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Hallo,
ich habe ein kleines Problem mit meinen neu aufgezogenen Saiten.
Folgendes vielleicht vorweg, weil Ihr mir dann vielleicht besser
einen Rat geben könnt.
Ich selbst würde mich als "fortgeschrittenen Anfänger" bezeichnen.
Spiele zwar schon im 5.-6. Jahr, aber aus Zeitmangel würde ich mich
eher mit einem 3-4 jährigen Spieler vergleichen.
Mit anderen Worten. Ich kann zwar schon einiges spielen, aber
es hapert noch überall, und meine Technik ist auch nicht sauber, ich weiß.
Bzgl. der Saiten hatte ich auf meiner Geige eine Menge ausprobiert und
war dann für längere Zeit bei "Corelli alliance vivace" gelandet.
Gefiehl mir sehr gut, jeder ließ die Haltbarkeit insbes. der A-Saite leider
sehr zu wünschen übrig: regelmäßig nach ca. 3 Monaten kaputt.
Habe mir dann mal die doch recht teuren "Peter Infeld" gegönnt - und es nicht bereut!
Den Satz hatte ich jetzt 14 Monate drauf, bis nun die A-Saite abblätterte.
(Allerdings fingen die Saiten nach etwa einem Jahr an, im Klang nachzulassen.)
Wie die Peter Infeld in den ersten Tagen, als sie ganz neu waren, geklungen hatten,
daran kann ich mich leider nicht mehr erinnern.
Ich habe jetzt also einen neuen Satz von denen aufgezogen - und bin ziemlich frustriert.
Nicht, dass sie nicht klingen - aber es quietscht andauernd. Liegt sicher auch an meiner unvollkommenen
Technik, aber vorher, mit den alten Saiten, war es (so stark) nicht.
Ich hoffe, das verliert sich in den nächsten Tagen.
Was habt Ihr für Erfahrungen?
Nach wieviel Stunden sind Saiten eingespielt?
(Hängt wohl sicher vom Typ ab.)
LG
Warum gerade die A-Saiten schneller defekt sind:
Die meisten A-Saiten sind mit einer Aluminium Umspinnung versehen. Gewicht und Masse des Aluminiums sind für die Tonerzeugung gerade der A-Saite ideal und wird von fast allen Saitenherstellern genutzt Nur reagiert die feine Alu-Umspinnung empfindlich auf Handschweiß. Wer tendenziell also zu feuchten Händen neigt, hat gerade hier eine deutlich höheren Saitenverschleiß.
Allgemeine Klangverschlechterung:
Der andere Punkt der Abnutzung erklärt sich durch den Aufbau der Saite (Außer der E-Saite).
1.) Der Saitenkern innen, bestehend aus Darm oder verschiedenen Kunststofftypen.
2.) Eine Dämpfungsschicht ist zwischen Kern und Umspinnung angebracht.
3.) Die Umspinnung außen besteht z.B aus Aluminium, Chromstahl, Silber oder Wolfram.
Durch häufiges Schwingen der Saite lässt die Dämpfungsschicht im laufe der Zeit etwas nach. Daraus resultieren gewisse klangliche Einbußen. Die Brillanz und der Obertönreichtum lässt nach. Ein Berufsmusiker tauscht deshalb eher die Saiten aus und wartet nicht, bis ein sichtbarer Defekt vorliegt.
Saiten machen also während der Spieldauer eine gewisse Veränderung durch. Dazu gehört auch die Einspielzeit, die vom Saitentyp her unterschiedlich ausfällt. Die Saiten brauchen auch etwas Zeit, um ihre endgültige Dehnfähigkeit erreicht zu haben. Bei Kunststoffsaiten 1-2 Tage, Darmsaiten etwa doppelt so lange.D.h. die Saite verstimmt sich.
