Spielen bei Kälte < | Violine spielen oder fiedeln | > Geigenbauer in der Nähe Stralsund/Greifswald |
Auf diese Beiträge antworten | Zurück zur Liste | Zum neuesten Beitrag springen
Hallo!
Wo liegt denn technisch gesehen genau der Unterschied? Geht das klassische Violine spielen fließend ins Fiedeln über, je nachdem worauf man Lust hat oder muss man sich da auch etwas umstellen?
Was spielt ihr denn so für Stile?
Ich persönlich spiele zur Zeit viele Stücke aus der Renaissance und über gerade ein Stück von Telemann. Mein Geigenlehrer spielt den Klavierpart und ein Freund das Cello. Aber alles recht langsam. Beim Fiedeln von irischer Pubmusik ist mir aufgefallen, dass zwar die Notation recht einfach ist, aber die Interpretation extrem schwer. Kennt ihr das auch? Geschwindigkeit und Rythmus und zugleich auch die eigenwilligen Bogentechniken beim Folk machen wir das Leben mehr zur Hölle als langsame klassische Musik mit viel Vibtrato usw.
Was meint ihr? Grüße!
Hallo mal wieder, Dowina.
Ich denke, dass liegt sehr stark an der Grundmentalität. Um Celtic - Musik (Folk, Fiddle bzw. Irische Stilrichtung) gut spielen zu können, ist ein gewisses Maß an Teperament und Rythmusgefühl unbedingt notwendig. Das (zumindestens mit dem Temperament) liegt nicht jedem. Der wäre sicherlich in der klassischen Musik besser aufgehoben. Bedenke auch, dass Irish Fiddler im Ursprungsland ihre Musik oftmals mit der Muttermilch aufsaugen und ein völlig anderes Selbstverständnis zu ihr haben. Dennoch denke ich, dass auch du und ich und andere Ambitionierte diese Musik durchaus spielen können - nur uns fällt es eben sehr viel schwerer, dort hinein zu finden, wie du ja schreibst. Aber mit ein wenig Übung und guter Literatur kann das sicher gelingen - hauptsache ist, das es Spaß bereitet und nur darauf kommt es an. Habe es auch schon gespielt. Die vielen "trillerartigen" Verzierungen (weiss gar nicht, wie diese genannt werden) zu spielen, ist schon recht ungwohnt. Ansonsten spiele ich auch mehr klassisch.
LG
hallo fiedelmax,
schön, dass ich da nicht allein bin und es anderen ähnlich geht. oft ist es frustrierend, wenn ich mich im alleingang an ein stück übe und dann bei der nächsten unterrichtsstunde mein geigenlehrer mich auf den boden zurückholt. diese irische fiedelmusik überfordert mich oft maßlos. am meisten bemängelt mein lehrer den rythmus und die bogentechnik; im speziellen, wenn man den bogen auf zug spannt und schnalzen lässt (weiß jetzt nicht genau, wie die technik heißt). ungewohnt schwer wird es auch rythmisch , wenn man immer 4 noten auf einen zug spielt und die erste immer stark betont.
zur zeit üben mein geigenlehrer und ich diesen reel, solange bis ich aus dem takt komme und er alleine am banjo weiterspielt :-)
fiedelmax, wenn dir irish folk auch zusagt, sieh dir einmal, falls du ihn ohnehin nicht schon kennst, martin hayes an. der spielt in der fiedler-oberliga :-)
Hi Dowina,
cool über den Tellerrand der Klassik zu schauen und willkommen im Club derer, die mit ihrer „klassischen“ Technik“ in anderen Musikstilen schnell an ihr Limit stoßen. Das ist vollkommen normal und richtig so. Wie auch im Country und im Jazz wird bei der Irish Fiddle viel intensiver mit dem Rhythmus gearbeitet als allgemein in der Klassik. Betonung und die Art wie man mit dem Beat umgeht werden Phrasierung genannt, und die ist für Irish Fiddle glücklicherweise überschaubar: auf oder vor dem Beat, niemals laid back. Falls Du jetzt verwirrt guckst – auch normal. Es dauert recht lange bis man herausfindet, dass Groove und Swing entstehen, wenn man sehr bewusst im Mikrotiming mit dem Beat spielt.
