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Hallo liebe Forianer!
Ich hatte vorgestern ein totales Aha-Erlebnis in sachen Geigenhaltung und bin nun ein wenig verwirrt. Eine mir bekannte Geigerin wollte einmal meine neue, gute, *nametutnichtszursache*-Meistergeige probieren. Also trafen wir uns, um uns gegenseitig Sachen auf meiner, auf ihrer und einer dritten Geige vorzuspielen, gegenseitig deshalb, weil es am Ohr ja immer anders klingt und jede mal beide Eindrücke hören wollte.
Nachdem sie mich dann doch einige Tonleitern hatte fiedeln sehen, meinte sie nur: "Mir fällt da was auf...darf ich mal?" - daraufhin verstellte sie erstmal was an meiner SChulterstütze und meinte dann, ich solle die Geige viel mittiger halten! So etwa vom Brustbein ausgesehen auf 11 Uhr! - meine normale Haltung ist ungefähr auf halb 10 Uhr, also sehr viel seitlicher.
Hat beim spielen den Effekt, dass ich auf einmal immer den Bogen im Blickfeld habe, und auch das Griffbrett - das hatte ich noch nie.
Aber was absolut irre ist ist die schlichte Tatsache, dass es einfach besser klingt und dass ich mit dem rechten Arm viel weniger unnatürliche Bewegungen machen muss, um "gerade" zu streichen. Der Bogenarm hat viel mehr Schwung, und das Armgewicht ist viel besser in Klang umzusetzen. Ich bin echt baff.
Andererseits fühle ich mich mit dem linken Arm irgendwie ziemlich eingeengt.
Ich hab grade Urlaub und habe jetzt mal zwei Tage lang mein gewohntes Urlaubspensum (zwei Stunden pro Tag) in dieser neuen Haltung geübt.
Ergebnis: AUUUA!!!! Isch hab Rücken!!!!
In meiner gewohnten Haltung spiele ich zwei Stunden problemlos und lächle dabei lieb.
Bin jetzt echt hin und her gerissen. Mein Lehrer hat meine gewohnte Haltung nie moniert, nur etwas den Bogenarm korrigiert.
Wie ist das denn bei euch? Wie mittig haltet ihr das Instrument? Und, frage an unsere Lehrenden, sind das irgendwie zwei unterschiedliche Schulen?
Ich denke, das ist Geschmacks- und Gewohnheitssache. Bei mir hieß es im Geigenunterricht immer: Die Töne treffen und den Bogen in der Spur halten, muss auch ohne Blickkontakt gehen, denn wie will man sonst in die Noten oder zum Dirigenten schauen? Ich spiele ziemlich seitlich; die Geige steht bei mir etwa auf halb zehn Uhr. Da sich mein Kopf etwas nach rechts neigt, wenn mein Kiefer am Kinnhalter andockt, könnte ich nicht einmal wenn es wollte, in Richtung der Saiten schauen; obwohl, ohne Brillenrand sähe das vielleicht anders aus. Ich finde, die seitliche Haltung hat außerdem den Vorteil, dass man das linke Handgelenk nicht so stark verdrehen muss, was vieles erleichtert.
Wenn Du zu dieser mittigeren Haltung übergehen willst, wirst Du Zeit und Übung brauchen, bis diese Haltung sich natürlich anfühlt. Außerdem wäre es gewiss kein Fehler, zu schauen, ob Kinnhalter und Schulterstütze wirklich zu dieser neuen Haltung passen.
Wie Aranton schon sagt, die Stellung der Geige hat unmittelbar Auswirkung auf Bequemlichkeit und zwar in Abhängigkeit insbesondere der Länge der Arme und der Drehbeweglichkeit besonders des linken Armes.
Ich setze mal 2 extreme Positionen gegeneinander:
1. Geige steht mehr oder weniger auf 9, also liegt mit der Schulter in einer Richtung:
Vorteil: die minimalste Verdrehung des linken Armes,
Nachteil: Bogenarm muss sehr weit nach links rüber reichen, rechter Ellbogen liegt womöglich in Nasennähe bei vorwärtsgehaltenem Gesicht. Ein gerades Streichen wird unbequem, je kürzer der Arm, desto schrecklicher. Saiten sind völlig aus dem Blickfeld, nur mit extremen Seitwärtsdrehen des Kopfes kann ich aufs Griffbrett schauen.
2. Geige steht auf elf:
Vorteil: Rechter Arm muss nicht extrem nach links rüberreichen, allerdings könnte bei langem Arm schon weit nach rechts mit dem Ellenbogen ausgewichen werden müssen. Griffbrett im Blickfeld.
Nachteil: linker Unterarm muss stark eingedreht werden, dadurch könnte sogar die Fingerbeweglichkeit beeinträchtigt werden, ganz abgesehen von langfristigen Schäden am Bewegungsapparat.
Also muss jeder für sich selbst die optimale Lage zwischen den Extrempositionen herausfinden.