Dass die neuen Saiten nach einem Wechsel gegenüber den alten "quietschen", kann unter Umständen auch andere Gründe haben. Hat sich beim Saitenwechsel möglicherweise die Stegposition etwas verändert ?
Hallo digait,
zu den von Herrn Geigenbaumeister Adam angesprochenen Aspekten zur Saitenalterung möchte ich noch folgendes ergänzen:
Eine wichtige Mitursache für die Alterung von Saiten sind Anlagerungen zwischen und unter der Umspinnung der Saiten.
Im Folgenden beziehe ich mich auf Aussagen aus Manfred Zöllner, "Physik der Elektrogitarre", Kapitel "7.7 Dämpfung der Saitenschwingung" wo verschiedenen Einflüsse auf die Abklingzeiten von Gitarrensaiten detailiert untersucht werden.
"...
Und dann darf nicht vergessen werden, dass die bisher dargestellten Abklinzeiten alle an fabrikneuen Saiten gemessen wurden - schon wenige Minuten mehr oder weniger virtuoses Spiel sorgt bei den umsponnenen Saiten für Haut- und Fettablagerungen, wodurch die Abklingdauer ganz erheblich abnimmt,
..."
(zitiert aus Manfred Zöllner, "Physik der Elektrogitarre", Abschnitt 7.7.4.4)
Beim Spielen wird die Saite gegen das Griffbrett gedrückt und mit virtuosem Vibrato darauf hin- und herbewegt. Gerade die mit weichen Aluminiumlegierungen umsponnenen Saiten hinterlassen an den häufig gegriffenen Stellen auf dem Griffbrett einen "silbrigen Schleier". Dieser "Schleier" besteht aus abgeriebenem Metall des Umspinnungsmaterials der Saite. Betrachtet man die Umspinnung der Saite an diesen Stellen mit einer starken Lupe oder unter einem Mikroskop, erkennt man, daß die dem Griffbrett gegenüberliegende Stelle der Saite deutlich abgeflacht, ein Teil der Umspinnung also auf das Griffbrett abgerieben ist.
Diese abgeriebenen Stellen bilden im Vergleich zu einer neunen, gleichmäßig aufgebauten Saite eine Unstetigkeit im Saitenaufbau. Jede dieser Unstetigkeiten beeinträchtigt die Ausbreitung der durch das Anstreichen der Saite erzeugten Wellen entlang der Saite.
Jede Veränderung der Umspinnung
"...
ist eine Unstetigkeit, eine lokale Veränderung des Wellenwiderstandes, die zu unerwünschten Reflexionen, Teiltonverstimmung und Schwingungsdämpfung führt. Die gravierenste Ursache für Änderung der Saitenparameter ist aber die Anlagerung von Haut, Fett und Staubresten, insbesondere, wenn dies zwischen den Lagen der Umspinnung passiert. Diese Anlagerungen sind effiziente Absorber, die der Saite weit mehr Schwingungsenergie entziehen können als alle bisher vorgestellten Absorbtionsprozesse.
...
Gegenüber einer neuen (Gitarren- (Anm. d. Verfassers)) A-Saite ist die Abklingzeit auf das 0,2 - 0,5 fache zurückgegangen, vorallem die Höhen fallen wesentlich schneller ab.
..."
(zitiert aus Manfred Zöllner, "Physik der Elektrogitarre", Abschnitt 7.7.6 Alte Saiten)
Im Vergleich zu seinen 14 Monate alten Saiten hat digait nach der Neubesaitung seines Instruments plötzlich signifikant mehr Höhenanteile im Klang. Je nach Hörgewohnheit mag man das zunächst durchaus als "quietschig" empfinden.
Die oben angesprochenen Anlagerungen sind ein Grund warum vorallem E-Bassisten ihre Saiten nach einer gewissen Zeit in Wasser auskochen. Dabei löst sich ein Teil der oben angesprochenen Anlagerungen wieder aus der Umspinnung. Eine Klangverbesserung ist nach dieser Prozedur deutlich wahrnehmbar. Die Lebensdauer der Saiten läßt sich so um einige Wochen verlängern.
