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Guten Tag.
Ich lese gern hier und bin seit heute im Geigenforum angemeldet.
Meine Frage ist:
Kennt jemand Hintergründe oder Biographien von sog. Zigeunergeigen? Es handelt sich um umgebaute einfache Geigen (irgendwann zw. 1860 und 1910?), die sich durch schwarze Beize, schwarz-weiß gestreifte Randeinlagen und einen aus der Originalschnecke geschnitzten Löwenkopf auszeichen. Daneben habe ich gehört, dass die Geigen mit Kaffee gefärbt wurden, dass sie von innen mit gemahlene Glasscherben beleimt war usw.
Ich vermute, dass damit Klang und Aussehen kurzfristig verbesssert werden sollte, um irgendwelche romantischen Vorstellungen zu bedienen, nicht aber, um tatsächlich von Sinti- und Romamusikern eingesetzt zu werden.
Oft sind Zettel von Stainer darin, und zoomorphe (Tier-) köpfe erinnern an barocke Geigen mit kunstvoll geschnitzten Löwenköpfen, oder auch an Drachen- und Pferdeköpfe bei mongolischen Kastenspiessgeigen.
Weiß jemand mehr darüber oder gibt es Veröffentlichungen?
Vielen Dank im Voraus.
MfG
Also um solche Zigeunergeigen gibt es viele Geschichten,tatsächlich sind diese aber nicht umgebaut sondern wurden so, mit Schnürlerand,einfach gestaltetenKöpfen,und einen schwarz-schwarzbraunen Lack,hergestellt.Diese Arbeiten wurden zumeist vom Manufakturbetrieben und Heimarbeitern im sächsisch-böhmischen Raum als Dutzendware für den Handel billig hergestellt und bis auf wenige Ausnahmen auf "Alt" getrimmt und mit "Fantasiezetteln" verkauft. Es gibt auch Varianten mit diversen Perlmutteinlagen oder geschnitzen Burgen auf dem Boden. Dies alles hat nichts mit Klangqualität zu tun sondern folgte einem Zeitgeschmack und ließ sich damals gut verkaufen. Die Firma "Kruse" in Markneukirchen bot solch ein Modell unter der Bezeichnung Ziegeunergeige im Katalog an, selbiges stand auch auf dem Orginalzettel. Die Schwärzung im Holz wurde mit Flammruß gemacht bzw. schwarzer Spierituslack aufgetragen,also nix mit Kaffe usw.
Gruß Lyc. Geigenbauer
Hallo!
Ich weiß jetzt nicht genau, ob meine Geschichte in den Zusammenhang paßt, aber mir fällt bei "Zigeunergeige" folgende Geschichte ein: Mein Großvater (der andere, nicht der mit der Gläsel-Geige) hatte eine Violine, wohl vor 1800 gebaut, die in den 1960iger Jahren gestohlen und kurze Zeit später unversehrt wieder auftauchte. Als Wert wurde ein Betrag von 15.000,-- DM genannt, dafür bekam man damals 3 VW Käfer, also durchaus wertvoll und vom Aussehen her war sie völlig "normal". Als Merkmal war der Lack G-seitig auf Decke und Boden im Bereich des Unterbugs deutlich abgewetzt. Erklärt wurde das damit, daß Zigeuner beim Transport ihre Geigen einfach in die Achselhöhle klemmten, den Hals nach unten zeigend. Daher wurde sie "die Zigeunergeige" in der Familie genannt.
(Den Begriff "Zigeuner" bitte ich völlig wertneutral zu verstehen!)
Grüße
Thomas
Solche teilweise großflächigen Lackabtragungen sind in fast allen Fällen micht auf natürlichem Weg entstanden sondern eine Variation der "großzügigen Schattierung "welche beim Lackauftrag durchgeführt wurde,Ziel war es das Lackbild nicht neu aussehen zu lassen, auch div.Kratzer bis hin zu Rißimitationen waren üblich. Oftmals sind diese Schattierungen an Stellen wo im Normalfall gar keine Abnutzung vorliegt Z.B. Kinnhalterstelle. Das Lackbild ist und war schon immer eine Geschmackssache.
Gruß Lyc. Geigenbauer
Hallo liebe Geigenliebhaber!
Meine Tochter hat eine "Zigeunergeige" geerbt. Diese hat einen eingeklebten Geigenzettel mit der Aufschrift "Zigeunergeige, Wilhelm Kruse, Markneukirchen". Die Geige soll von 1865 sein. Es handelt sich um eine Geige die sich durch die schwarze Beize auszeichnet. Der Zustand der Geige ist meines Erachtens sehr gut und der Klang ist wirklich sehr gut. Kann man sagen was eine solche Geige wert ist? (Cirka Angabe, von-bis)
Liebe Grüße an Alle
Hallo
Mach mal ein paar Bilder und stelle Sie hier ein, -- dann wissen Wir mehr.
Hallo liebe Geigenliebhaber!
Ich habe zum ersten Mal versucht Bilder hochzuladen. Hoffe es ist mir gelungen.
Hier ist also das Erbstück. Wie würdet ihr die Geige beurteilen?
LG an Alle
Wilhelm Kruse in Markneukirchen betrieb im 20.Jh (also 1865 ist frei erfunden) einen Manufakturbetrieb und Instrumentenhandlung. Aus seiner Fabrikation stammen sehr viele mittelmäßig gute Arbeiten welche einen gelben Lackauftrag haben. Einfachere Qualitäten mit schwarzbraunen teilweise stark schattierten Lackauftrag mit der Bezeichnung "Ziegeunergeige".
Gruß Lyc. Geigenbauer in Jena
Hallo
Schliesse mich da Lyc an. Es sieht so aus dass die Geige in spielbarem ordentlichen Zustand ist. Ohne Sie zu hoeren oder Sie gespielt zu haben wuerde Ich Sie zu den schuelergeigen zaehlen. Da Ich kein Geigenbauer bin und auch die deutschen Preisse nicht kenne, kann Ich zum Geldwert in Deutschland nichts sagen.
Hier in Irland waere das die Preisklasse 150 -450 Euro.
Gruesse, Hans aus irland
Bei der Wertbestimmung würde ich 200-400€ ansetzen je nach Klangqualität. Wobei sich bei solchen Geigen auf Grund der unterschiedlichen Erzeugnisqualität kein einheitlicher Wert benannt werden kann. Solche Geigen haben dann immer den Wert welchen ein Interesset bereit ist zu Zahlen.
Vielen Dank für Eure Reaktionen!
Nun weiß ich schon etwas mehr.
LG an Alle
Übrigens habe ich neulich in der Mindener Fußgängerzone einen Sinti auf einer solchen Geige spielen hören und war hin und weg von der Wärme und dem Volumen des Geigenklangs (klar, dazu gehört auch der richtige Geiger). Es bleibt also wie überall auch hier eine Frage des Einzelfalls.
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