Falls das was Du dort mit dem Geigenlehrer anpackst voll ausnotiert auf dem Blatt steht, dann warne ich vor einer Sackgasse. In der Regel notieren die Iren nur das Grundgerüst der Melodie, diese wird dann individuell mit „Rolls“ und „Slurrs“ verziert, ornamentiert. Es geht nicht um einen Idealklang, es geht um Deine eigene Art mit der Musik umzugehen und sie Dir zu erobern. Mach Dich innerlich ganz locker und falls es hilft – trink vorweg ein paar Guiness (OK, hilft nicht wirklich, manchen schmeckts aber gut). Auch wenn Du bisher viel mit Noten gespielt hast – vielleicht ist dies der Moment, mal etwas „audieller“ an die Musik zu gehen, sich im Netz einen feinen Song herauszusuchen, zu dem es auch einen „Backingtrack“ ohne Geige gibt. Und dann nach Gehör mitspielen, das ist für diese Musik wirklich wichtig. Lerne verschiedene „Rolls“ und übe sie und Slurrs extrem langsam und sauber zu spielen. Geh das alles gleichermaßen entspannt wie pedantisch an, die Geschwindigkeit kommt später von ganz allein. Es ist gar nicht so wichtig WAS Du spielst, die Art WIE du es fiddlest ist viel wichtiger. Falls Dich bestimmte Bogentechniken und Stricharten „rauswerfen“ – isoliere sie und übe sie einzeln und langsam. Braucht viel Disziplin, weil es im ersten Moment langweilig wirkt. Ist aber der schnellste Weg.
Und da Du gefragt hast: ich spiele häufiger Countryfiddle obwohl ich diese Musik nur mag, wenn ich sie selber mit mache. Und ich suche meinen Weg in die Welt der Jazzgeige, der im Moment so aussieht, dass ich zur Überzeugung gekommen bin, dass ich in Bezug auf Rhythmus und Phrasierung noch mal ganz von vorne anfangen musste (das war im März), seitdem arbeite ich mit einfachsten Etüden an rhythmischen Basics auf der Suche nach dem Swing. Und es macht richtig, richtig Spaß, wenn es plötzlich gelingt, das ganze Zeugs mal genau auf den Punkt zu bringen und nicht irgendwie alles zu vergeigen: Irish Fiddle hat auf meine musikalische Entwicklung viel Einfluss gehabt, dennoch habe ich mich nie ernsthaft an diesem Stil versucht, war einfach bisher keine Gelegenheit. Lust hätte ich darauf aber ohne Ende.
Ach eins noch: Violine, Geige oder Fiddle aber niemals „Fiedel“!!!
https://www.youtube.com/results?search_query=fiddle+lesson+rolls
LG Fiddletroll
Nur kurz an Fiddlertroll, da der letzte Satz sicherlich meiner Wenigkeit angedacht war. Es gibt ein Übungswerk, das diesen Namen trägt (und genau so geschrieben wird), an dem sich der Name anlehnt.
LG
Hallo Dowina,
das Stück was du da übst, ist aber doch schon `ne Hausnummer. Wenn du das mal fehlerfrei spielen können wirst, dann meinen Respekt. Die Musik von Martin Hayes ist toll. Aber schau mal, wie der sein linkes Handgelenk einknickt. Der krasse Gegensatz zu dem, was im Geigenunterricht gefordert wird. Jeder Geigenlehrer hier schlägt wahrschl. die Hände über den Kopf. Wobei die Bogenhaltung - gegenüber der sonst üblichen Fiddlerhaltung - doch eher normal zu sein scheint. Danke für deine Links.
LG
@Fiedelmax: Namen kann man sich ja nicht aussuchen, war eigentlich auch gar nicht an Dich gerichtet.
Es ist einfach so eine Grundsatzfrage in der Wortwahl: mit "fiedeln" assoziere ich eine Herabsetzung des Instruments und dazu gibt es nur einen einzigen brauchbaren Grund: Selbstironie.
Fiddle ist nicht leichter und nicht schwerer als "Klassik", es ist eben eine deutlich andere Spielweise. Wer im Orchester eine falsche Handgelenkstellung spielt, der setzt sich potentiell Kritik aus. Wer das Gleiche auf der Fiddle macht, erntet maximal ein "who cares", eher jedoch ein "now I see what makes this great sound".