Es sind auch diese Anlagerungen die bis ins Interface (der von Herrn Geigenbaumeister Adam angsprochenen Dämpfungsschicht) vordringen und die oben angesprochenen Veränderungen dieser Schicht mit verursachen.
Es zahlt sich also aus seine Saiten regelmäßig und sorgfältig mit einem Lösungsmittel zu reinigen welches die Fett- und Staubanteile (Kolophonium) aus der Umspinnung herauslöst. Natürlich immer nur unter Anwendung aller Vorsichtsmaßnahmen zum Schutz des empfindlichen Violinlacks. Gelegentlich kann man einzelne Saiten zur gründlichen Durchführung dieser Reinigungsprozedur auch abnehmen.
Ich wünsche Dir und allen Mitlesern einen schönen Tag!
Ergänzung:
Passend zu den hier diskutierten Themen "Saitenverschleiß" und "Saitenpflege" bin ich kürzlich auf die beiden folgenden Links aufmerksam geworden. Sie verweisen auf Beiträge des Saitenherstellers Warchal. Dort werden diese beiden Themen grundlegend und ausführlich diskutiert.
Im Gegensatz zu der von Warchal experimentell angewandten oberflächlichen Reinigung mit Alkohol verstehe ich unter einer sorgfältigen, gründlichen Reinigung mit einem Lösungsmittel einen Waschvorgang mit reichlich Lösungsmittel um den Schmutz nicht nur anzulösen (wonach der angelöste Schmutz durch den Kapillareffekt in die Umspinnung gesaugt wird), sondern den auflösten Schmutz schnell und stark zu verdünnen und ihn so grö0tenteils von der Saite wegzuführen.
Hier die beiden Links:
https://shop.warchal.com/blogs/the-lifespan-of-strings-wear-and-corrosion
und
https://shop.warchal.com/blogs/what-s-the-best-way-to-care-for-our-strings
Und noch eine kritische Betrachtung der Saitenreinigung mit Flaschenkorken:
https://shop.warchal.com/blogs/cleaning-strings-using-cork
Ich wünsche allen einen schönen Tag!
@!!Geige
Ganz herzlichen Dank für die ausführliche Erläuterung zur A-Seite!
Ich bin nun kein Berufsmusiker und, nun ja, dass ich die Saiten bis zum mechanischen Defekt
drauf lasse, hat was zwischen "Daumen und Zeigefinger" zu tun.
Aber da die A-Saite immer der Schwachpunkt ist: Ist es vielleicht ein Kompromiss,
diese - und nur diese - dann früher zu wechseln und die anderen noch drauf zu lassen?
Wie sich eine neue A-Saite klanglich zwischen die anderen alten Saiten einfügt,
dazu kann ich nichts sagen, keine Erfahrung, denn ich hatte bisher immer den ganzen Satz gewechselt,
- weil mir das geraten wurde.
Echt - Du wechselst immer den ganzen Satz? Das ist eigentlich nicht notwendig. Ich wechsel immer nur die Saite, die eben gewechselt werden muss. Es wäre ja schade um die Saiten, die noch ok sind, wenn man diese auch wechselt. Natürlich sollten die Saiten zusammen passen, wenn man sich mischen sollte. Ich verwende auf einer Geige z. B. die Violino, habe jetzt auch mal zur Probe eine Larsen A-Saite aufgezogen, da die A-Saite auch bei mir etwas schwierig ist, was aber auch an der Geige liegt (sehr kerniger und starker Klang). Generell lässt sie sich jetzt leichter spielen und klingt ausgewogener, passt dafür aber nicht mehr ganz so gut zu den anderen Saiten ;-) Lange Rede, kurzer Sinn: Man muss nicht den ganzen Satz wechseln, sondern kann durchaus nur einzelne Saiten austauschen und damit experimentieren.
