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Wieder mit dem Geigespielen anfangen

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Violinhalm Profilseite von , 22.06.2019, 01:04:02
Wieder mit dem Geigespielen anfangen

Hallöchen,
Ich habe mich hier kurzerhand angemeldet, weil ich schon länger mit mir und der Geige hadere. Ich habe in der ersten Klasse angefangen zu spielen, weil meine Eltern das so festgelegt haben. Die Geige als Instrument habe ich mir allerdings selbst herausgesucht.
Dann spielte ich mehrere Jahre lang mit gleichbleibend geringer Motivation (Um genau zu sein nur nach Aufforderung meiner Eltern, weil ich ansonsten einfach keine Lust hatte) Je mehr ich in irgendwelche Orchester geschickt wurde, und je mehr ich üben musste, desto mehr hasste ich das Ding. Ich versuchte immer meine Eltern dazu zu überreden, aufhören zu dürfen, insbesondere dann, wenn ein Geigenwechsel auf die nächstgrößere Größe anstand. Als es dann Zeit für die ganze Geige war, hatte ich zumindestens meine Mutter so weit, dass sie mir zustimmte dass es nur bedingt Sinn macht für ein Schweinegeld eine Geige anzuschaffen, an der ich sowieso keinen Spaß habe. Leider kam dann mein Vater zur Rettung, denn die Geige seines Opas flog noch auf dem Dachboden meiner Großeltern herum. Hier muss man erwähnen, dass mein Vater in einer recht strengen Akademikerfamilie aufgewachsen ist, und obwohl meine Mutter auch ihr Studium abgeschlossen hat und Lehrerin ist, war es meinen Großeltern anscheinend nie so wirklich recht, dass mein Vater als ältester Sohn eine Frau heiratet, die nicht aus "gutem Hause" kommt. Das lässt sich auch heute noch anmerken, deswegen "durfte" ich bei allen möglichen Familienfeiern immer irgendwas vorquietschen, damit die Situation ein bisschen entschärft wird. (Dass die Kinder bei solchen Feiern etwas vorführen ist allerdings tatsächlich nicht ungewöhnlich, ich habe es nur immer gehasst) Nachdem meine Eltern die Geige meines Uropas restaurieren ließen, war der Druck natürlich noch größer, weil das ja "Uropas Geige" ist. Irgendwann sahen meine Eltern dann doch ein, dass der Geigenunterricht ohne Motivation und Übung rausgeschmissenes Geld ist, weswegen ich dann in der achten(?) Klasse endlich aufhören durfte. Die Geige habe ich in den Kasten gepackt und erstmal glücklich vergessen. Jetzt, (ich bin gerade in der elften) habe ich in letzter Zeit viele Covers etc. (Geige natürlich) auf Youtube gesehen, und hätte eigentlich mal wieder Lust was zu spielen und zu sehen was noch geht, und ein paar Stücke einzuüben.

Da gibt es allerdings zwei Probleme:

1.) Ich war nie gut. Im Prinzip habe ich eine halbe Stunde die Woche geübt. Techniken wie Vibrato, dritte Lage und was es alles gibt habe ich nie erklärt bekommen (Vibrato schon: Von meinem Sitznachbar im Orchester á la: Wackel mit dem Finger ;-) ). Das hat ja damals auch irgendwie Sinn gemacht, einem Kind, das eigentlich gar nicht wirklich spielen will, nur die Grundlagen nahezubringen. Bloss merke ich halt, dass die irgendwie jeder drauf hat...

2.) Wenn ich wieder anfange, geht auch der ganze Rest mit der lieben Familie wieder los. Meine Eltern werden das natürlich (egal was ich sage) gegenüber ihren Eltern erwähnen, und dann habe ich zumindestens vier Leute, die mir damit auf die Nerven gehen, ob ich bei einem der Familienfeiern etwas vorspielen kann, dass ich wieder Geigenunterricht nehmen soll etc.

Das Problem ist, dass ich nicht weiß, ob mir das Spielen wirklich Spaß macht, oder ob das nur der "Youtube-Enthusiasmus" ist, und dass ich mich auf keinen Fall binden will wenn ich nächstes Jahr Abi mache etc. Ich kann auch nicht abschätzen, wieviel Übungsausdauer ich hätte usw.

