Vivaldi Konzert G-Dur RV310 < | Standards bei Bogenbehaarung? | > Alte Geige gefunden |
Auf diese Beiträge antworten | Zurück zur Liste | Zum neuesten Beitrag springen
Zugeordnete Kategorien: Bogen - Geigenbau
Eine Frage vor allem an die Geigenbauer:
Gibt es allgemeingültige Standards für die Behaarung eines Bogens, oder handhabt das jeder individuell?
Ich habe meinen franz. Bogen neu behaaren lassen und zwar bei einem anderen Geigenbauer als normalerweise. Sonst bin ich immer 400km einfache Strecke zum Geigenbauer gefahren. Dieses Mal dachte ich, dass der GB hier auch gut sein soll und dass ich es einfach mal probiere. Hmmm.... und das Ergebnis ist ein vollkommen anderes. Jetzt frage ich mich ob jeder individuell behaart, wie Geigen ja auch durchaus verschieden gebaut werden, oder ob es beim Behaaren gewisse Standards gibt.
Die neue Behaarung sieht sehr ordentlich aus und auch der Keil passt. Auffallend ist, dass die Haare am Frosch nicht über die ganze Breite gehen, es am Kopf aber nach genug Haaren aussieht. Die Breite am Frosch ist jetzt so wie bei der alten Behaarung als schon einige Haare gerissen waren, nur eben auf beiden Seiten... Außerdem spielt sich der Bogen nicht mehr so gut wie vorher. Der Keil am Frosch ist auch an der einen Seite dünner als an der anderen.
Ist das noch im "Rahmen"??? Ich möchte ungern Rabatz machen, wenn jeder es ein bisschen anders handhabt und ich einfach nur Pech habe, dass mir die Behaarung nicht passt. Dann muss ich halt in Zukunft wieder quer durch D fahren... Falls der GB allerdings tatsächlich geschlampt haben sollte, dann ist es sicher wichtig ihm das auch kundzutun. Er soll ja schließlich wissen warum ich nicht mehr komme.
Nun das lässt sich nicht so einfach beantworten. Wie bei allen Handwerkern hat jeder so seine Stärken,daher kann es durchaus sein, dass bei dem einen der Bogen besser aufgehonen ist und ein anderer sich um die Geige kümmert (besser ist es wenn beides klappt).
Bei einer Neubehaarung ist es entscheident welche Haarsorte und Qualitätsstufe verwendet wird,auch das Gesamtgewicht der einzelnen Haare muss zum Bogen passen. Zu dünn ist nicht gut und zu viel kann sich auch negativ bemerkbar machen. In den meisten Fällen liegt das verwendete Material pro Haarbezug zwischen 5,8-6,2 Gramm. Das beste Material mongolisches Haar,sibierische Haare,dahinter folgt dann manschurisches Haar, all diese gibt es wiederum in verschiedenen Qualitätsstufen.
Auch muss man berücksichtigen ,dass ein frisch bezogener Bogen anders reagiert wie ein alt eingespielter. Das Bogenhaar muss erst gleichmäßig Kolofon aufnehmen das kann durchaus etwas problematisch sein wenn das Haar am Anfang unterschiedlich griffig ist.
Bogenkeile müssen immer ordentlich passen und sauber geschnitten sein!
Gruß Lyc. Geigenbauer
Danke für die schnelle Antwort!
Ich gehe mal davon aus, dass der GB ordentliches Haar verwendet hat. Der ganze Spaß hat mich 90€ gekostet und ich hatte deutlich gesagt, dass ich ungebleichte Haare möchte, die gut greifen und NICHT wie Seife rutschen.
Das Gewicht kann ich jetzt schlecht testen... Bis jetzt hat sich mir diese Frage auch noch nie gestellt. Der Bogen ist schon zigmal neu bezogen worden, und nach ein paar Stunden üben lief alles wie vorher... Jetzt sind es schon zwei Wochen und der Bogen greift immer noch nicht...
Ist es denn korrekt nicht die komplette Breite am Frosch auszunutzen?
Ich frage u.a. auch um auszuschließen, dass der GB der den Bogen vorher immer bezogen hatte evtl. seine ganz persönliche Art hatte zu beziehen. Es wäre peinlich wenn ich mich über etwas beschwere was eigentlich im Rahmen liegt und Standard ist. Und wegen einem Bogenbezug macht es auch keinen Sinn einen Gutachter zu Rate zu ziehen. Da ist es deutlich zielführender den Bogen nochmal woanders behaaren zu lassen...