Quietschen passiert, wenn der Bogen die Saite nicht richtig greift. Wenn Saiten eine Weile gespielt wurden, bildet sich auf ihnen eine Kolophonium schicht, die sie griffiger macht, von daher könnte die alte Saite aus diesem Grund 'quietschfester' gewesen sein als die neue. Was auch denkbar wäre, ist, dass das Saitenmaterial im Lauf der Zeit so verändert hat, so dass das A mit weniger Spannung gehalten wird, als bei der neuen Saite. Auch das würde dazu führen, dass die neue Saite eher zum Quietschen neigt als die alte. Wenn ich damit richtig liege, könnte es helfen, in den nächsten Wochen etwas mehr Kolophonium als sonst zu verwenden.
Saiten verschleißen zwar unterschiedlich schnell, aber auch gänzlich unabhängig voneinander. Wenn eine A-Saite runter ist - und ich meine richtig runter, nicht Profis, die Saitengeld bekommen und immer den idealen Klang liefern müssen runter - sind die anderen auch nicht mehr allzuweit vom Ende ihrer Lebensdauer entfernt.
Ob man nur die A-Saite wechseln und die anderen drauflassen kann, hängt davon ab, wie sehr die Saiten sich im Verlauf ihrer Lebenszeit klanglich verändern. Je stärker sie sich verändern, desto sinnvoller ist es, den ganzen Satz zu tauschen. Denn dann kann, wenn man eine niegelnagelneu A-Saite mit "gehen gerade so noch" G- und D-Saiten kombiniert, kann die Satzharmonie zum Erwin gehen, selbst wenn es das selbe Fabrikat ist.
Ich bin auch so ein "ich lasse Saiten drauf, bis sie komplett abgekackt sind"-Typ, und bisher war es eigentlich immer so, dass G und D der A-Saite innerhalb weniger Wochen, maximal eines Monats in die ewige Philharmonie gefolgt sind - außer natürlich, eine vom Klang her noch gute Saite ist aus irgendwelchen Gründen gerissen. Ich könnte mir allerdings vorstellen, dass das anders aussieht, wenn man Saiten mit unterschiedlichen Umwicklungsmaterialien auf dem Instrument hat. Wenn z.B. die Umwicklung der A-Saite aus Aluminium ist und die von G und D aus korrosionsbeständigerem Silber, könnte das - gerade wenn man die Saiten wirklich bis zum geht nicht mehr spielt - durchaus Auswirkung auf die Lebensdauer haben.
Langer Rede kurzer Sinn: Es gibt da keine "one size fits all" Lösungen
Meine A-Saite quietschte auch (Evah Pirazzi) nach einem Saitenwechsel. Als sie eingespielt war, quietschte sie auch nicht mehr. Wenn das Problem bleibt, würde ich zum Geigenbauer gehen. Der kann ja dann schauen woran es liegt.
Meine A-Saite, auch Evah Pirazzi , hat angefangen auf der leeren Saite ganz komisch zu klingen, nicht richtig anzusprechen. Dann habe ich neue Saien aufgezogen und die neue A-Saite hat dann leider genau da weitergemacht, wo die andere aufgehört hat. Ich finde keine Ursache dafür, vor allem ist es nicht immer so... kann das auch mit dem kolophonium zu tun haben ? Ich habe das Larica Gold.
Hallo Linde,
Evah Pirazzis haben eine hohe Spannung. Möglicherweise hat sich die A-Saite deshalb in die Stegkerbe eingearbeitet und kann nun an dieser Stelle nicht mehr frei schwingen? Das führt zu solchen klanglichen Effekten wie Du sie beschreibst. Leg etwas zwischen Steg und Saite und probiere, ob sich der Klang und die Ansprache wieder verbessern.
Ich wünsche Dir und allen Mitlesern einen schönen Tag!
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