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Guten Abend euch allen!
Ich lerne seit ca. 2 1/2 Jahren bei einer Privatlehrerin aus meiner Stadt und seit einiger Zeit beschäftigt mich die Frage, ob ich mir nicht einen anderen Lehrer suchen sollte.
Meine Lehrerin hat eine super Persönlichkeit und ist mir sympathisch. Allerdings gibt es viele Punkte, die mich zum Zweifeln gebracht haben. Da ich aber nur sie als Geigenlehrerin kenne, möchte ich euch bitten, mir mit euren Erfahrungen zu helfen, da ich nicht so gut einschätzen kann, was normal ist und was nicht.
1. Ich weiß nicht inwiefern sie ausgebildet ist. Ich habe damals, als ich einen Lehrer gesucht habe, versäumt, sie das zu fragen. Mich beschleicht nämlich leider allmählich das Gefühl, dass sie keine musische/pädagogische Ausbildung hinter sich hat. Ich höre sie nur selten spielen, und wenn, dann einfache Begleitmelodien zu den Stücken die ich momentan spiele. Ihr Unterricht wirkt ziemlich verplant. Und da kommen wir auch schon zum zweiten Punkt:
2. Sie ist musikalisch eher inaktiv. Sie spielt in keinem Orchester, Ensemble etc., obwohl die Möglichkeiten in der Gegend für sie vorhanden wären (südlicher Speckgürtel Berlins).
3. Insgesamt habe ich den Eindruck, dass sie nicht sehr passioniert ist für Musik. Klar, würde es ihr keinen Spaß machen, wäre sie nicht Musiklehrerin geworden. Aber sie besucht nie Konzerte o.ä. (ich schicke ihr auf ihren Wunsch immer eine Nachricht, wenn ich eins besuche und denke, es könnte sie interessieren. Ich habe sie auch gebeten, mich zu informieren, wenn sie ein Konzert besucht.). Außerdem wir reden nie über die Stücke, die ich spielen soll. Ich dachte, man bespricht dann, wie der Charakter des Stückes ist, was der Komponist ausdrücken möchte. Sie sagt dann nur "das ist ein ruhigeres Stück" oder sowas. Vielleicht habe ich an dieser Stelle aber auch einfach nur merkwürdige Vorstellungen.
4. Manchmal habe ich den Eindruck, dass sie mir technische Sachen nicht gründlich beibringt.
Beispiel: Als ich Spiccato gelernt habe, hat sie nur gesagt, ich solle mal versuchen, beim Staccato den Bogen hochzuheben. das hat mir aber nicht viel geholfen, weshalb ich es mir mehr oder weniger selber über ein Youtubevideo beigebracht habe... Die Bezeichnungen der Techniken bringt sie mir übrigens auch so gut wie nie bei, die schlage ich nach. Ebenso wird Musiktheorie kaum erklärt. Auch für Lagenwechsel musste ich mir noch andere Quellen holen.
Ich muss aber sagen, dass sie nicht so lasch ist, wie es jetzt klingt. Auf meine Haltung, Intonation und Rhythmus achtet sie sehr.
5. Heute habe ich ihr gesagt, dass ich öfter Nackenschmerzen vom Geigen habe, besonders wenn ich länger übe. Sie meinte, dass das normal sei, und dass alle Geiger auf kurz oder lang körperliche Probleme bekommen, sie hat zum Beispiel Skoliose in der Halswirbelsäule. Ist das normal?! Ich dachte, dass ich irgendwas falsch mache, oder dass Kinnhalter oder Schulterstütze nicht zu mir passen.
6. Sie geht nicht auf meine Wünsche ein. Sie hat mir Noten für das Vivaldi a-Moll Konzert gegeben (aus dem Bärenreiterheft). Ich habe es ausprobiert und ihr begründet gesagt, warum ich lieber eine andere Fassung spielen würde, die ich im Internet gesehen habe. Sie hat dann gesagt, dass es nicht immer Spaß machen muss und ich ihre Fassung üben soll. Ich würde doch die Noten beschaffen, ich verstehe nicht, warum sie so sehr darauf beharrt.