War hier vielleicht jemand mal in einer ähnlichen Situation und kann mir einen Rat geben? ^^

Auf der einen Seite habe ich keine Hassanfälle mehr wenn ich eine Geige sehe, und würde sogar gerne mal wieder spielen, was eine 180° Wende gegenüber meiner vergangenen Einstellung ist. Auf der anderen Seite will ich vermeiden dass ich wieder zu irgendwas gedrängt werde was ich nicht will.

Danke schonmal im Voraus und schönes Wochenende,

Jan

asmahan Profilseite von asmahan, 22.06.2019, 18:48:02

Jan, wenn Du Lust zum Spielen hast, dann quäl Dich um Gottes Willen nicht mit Familienrücksichten bis ins dritte und vierte Glied. Nimm die Geige einfach mal hervor und schau, ob sie sich noch gut spielen lässt; nach einer längeren «Kunstpause» müssen manchmal die Seiten gewechselt und ein paar Kleinigkeiten justiert werden, das Nötigste (Saiten wechseln, Wirbel gängig machen) kannst Du aber wahrscheinlich selbst besorgen, wenn Du so lange gespielt hast.

 

Du wirst bald einmal merken, ob Du Dich mit dem Instrument wohler fühlst als früher, ob Du Lust auf Unterricht hast etc.; je nachdem, wo Du wohnst, findest Du wahrscheinlich auch Lehrer, die nicht (oder nicht ausschliesslich) Richtung Klassik gehen. Ich stelle mir vor, dass Du gegenüber den Eltern jetzt auch genügend sicher auftreten und klar machen kannst, was Du willst.

 

Noch was: Eine länger nicht gespielte Geige schmollt manchmal und muss ein bisschen gespielt werden, bis sie wieder klingt.