Im Spiel würde ich sogar sagen, dass niemand steif wie ein Stock, die Geige ständig in der gleichen "Uhrzeit" hält, sondern je nach Spielart die Geige positioniert, spiele ich in der ersten Lage auf E u. A-Saite mit der Bogenspitze leicht und zart, oder spiele ich in hohen Lagen nahe am Frosch auf D-und G-Saite mit Vehemenz ist die Stellung dem anzupassen. Je mehr Bewegungsfreiheit die Schulterstütze zulässt, desto bequemer wird es.
Lehrerin stellte mich sofort auf Mittelkinnhalter und damit eine Bratschenposition von ca. 11 Uhr ein ("Stell Dir vor, Du stehst an einer Theke und unterhälst Dich und hälst entspannt ein Weinglas in der Hand, und jetzt lässt Du den Arm fallen"--ziemlich genau 11 Uhr :-))).
Wenn ich mir Bratscher so angucke, stelle ich fest, dass viele so spielen--und meine vom Geige umlernende Kollegin hatte auch ein deutliches Aha-Erlebnis, als sie mit der Bratsche weiter nach rechts rückte. Ich streiche gerade und kraftvoller--und das braucht eine Bratsche ja nunmal zum Ansprechen. Außerdem muss ich mich links längs nicht so verrenken für die C-Saite. In den höheren Lage (die unphysiologische Haltung beginnt bei uns ja schon bei der 5.) drehe ich sie dann weiter nach außen, aber das ist dynamisch und keineswegs festgelegt. Ich stell sie halt so ein, dass ich gut und schmerzfrei treffe.
Lehrerins Geiger haben auch oft, aber keineswegs immer Mittelkinnhalter und spielen auch ziemlich mittig. Keine Ahnung, ob sie diese Haltung grundsätzlich präferiert oder ob alle ihre Schüler ähnlich gebaut sind :-) Bei der Bratsche ist es allerdings ziemlich auffällig.
Die meisten Schüler benutzen die von ihr konstruierten Individualbauten aus Schaumstoff. Ich hatte das Glück oder Pech, dass die ganz normale KUN (superlight allerdings) sofort gut passte. Darum kam es bei mir nie zum Schaumstoffkissen. Sie selber spielt auch mit Schaumstoff.
Mein Geigenlehrer sagt immer, dass der Kopf im besten Fall gerade nach vorne sehen sollte, um die Nackenmuskulatur so locker wie möglich zu halten und, dass man den Kopf nicht überdehnen sollte, schon gar nicht nach hinten. Ein Blick aufs Griffbrett oder Saite sollte vermieden werden. Wenn ich ihn so beobachte (Unterricht, Konzerte), blickt er nur in den ganz hohen Lagen (10. aufwärts) ab und zu aufs Griffbrett. Je lockerer und flexibler mit der Geige umgeht, desto erfolgreicher dürfte das Spiel sein. Die Geige meines Geigenlehrers bleibt eigentlich nie starr in einer Position, sondern schwankt mal von 9:30 bis teilweise sogar 12:00. Bei 12:00 neigt er den Kopf manchmal Richtung 01:00, die Geige fällt ab und je nach Musikstück richtet er sich wieder auf und steht auf 9:30 / 10:00 / 11:00.
Ich bin weit starrer, aber bin auch je nach Saite und Lage flexibler, aber dürfte die Geige um 10:30 halten.
Grüße!
Grau ist alle Theorie:Wenn ein Geiger in einem professionellem Sinfonieorchester den Hals seiner Violine auf Position 09:00 oder 09:30 einstellt, prophezeie ich ihm oder ihr ein sehr kurzes Probejahr.Der Pultnachbar,der ja auch einmal auf der linken Seite sitzt,müsste seine Notenstimme quasi blind spielen,da er permanent den Hals samt Schnecke seines Pultnachbarn vollständig im Blick hat.Die individuelle Gewohnheit einer Geigenhaltung auf 09:00 müssten diese Berufsmusiker schnellstens aufgeben.
Riedingfan, noch was zu einem möglicherweise geeigneten Kinnhalter. Ich spiele auch lieber Richtung 11 Uhr und habe jetzt mit Ächz und Krächz das Ideale gefunden - den Teka, und zwar den, der relativ weit über den Saitenhalter hinaus reicht (es gibt zwei Modelle). Vorher hatte ich den Morawetz, habe auch einen Mittelkinnhalter länger ausprobiert, nebst einer Parade unterschiedlicher Modelle, die schon im Laden ausgeschieden sind.
Der Teka liegt von der Position her zwischen seitlichem und mittigem Modell und wird an der Seite fixiert, er verändert also den Klang des Instruments nicht, was bei mittigen Modellen passieren kann.
Schulterstütze: Wolf Secondo, Schulterteil noch etwas gebogen.
Klar, der Outfit hängt auch von Körperbau und Instrument ab, aber ich bin mit dem guten Stück so zufrieden, dass ich den Tip doch weitergeben wollte. Viel Glück!
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