OT: Ich habe schon Schülerbögen mit nicht vorhandenen Keilen gesehen...
Das Bogenhaar geht eigentlich immer über die gesamte Bahnbreite,alles andere macht auch keinen Sinn, es gibt sogar einige die die Haare auf der "Spielseite " ein Stück (1-2mm) um den Froschring ziehen.
Vielleicht solltest du mit deinem Problem nochmal dort hin gehen und den Bezug reklamieren 90€ ist schon nicht billig für einen Bogenbezug.
Gruß Lyc. Geigenbauer
Welche spieltechnischen und klanglichen Vor- oder Nachteile hat es, wenn an der Spielseite der Bezug auch am Ring 1-2mm nach oben gezogen wird.
Ich habe habe meinen altfranzösischen Bogen neu beziehen lassen und hierbei wurde offensichtlich diese Technik angewandt. Für meine Begriffe ist der Bezug nunmehr zu stark. Die mechanische Spielbarkeit des Bogens ist hierdurch nicht beeinträchtigt, nach meiner subjektiven Einschätzung allerdings der Klang, d.h. deutlich weniger Obertöne. Macht es Sinn, von dem vorhandenen Bezug wieder Haare entfernen zu lassen, oder sollte ein gänzlich neuer Bezug ins Auge gefasst werden.
Gruß,
Animato
Das wird man so nicht beantworten können, da die Spieleigenschaften nicht nur von der Bezugsstärke sondern auch von der Haarstruktur (Qualität) abhängen. Was die Bezugstechnik betrifft sehe ich auch keinen Vorteil wenn der Bezug an dieser Kante nach oben geht.
Es gab bei einem Bogenmodell von Vuillaume einen Froschring welcher auf beiden Seiten eine Abgeschrägte Führung hatte, so dass das Haarband in Froschnähe nicht ganz Flach sondern leicht Halbrund lag. Das macht schon mehr Sinn hat sich aber auch nicht durchgesetzt.
So die nach oben gezogenen Haare am Froschring störend sind ,kann man diese einfach vorsichtig abschneiden.
Gruß Lyc Geigenbauer aus Jena
Vielen Dank für die schnelle und hilfreiche Antwort,
Gruß, Animato
Ein aus handwerklicher Sicht noch so gut behaarter Bogen kann vom Musiker als schlecht empfunden werden, wenn das Spielgefühl "seifig" ist. Hier steht der Geigenbauer in voller Abhängigkeit zum Bogenhaarhändler. Da es sich um ein Naturprodukt handelt, kann es selbst innerhalb eines Haarbundes , welches der Geigenbauer bekommt, zu Unterschieden beim Spielgefühl kommen. Da die Haare sortiert werden, sind immer diverse Tiere an einem Bund beteiligt. - Ein Geigenbauer wird oft danach beurteilt: wie läßt sich der Bogen nach einer Neubehaarung spielen. Die handwerkliche Kunst steht da im Hintergrund.
Wie Lyc schon geschrieben, werden unterschiedliche Herkünfte bei den Pferdehaaren angegeben. Oft hat ein Geigenbauer verschiedene Haare zur Auswahl. Sollte es wirklich zu Reklamationen kommen, halte ich ein kostenloses Tauschen der Haare innerhalb einer angemessenen Zeit für absolut in Ordnung.
Vor ca. zwei Jahren wollte ich auf einer Reise quer durch die Mongolei einmal den vielgerühmten mongolischen Haaren auf den Grund gehen und musste feststellen, dass vor Ort die Pferdezüchter nichts von Bogenhaaren wussten, obwohl dort die traditionelle Pferdekopfgeige -Mohin Kuur- gespielt wird. Im größten Musikgeschäft der Hauptstadt Ulan Bator gab man mir bei der Nachfrage nach Bogenhaaren die Auskunft: Wir bekommen die Haare aus China.....hmm
Sehr großen Wert lege ich auch auf das erste gute Einkolofonieren bei einem neuen Bezug. Sollte hier keine gute Grundlage gelegt sein, kann auch das der Grund eines seifigen Spielgefühls sein.
Gerade sensible Bogenstangen können auf eine zu große Haarmenge negativ im Spielgefühl reagieren. Beim Bogenbeziehen ist es etwas schwieriger, eine wirklich gleichmäßige, komplett lückenfreie Spielfläche zu bekommen, wenn die Haarmenge geringer ist. Mit normaler Haarmenge lässt es sich einfacher behaaren...
