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Vor etwa 9 Monaten begann bei mir ein Kribbeln und Taubwerden in der Bogenhand, das ich zunächst «wegzuschütteln» versuchte; als die Symptome auch nachts aufzutreten begannen, ging ich zur Ärztin und ein Karpaltunnelsyndrom wurde diagnostiziert. Die Ärztin empfahl mir, nachts eine Handgelenk-Stützschiene zu tragen. Seit November tue ich das brav und konnte das Problem so in Schach halten; aber das funktioniert nur, solange ich die Schiene allnächtlich trage. Keine restlos verlockende Aussicht, besonders, da mein Schlafzimmer im Sommer so richtig schön aufheizt.
Es gibt die Möglichkeit einer Operation, aber ich weiss nicht, wie sicher das ist; ein Bekannter meines Bruders konnte nach dem Eingriff nicht mehr Cello spielen, allerdings ist die OP in diesem Fall schon eine Weile her. Hat jemand hier auf dem Forum vielleicht eine Ahnung, ob dieses Risiko nach wie vor besteht und wie gross es ist?
Hallo asmahan,
dafür benötigt man einen Chirurgen, der solche Operationen ausführt, weil er die Hände liebt, nicht einen der es nur macht um sein Brot zu verdienen. Aber auch der erfahrenste Chirurg kann nicht vollkommen sicher vorhersehen, wie dein Körper auf den Eingriff reagieren wird. Auch bleibt immer ein Restrisiko ob der Eingriff so wie vorgesehen gelingt. Das wird auch noch einige Zeit so bleiben.
Eine mir bekannte Pianistin hat sich vor langer Zeit dieses Problem zugezogen, als sie nach einem Unfall einige Monate lang nur mit Krücken laufen konnte. Sie hat sich gegen eine OP entschieden und stattdessen für fast eineinhalb Jahre pausiert und in dieser Zeit, wenn überhaupt, nur wenige Minuten am Tag geübt. Oft nur mit der nicht betroffenen Hand. Sie hat die Stelle in dieser Zeit auch intensiv mit Einreibungen, verschiedenen Zubereitungen und täglichen Bandagen behandelt. Seither kann sie wieder spielen, muß aber sorgfältig auf das "Was", "Wie" und "Wie lange" achten. Als sie vor einigen Jahren überraschend für jemand einspringen mußte und sich innerhalb weniger Tage intensiv auf das Konzert vorbereitet hat, kam das Problem zurück. Wieder hat sie fast ein Jahr pausiert und ist so verfahren wie schon zuvor. Auch diesmal hat sie sich wieder erholt. Natürlich achtet sie nun viel sorgfältiger darauf, was sie mit ihren Händen macht und hält trotz Symptomfreiheit ausreichend lange Ruhephasen ein. Ihre musikalischen Aktivitäten werden von ihr nun weitaus langfristiger geplant und sorgfältiger vorbereitet, auch am Schreibtisch (z.B. durch mentales Üben), was ihr nach eigener Aussage einen viel intensiveren und tieferen Einblick in die Musik verschafft.
Nach einer gelungenen OP wird es ebenfalls viele Monate dauern, bis Deine Hand wieder uneingeschränkt genutzt werden kann. Dazu kommt zusätzlicher Zeitaufwand für Rehabilitationsmaßnahmen. Wenn die OP nicht wie vorgesehen gelingt oder sich beim Heilungsprozess Komplikationen ergeben, ist ohnehin nicht absehbar wie lange es dauert und wie die Sache ausgehen wird. Vorallem aber verursacht die OP unvermeidbare zusätzliche Schmerzen. Auch wirst Du nach einer OP eine ganze Zeit lang nicht ohne Bandage, mit oder ohne Fixierung, auskommen. Die frisch operierte Stelle muß sich erst langsam an die neue Situation gewöhnen und ist nicht gleich am nächsten Tag wieder voll beweglich und belastbar. Da bleibt Dir also sowieso einiges nicht erspart und eine tägliche Bandage, egal bei welchem Wetter, wird das kleinere Problem sein.
Du merkst, worauf ich hinaus will. Zwar sind nicht alle Fälle vergleichbar, aber es ist sicher mit weniger Risiko und Zeitaufwand verbunden durch ein längerfristiges, konsequentes Ruhigstellen der Hand und geeigneten äußeren Anwendungen ein Abklingen oder sogar Verschwinden der Symptome zu erreichen. Du wirst für diese Zeit auf das Streichen deines Instumentes und wahrscheinlich auch auf andere "Handreichungen" verzichten müssen. Es kann dabei nichts Schlimmes passieren. Du mußt nur die Selbstdisziplin aufbringen es konsequent durchzuhalten und es gegenüber anderen durchzusetzen. Auf andere Art muß man das nach einer OP aber auch. Und auch nach einer OP wirst Du mit deinem Instrument für längere Zeit nur ohne Bogeneinsatz üben können.
Ein berühmter Musiker, der wegen wiederkehrender Sehnenscheidenentzündungen (das ist etwas ähnliches am Unterarm) seine Pianistenkarriere aufgeben mußte und danach als Dirigent international Karriere machte, ist Daniel Barenboim. Er hat auf diese Weise "pausiert". Erst in den letzten 15 Jahren sieht und hört man ihn ab und an wieder als Pianisten bei Konzerten. Das Beispiel zeigt, daß es erfolgreich zu schaffen ist..
Egal wie Du dich entscheidest, ich wünsch Dir gute Besserung.
Hallo Stehgeiger
Ganz herzlichen Dank, dass Du Dir die Zeit für diese ausführliche Antwort genommen hast. Ich konnte nie mit jemandem sprechen, der die Operation tatsächlich hat machen lassen, in dieser Hinsicht sind die Erfahrungen Deiner Bekannten und auch die Informationen zur postoperativen Phase sehr wertvoll für mich.
Da ich mit der Stützschiene und dem Vermeiden von Überbelastungen des Gelenks die Symptome weitgehend eliminieren konnte, werde ich diesen Weg weiter verfolgen. Meine Möglichkeiten auf der Geige sind ohnehin beschränkt (ich bin Amateur und Sehr-spät-Anfängerin), und in diesem Rahmen kann ich mittlerweile auch wieder üben, ohne dass sich die Bogenhand bemerkbar macht. Die Schiene werde ich nie lieben, aber wenn die Alternative derart befrachtet ist, kann ich mich allemal besser mit dem Ding arrangieren.
Nochmals: Danke!
Hallo asmahan,
eigene Erfahrungsberichte habe ich keine, aber sollte sich Deine Symptomatik verschlechtern, so dass Du nicht mehr üben kannst oder die Schiene nicht mehr hilft, könnte es vielleicht ratsam sein, sich in einer speziellen Ambulanz o.ä. für Musikermedizin vorzustellen - das sind ja (u.a.) oft Handspezialisten, die mit der Diagnose Karpaltunnel vermutlich öfter zu tun haben und da sicher musikerspezifische Erfahrungen haben.
Gute Besserung!
Hallo Bavarica
Auch Dir vielen Dank für den Rat – und punkto Musikermedizin sind wir in Zürich sogar sehr gut aufgestellt, es gibt an der Hochschule der Künste einen eigenen Lehrstuhl dafür. Ich habe vor längerer Zeit einen Artikel zum Thema geschrieben und dafür mit den Dozenten gesprochen; notfalls könnte ich dort um Rat bitten, obwohl ich solche Experten eigentlich nicht mit einem Bagatellfall wie dem meinigen behelligen möchte, die haben Wichtigeres zu tun...
Herzlich
asmahan
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