Stehgeiger Profilseite von Stehgeiger, 23.06.2019, 13:37:00

Hallo Violinhalm,


danke, daß Du deinen instrumentalen Werdegang mit uns teilst. Bei Deiner Frage nach Leidensgenossen, wird sich schwerlich jemand finden, der exakt das gleiche wie Du durchlitten hat. Dein Ausstieg aus dem Instrumentalunterricht in der 8. Klasse klingt für mich wie ein typischer "pupertärer Durchhänger". Das ist in dieser Lebensphase nichts Ungewöhnliches.
Mehr Gedanken würde ich mir an Deiner Stelle über den Grund der früheren mangelnden Motivation zum Geigenspiel machen. Immerhin hast Du dir das Instrument selbst ausgesucht! Die Violine war und ist offenbar für Dich nicht ohne Reiz. Meine Vermutung ist, daß Du dir selbst nie wirklich darüber Gedanken gemacht hast, was Du mit dem Instrument anfangen möchtest. Wie Du auch andeutest, scheint Dein früherer Lehrer dich auch auch nicht auf die verschiedenen Möglichkeiten aufmerksam gemacht zu haben. Damit meine ich Du solltest herausfinden was Du spielen möchtest, wie Du es ausdrücken möchtest, welche Art von Musik Dich reizt. Möglicherweise bist Du mit youtube auf eine für Dich interessante Spur gesetzt worden die Du jetzt weiterverfolgen willst. Vieleicht gibt es noch mehr solche Spuren?! Kurz gesagt, Du solltest herausfinden was Du spielen möchtest, was genau Dir Spaß macht und was Deinen Ehrgeiz weckt es auch und mindestens genau so gut spielen und ausdrücken zu können. Zusammen mit der Fähigkeit Dir selbst kritisch zuzuhören zu können, kommt die Motivation (zum Üben) von alleine.  
Die ca. 3 Jahre Pause sind in Deinem Alter nicht so gravierend. Hier im Forum gibt es Leute die nach 30 Jahren wieder angefangen haben und heute mehr Spaß daran haben als früher. Mit 16/17 wirst Du dich schnell wieder in die schon einmal gelernten Bewegungen hineinfinden.
Deine Aussage "Techniken wie Vibrato, dritte Lage und was es alles gibt habe ich nie erklärt bekommen." läßt mich wiederum an der Qualität und den Fähigkeiten deines früheren Instrumentallehrers zweifeln. Der hat mehr als 7 Jahre lang mehr schlecht als recht nur Grundlagen mit Dir gemacht? Kein Wunder, daß Dir dabei die Motivation verloren ging. Da Dir also die wichtigen Grundlagen fehlen, bist Du, um Fortschritte zu erzielen, weiter auf einen Lehrer angewiesen. Du solltest Dir diesmal aber zuerst selbst darüber im Klaren sein, was Du erreichen willst. Deinem neuen Lehrer mußt Du diese Ziele so genau wie möglich beschreiben. Dann soll der Lehrer Dir erklären, ob und wie er Dich zu diesen Zielen führen kann. Nur so läßt sich erneuter (gegenseitiger) Frust vermeiden.
Was Dein anderes "großes Problem" mit der von Dir geforderten musikalischen Umrahmung der familiären Teestunde angeht, würde ich sagen, daß Dir der vor dem Abitur vorherrschende Zeit- und Leistungsdruck ein hartes und glaubhaftes Argument liefert um Dich solchem Ansinnen zu entziehen. Verweise darauf, daß Du und dein Musikstück aus Zeitmangel noch nicht aufführungsreif sind. Das kann man Dir dann auch als Ehrgeiz zu Besserem auslegen, und das wäre positiv.
Daß Deine Eltern nicht ohne einen gewissen Stolz dem Rest der Familie über Deine Aktivitäten berichten, würde ich ihnen nicht nachtragen. Sie sind es schließlich die Dir das alles ermöglichen. Und Dein neuerliches Interesse am Instrument ist auch für sie ein Erfolgserlebnis. Andererseits bist Du mittlerweile nicht mehr der kleine Junge, der sich gehorsam in jede für ihn unangenheme Situation drängen läßt. Zeig mal, daß Du innerhalb der Grenzen eines vernünftigen, friedlichen Zusammenlebens deine eigenen begründeten Vorstellungen durchsetzen kannst. Das gilt auch für die Musik und einem neuen Lehrer gegenüber.


 Ich wünsche Dir noch einen wunderschönen Tag

 

Neuester Beitrag derwisch Profilseite von derwisch, 24.06.2019, 14:30:25

Moin Violinhalm!

 

Zu der Sache mit dem Druck aus der Familie kann man wohl wenig sagen.
Mein Eindruck ist der, dass die Geige und die Musik nie so recht "Deines" waren, weil du dich eher genötigt sahst, ich kenne das aus meiner eigenen Jugend ganz gut.
"Das kannst du doch so gut!" und "Du bist doch so musikalisch!" und egal ob ich wollte oder nicht, das verhasste "Spiel doch mal was!" habe ich auch gehasst, obwohl ich gerne Musik (damals auf dem Cello) gemacht habe, mir war aber immer klar, dass ich nicht spielen sollte, weil man Musik hören wollte, sondern weil ich als "talentiert" Leuten präsentiert werden sollte, die an Musik eigentlich null Interesse hatten :-)

Nun heisst das ja nicht umsonst Geige "spielen"...
Vielleicht findest du ja Möglichkeiten, einfach für Dich die Geige auszupacken und ohne jede "Entscheidung" mal wirklich damit herumzuspielen?
So als reinen Ausgleich für den Schulstress... so nur für Dich... und dann experimentierst du einfach mal rum, wie man einen schönen Ton machen kann, was man neben dem Standardrepertoire des Geigenschülers mit einer Geige machen kann..?
Musik machen ist meiner Meinung nach nicht einfach ein Bestandteil der "gutsituierten" Bildung, das sollte man wollen und genießen!
Und wirklich gut Musik machen, egal auf welchem Instrument, kann man nur, wenn man es nicht für die anderen macht, sondern, weil einem das Musikmachen selbst Spaß macht. :-)

 

Just my two pence und ich hoffe, du findest einen Weg, einfach das zu tun, was Dir musikalisch Spaß macht!

 

LG

derwisch

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