7. Ich habe den Eindruck, dass sie ihre Schüler ziemlich "abfertigt". Ich darf nicht 5 Minuten vor dem Unterricht da sein, obwohl ich gerne die Geige nachstimmen und ein paar Tonleitern spielen würde. Wenn ich zu früh komme, muss ich vor ihrer Haustür warten. Es sind dann keine anderen Schüler da, sie telefoniert dann meistens.
So, das alles klingt jetzt so, als könnte ich sie nicht leiden. Dem ist aber nicht so. Sie ist wirklich ein toller Mensch, hat eigentlich eine sehr ruhige Art.
Ich bin zwar zu alt, um professionell Geigerin zu werden ;) Ich bin aber trotzdem sehr ambitioniert, da ich viele sehr anspruchsvolle Stücke liebe und gerne eines fernen Tages selber spielen möchte. Ich träume auch davon, eines Tages im Orchester Berliner Musikfreunde spielen zu können. Daher ist es mir wirklich wichtig, Geige spielen gründlich zu lernen und mir keine Fehler anzugewöhnen.
Vielleicht könnt ihr meine Situation aus objektiver Sicht besser einschätzen.
Vielen Dank!
Liebe Grüße, Nadine
Liebe Nadine,
ich denke, wenn man das Gefühl hat, nicht gut aufgehoben zu sein, sollte man wechseln. Schließlich will an mit gutem Gefühl zur Stunde gehen und wieder heraus gehen. Man ist ja auch verunsichert, ob das, was man sich slebst beibringt auch wirklich richtig ist.
Ich würde einen anderen Lehrer ausprobieren.
LG !
Hallo Nadine,
ich sehe es ähnlich wie Wollmaus. Wenn Du das Gefühl hast, bei der jetzigen Lehrerin keine solide technische Basis zu bekommen und nicht mehr weiterzukommen, wechsle. Über welche Kanäle bist Du denn überhaupt zu ihr gekommen, dass Du so gar nichts über ihre Referenzen weißt?
Aus Deinen Überlegungen ausklammern solltest Du Punkt 7: Es ist völlig legitim und meines Erachtens selbstverständlich, dass ein Lehrer auf pünktlichem Beginn der Stunde besteht. Ich kann auch nicht einfach früher kommen, um schonmal zu stimmen oder mich einzuspielen, egal ob Schüler da sind oder nicht, weil ein Lehrer das Recht auf schülerfreie Pausen hat (eben auch, um in Ruhe zu telefonieren) und ich umgekehrt nicht das Recht habe, in sein Zeitmanagement und obendrein noch in seine Privatsphäre hineinzugrätschen. Wenn ein Lehrer das von sich aus anbieten kann und will, ist das was anderes.
Gruß
Bavarica
Zwei Dinge dazu:
- Die Sache mit dem Lehrer ist klar: wenn wir das Gefühl haben, nicht mehr gut aufgehoben zu sein, dann ist genau das der richtige Zeitpunkt, zu gehen. Denn wie will man gut lernen, wenn man spürt, dass das jetzt nichts mehr bringt? Das Gefühl selbst hindert ja schon, egal ob "berechtigt" oder nicht (Gefühle sind im Übrigen nie 'berechtigt' oder 'nicht berechtigt', sie sind!) Außerdem: ein Wechselwunsch sagt nichts über die Richtigkeit oder Falschheit des Lehrers aus. Er order sie war gut. Bis dahin. Denn sonst würden wir ja keinen neuen Lehrer wollen. Also hat er uns auch weiter gebracht. Mit anderen Worten: Schüler wissen immer am besten, wann sie gehen sollten.