Eine gute Haarqualität ( es sind auch mit die teuersten Bogenhaare Weltweit) bekommt man bei Michael T.Sowden & Sons. http://www.sowden.co.uk/ Nun seit kurzem - und über 10 jähriger Pause - gibt es auch wieder die Gold String Haare , wer weiß, wie lange es die gibt. ( hab mich gleich reichlich eingedeckt ......- alleine bei der Behaarung merkt man, dass die Haare kaum ausgeglichen werden müssen ( Haare hängen nicht durch oder haben keine Knicke) auch sonst sind diese gut.
Selbstverständlich beurteile ich als Musiker die Spieleigenschaften eines Bogens und nicht die handwerkliche Kunst. Auf den ersten Blick sieht der Bogen auch gut bezogen aus. Ich habe allerdings nach wie vor dass Gefühl, dass der GB nicht die volle Breite am Frosch ausgenutzt hat. Der GB, der sonst immer den Bogen bezogen hat hat sicher mind. 1mm breiter behaart. Und ein mm macht schon ordentlich was aus. Mein Ersatzbogen hat auch in der Breite mehr Haare. Es ist also auch nicht mangelnde Erinnerung.
Am Kolophonium wird es sicher auch nicht liegen. Bis jetzt hatte ich diese Probleme noch nie und habe meinen Bogen immer selber neu einkolophoniert. Das Kolophonium selber ist auch noch kein Jahr alt...
Das Gewicht gibt mir schon mehr zu denken. Der Bogen wiegt jetzt mit Haaren 61g. Der Ersatzbogen 61,1g... Eigentlich ist der Ersatzbogen der "schwerere" und das nicht nur vom Spielgefühl.
Hat der GB sich vielleicht gedacht, dass es sonst zu viel Gewicht wird und deshalb nicht die komplette Breite bezogen?
Solch ein Keil läßt sich erneuern. Das seifige Spielgefühl lässt sich vermutlich nicht so einfach verbessern.
Eine Rückmeldung an den Geigenbauer ist neben der eigenen Reklamation wichtig: Ein mangelhaftes Haarbund kann beim Bogenhaarhändler reklamiert werden.
Inzwischen ist mein Bogenbezug ausgebessert. Es lag wirklich an einem zu lockeren Zwischenkeil. Komischerweise ist das seifige Spielgefühl auch weniger geworden. Der Bogen hat zwar schon mit weniger Kolophonium besser gegriffen, mit ordentlich Kolophonium geht es jetzt zum Glück auch. Der einzige Nachteil ist der Kolophoniumstaub auf der Decke...
Dies sehe ich auch so, eventuell ist der Haarbezug auch im Gewicht zu stark?Ich würde dazu raten dieses Problem mit dem betreffenden Kollegen zu besprechen,jeder seriöse Geigenbauer wird da entsprechend Nachbessern.
Gruß Lyc.
Foto©Geigenbau Adam
Die Haarmenge kann mit einer Lehre (im Bild von der Firma Arcus) gemessen werden. Bei Sonderwünschen ist es ratsam, sich diese zu notieren.
Diese Bezugslehre gibt es hier: http://www.arcus-bow.de/deutsch/17d_zubehoer.htm
@Lyc&Geige: Vielen Dank!
Ich werde wohl in der nächsten Woche irgendwie irgendwann mal Zeit finden müssen um zu reklamieren und hoffe, dass es dann mit einem neuen Keil getan ist. Hoffentlich wird das "seifige" Spielgefühl mit voller Breite auch wieder besser.
Mit dem Gewicht ist es so eine Sache. Eigentlich gehe ich seit Jahren zum gleichen Geigenbauer. Wäre die Wegstrecke nicht so lang, dann hätte ich meinen Bogen niemals woanders beziehen lassen. Ich war davon ausgegangen, dass das eine Routineangelegenheit für einen GB ist. So weit ich es weiß sollte auch die Haarmenge usw. im Normbreich bei meinem Bogen liegen. Ich habe jedenfalls nie Sonderwünsche geäußert...
Danke nochmal. Ich schaue dann mal was der GB dazu meint...
Es lag wirklich am Zwischenkeil. Er ist jetzt erneuert und auch das Spielgefühl ist besser geworden.
Danke nochmal!
Die Haarmege hat sich bei der Ausbesserung auch reduziert, so dass das Gewicht jetzt auch ein bisschen weniger sein dürfte.
Vivaldi Konzert G-Dur RV310 < | Zurück zur Liste | > Alte Geige gefunden |
Nur angemeldete Benutzer dürfen Beiträge schreiben. Log In
Diese User sind gerade online: