den Markt gebracht die auch nach mehreren Tagen ohne erneutes Nachkolophonieren eine ausreichende Haftungsreserve bieten.
Auf weichen Darmsaiten liefern diese neuen Kolophonien in der Regel keinen befriedigenden Klang und es zeigen sich die oben beschriebenen unschönen Geräusche. Einen besseren Klang erhält man mit Kolophonien die zu einer Zeit entwickelt wurden, zu der das Spielen auf Darmsaiten noch die Norm war. Als bekannte und seit vielen Jahrzehnten bewährte Beispiele kann man das Hill hell -, das A.B.-Kolophonium, das Bernardel oder das Milant-Deroux (wegen des Markensymbols auch "Cat-Brand" genannt) anführen. Es gibt noch weitere die zum Teil oben schon genannt wurden. In jüngerer Zeit wurden auch spezielle Kolophonien für die historische Aufführungspraxis auf Darmsaiten entwickelt. Melos Violin Baroque ist ein bekannteres Beispiel.
Unabhängig vom verwendeten Kolophonium ist ein regelmäßiges aber mäßiges Nachkolophonieren der Bogenbespannung, welches in seiner Intensität der jeweiligen vorausgehenden Nutzung des Bogens entspricht, laut dem oben zitierten Werk von Carl Flesch für eine gute Klangentfaltung und eine gute Bogentechnik unabdingbar. Eine ausreichende Haftung der Bespannung auf der Saite ist dann immer gegeben und man muß nicht mit hohem Druck spielen nur um die Haftung zu vergrößern. So kann man das Spielen mit hohem Bogengewicht vermeiden, wodurch sich der Verschleiß der Bogenbespannung stark verringert, was eine deutliche Verlängerung der Nutzungsdauer einer Bogenbespannung zur Folge hat.
Die Bogenspannung spielt für die Klangerzeugung ebenfalls eine Rolle. Wer Violinsolisten bei Live-Auftritten genau beobachtet, bekommt häufig zu sehen, daß sie im Verlauf eines Konzerts während kurzer Spielpausen die Bogenspannung verändern, um das Verhalten des Bogens und seine Klangwirkung den Anforderungen des folgenden Abschnittes anzupassen. Grundsätzlich gilt:
- geringe Bogenspannung: der Knick der Bogenbespannung an der Kontaktstelle ist größer. Die Bespannung umfaßt die Saite mit einem größeren Winkel, wodurch sich die Kontaktfläche zwischen Saite und Bogenbespannung vergrößert. Das vergrößert die Haftung und ermöglicht eine kräftigere Anregung der Saite, was zu einem volleren, satteren Klang führt.
- höhere Bogenspannung: der Knick der Bogenbespannung an der Kontaktstelle ist kleiner. Der Umfassungswinkel, die Kontaktfläche und die Haftung verkleinern sich deshalb ebenfalls. Der Klang wird dadurch etwas leichter, klarer und heller, weil die hochfrequenten Oberschwingungen der Saite durch die kleinere Kontaktfläche nicht mehr so stark gedämpft werden. Zusätzlich wird der Bogen sprungfreudiger, was bei Spiccato-Passagen von Vorteil sein kann.
Auch bei der Einflußgröße Bogenspannung hilft es zu experimentieren um herauszufinden, mit welcher Spannung bestimmte Klangeffekte am besten zu erzeugen sind.
Ich hoffe, Du findest den richtigen Kompromiss für alle relevanten Parameter um den von Dir gewünschten Klang zu erreichen.
Ich wünsche dir viel Erfolg bei Deiner Suche!
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