- Das Reden der Lehrerin über Schmerzen ist allerdings unerträglich! Es ist Bullshit!! Physiologischer Dummsinn!!! Tatsächlich gilt beim Geigen dies: Was weh tut, ist falsch! - Ja, gelegentlich schmerzt es. Das ist aber nicht ein Anlass, (wo möglich noch stolz) zu sagen, das muss so sein, das haben alle richtigen Geigerinnen. Vielmehr ist es Ansporn, die bessere, weil lockere und entspannte Haltung zu finden und zu trainieren. Das gilt gleichermaßen beim Handgelenk, bei der Bogenhaltung oder bei Doppelgriffen. Denn wie will man entspannt schnell, sanft oder intensive spielen, wenn wir vor Schmerzen physisch oder psychisch in Vermeidungshaltungen übergehen? Es gilt also auch: Alles was uns nicht umbringt, macht uns hart. Genau: hart. Und hart kann man nicht spielen! Also Liebe Nadine: bitte meide das Unheilsame - im doppelten Sinne.
BTW: Kato Havas 'Ein neuer Weg zum Violinspiel' könnte hilfreich sein. Zum HIntergrund: damals war er vielleicht neu, heute ist er gängig.
Gutes Üben P.
Hallo an alle,
vielen Dank erstmal für eure schnellen Antworten!
@Wollmaus: Da hast du auf jeden Fall recht. Es macht dadurch einfach weniger Spaß und ich möchte mir gerade als Anfängerin ungerne selber Techniken aneignen.
@Bavarica: Sie war eine schon lange gut Bekannte, ich habe sie dann aus Sympathie (und Bequemlichkeit, da im selben Ort) als Geigenlehrerin ausgewählt und war einfach froh, so schnell jemanden gefunden zu haben.
Zu der Sache mit dem Einspielen: Sie hatte es von Anfang an von sich aus angeboten. Ich war auch sehr froh darüber, weil es mir enorm geholfen hat Nervosität abzubauen. Nach irgendwelchen Ferien ließ sie mich dann ohne Begründung vor der Tür stehen, anstatt zu sagen, dass sie das nicht mehr möchte. Ich verstehe, dass es ihr gutes Recht ist, die Pause lang Ruhe vor ihren Schülern zu haben, aber ich fand die Art und Weise sehr unhöflich und hätte mich gefreut, wenn sie einfach etwas gesagt hätte.
@peerceval: Ich stimme dir voll zu! Ich habe den Unterricht mit ihr ja auch sehr genossen und sonst hätte ich vielleicht auch nicht so eine Leidenschaft für die Geige entwickelt.
Danke auch für deine Einschätzung wegen der Schmerzen! Ihre Aussage hat mich sehr stutzig gemacht. Wer hat schon gerne ein Hobby mit Dauerschmerzen? Oder, wie würden es professionelle Geiger sonst schaffen, ihren Beruf jahrzehntelang auszuüben?
Danke für den Tipp, das Buch schaue ich mir auf jeden Fall mal an.
Danke für eure Einschätzungen. Ich werde nach meinem Gefühl gehen und einen anderen Geigenlehrer suchen.
Noch einen schönen Nachmittag!
LG
Hallo Nadine,
dann kann ich gut verstehen, dass Du irritiert bist, wenn sie Dir die Einspielzeit ursprünglich von sich aus angeboten hat. Es gibt ja Dinge, die kann und sollte man bereden - Unterrichtsaufbau, Repertoire usw. Aber ich denke auch, wenn sich so viel Unzufriedenheit angestaut hat, gerade in grundlegenden Bereichen wie Qualifikation (und der Umgang mit Schmerzen spricht hier auch Bände), dass ein Lehrwechsel sicherlich geboten ist. Viel Erfolg!
Ein paar der angesprochenen Punkte würden mich nicht stören:
Musikalisch inaktiv. Ich habe meine Lehrerin nie gefragt, ob sie selbst in einem Orchester etc. spielt und ging davon aus, das sie das nicht tat, weil es nie erwähnt wurde. Mich störte das nicht.
"Wir reden nie über die Stücke." Haben wir auch nie. Ich habe ein paar mal mit dem Gedanken gespielt, zu fragen, wie man eigentlich improvisiert, was genau Interpretation bedeutet etc., das dann aber gelassen, weil mir vermittelt wurde, "wir spielen hier EXAKT nach Noten". Heute würde ich das alles einfach bei Youtube nachschlagen. Interpretation kann man mMn bei Laura St John sehr gut heraushören!
Technische Termini vermitteln: Vielleicht denkt sie, dass dich das nicht interessiert! Ich würde dann einfach mal sagen, dass mich auch die Musiktheorie und die Bedeutung der verwendeten Begriffe bzw. die echten Fachbegriffe interessieren!
Schmerzfreies Musizieren/ Körperhaltung: Sollte eigentlich Teil des Unterrichts sein!!
"Spielt Stücke nicht vor" und "geht nicht auf Wünsche ein" wären bei mir allerdings komplett No-goes! Das wäre für mich ausschlaggebend für ein grundlegendes Gespräch und ggf. auch einen begründeten Lehrerwechsel! Was nützen dir etliche Jahre Unterricht, wenn du nie das gelernt hast, was du wolltest? Was ist mit Schülern, die schlecht Noten lesen können, die würden bie ihr nie lernen, wie man ein Stück richtig spielt?! Ich habe in den ersten Jahren (!) Unterricht immer auf die nächste Stunde gewartet, um zu sehen, ob ich das Stück richtig geübt habe. Oft waren dann an einigen Stellen die Tempi falsch...
LG von
Fidi
Hallo allerseits,
ich habe tatsächlich den Lehrerwechsel durchgezogen und möchte mich bei allen herzlich bedanken, die mir dazu geraten haben!
Kurz nachdem ich hier geschrieben habe, habe ich einen großartigen Geigenlehrer gefunden, bei dem ich nun seit Mitte September Unterricht nehme. Ich weiß, das ist auch schon ein Weilchen her, und ehrlich gesagt hat mich erst Fidis Beitrag daran erinnert, ein Update zu geben.
Für mich war es wirklich die beste Entscheidung! Mein neuer Lehrer baut die Technik (vor allem Bogentechnik) nochmal von Grund auf, da sich da während der Zeit bei meiner ersten Lehrerin leider erhebliche Fehler eingeschlichen haben. Und ich meine nicht, dass er sagt, dass sie mir nur Quatsch beigebracht hat und er alles besser weiß. Es geht hier um wirklich fundamentale Fehler, als ich zu ihm kam hat er zum Beispiel gleich bemerkt, dass mein Ellenbogen, egal auf welcher Saite ich spiele, immer so tief ist, wie wenn man auf der E-Saite spielt.
Auch das Thema Schmerzen hat er in Angriff genommen. Er hat meine Körperhaltung korrigiert und mit mir eine andere Schulterstütze ausgesucht, und siehe da, die Schmerzen verschwinden.
Da mein Lehrer an einer Musikschule unterrichtet, habe ich jetzt sogar die Möglichkeit in deren Kammermusikensemble für Erwachsene mitzuspielen, was mir unheimlich Spaß macht.
Um auf den Punkt zu kommen, er erfüllt sozusagen meine komplette "Wunschliste" an einen Geigenlehrer.
Er lässt mich die Stücke interpretieren (das ist mir weiterhin wichtig! :D), macht vor und macht mit, behandelt jede Menge Technik, fragt nach Feedback, passt auf, dass ich mich nicht in meinem Schneckenhäuschen verstecke, ist sehr genau und wirklich passioniert.
Ich wusste gar nicht, WIE viel Freude Musik bereiten kann!
Vielen Dank für eure Hilfe bei dieser wichtigen Entscheidung.
Ich wünsche euch allen noch einen schönen Adventssonntag!
Liebe Grüße, Nadine
Liebe Nadine,
das ist toll! Da hast Du ja eine sehr gute Entscheidung getroffen und offensichtlich richtig Glück mit deinem neuen Lehrer!
Weiterhin viel Spaß mit der Musik :-)
Liebe Grüße, schöne Weihnachtszeit
Sonja
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