Auf den Hinweis von @Fidelmax auf ein Übungswerk mit diesem Namen, habe ich meine Bibliothek durchgeschaut. Ich fand dort "Das große Fiddlebuch" von Michael Thaut sowie "Lieder und Tänze" von Fiedelmichel. War da wohl das Erstgenannte gemeint? Oder eine weiteres Werk?
Das große Fiddelbuch ist geeignet für den Einstig in die Folkmusik, wobei Michael Thaut Stücke aus vielen Regionen vorstellt. Allerdings fehlen mir aus heutiger Sicht doch einige. Shetland zum Beispiel. Und ganz Süd- und Südost-Europa. Aber dennoch. Das Buch war mir sehr hilfreich. Und die fehlenden Regionen habe ich auch auf andere Weise kennengelernt.
An der Diskussion ob "Violine spielen" oder "Fiedeln" möchte ich mich nicht beteiligen. Ich verwende beide Begriffe. Ich spiele Geige in einer Musikgruppe in der Lüneburger Heide. Die althergebrachte Musik wird heute nur noch in Trachtengruppe getanzt. Dabei ist sie schwung- und temperamentvoll. Die Musiker früher haben alle nach einer guten musikalischen Ausbildung an ihrem Instrument gestrebt. Und die Musik ist auch anspruchsvoll. Bis zu 5. Lage. Und dann noch ein ordentliches Tempo. Es wird ja dazu getanzt. Auch zu irischer Musik wird getanzt. Jedenfalls war das früher der erste Zweck der Musik, dass man nach ihr tanzte. Das Hören kam dann später mehr in den Vordergrund. Es ist auch egal. Alles entwickelt sich. Und ohne diese Entwicklung wäre manches schon nicht mehr am Leben.
Es ist für Jeden, der klassisch musiziert, eine gute Übung, mal einen Abstecher in den Folk zu machen. Man lernt immer etwas. Und man wird viel lockerer. Und es macht Spass. Gefiedelt oder auf der Violine gespielt.
Peter
Hallo und Danke für die Tipps, Meinungen und Ansichten. Stehe auch voll dahinter. Dass ich den Threadtitel so genannt habe, war bewusst. Ich persönlich sehe auch gar keine Trennung. Für mich ist das alles Geige spielen. Dafür hätte mich Mozart jetzt wohl zurecht gewiesen, der ja bekanntlich meinte, dass es heißt Violine spielen und nicht Geige :-)
@ Fiddletroll: Dass mit der rein nach Notierung spielen, habe ich schon in der Praxis erfahren. Mein Geigenlehrer übt mit mir klarerweise einmal streng das Grundgerüst, aber manchmal verliert er sich und verziert Stücke, die nicht mehr von dieser Welt sind. Ich freue mich immer, wenn er mal richtig loslegt, denn dann habe ich immer ein Privatkonzert. Mein Geigenlehrer hat zwar je einen Master in klassischer Violine und klassischer Gitarre, ist aber Jazzgeiger und Solist und dementsprechend vertraue ich ihm, was Folkmusik betrifft. Sehe es auch sowie Hainholzer. Althergebrachte Musik ist in jedem Fall anspruchsvoll und noch lange im Barock wurden Themen nie gleich gespielt, sondern immer wieder neu verziert, improvisiert. Gerade Bach ist ein bekanntes Beispiel dafür und viele andere bedeutende Komponisten sind ebenso gute Beispiele dafür. Ich bevorzuge auch sehr die Musik der Renaissance. In der Renaissance war es ganz normal, dass bei jeder neuen Aufführung, ein Musikstück neu verziert wurde. Jazz ist nichts Neues, sondern war immer schon da.
@ Fiedelmax: Danke, aber ich brauche noch etwas Zeit, um das Thema im Video zu erreichen. Langsam geht es schon fehlerfrei. Ich habe das Grundgerüst für euch abfotografiert und hier hochgeladen. Ihr könnt sehen, dass es sehr einfach notiert ist. Den 4. Finger braucht man eigentlich gar nicht. Der 1. Finger setzt zugleich auf D- und A-Saite, der Rest wird klar sein. :-)
Das Foto wurde von mir selbst gemacht. Abfotografiert aus: Das große Fiddelbuch, von Michael Thaut.
https://www.youtube.com/watch?v=MWPJmMsazF4&list=PL60_YhX9nKQRmD7SDImA94QAFIOvmsy7Z
@hainholzer: Zum Thema Fiedel Max. Klick mal auf obigen Link. Ich hoffe es funktioniert.
LG
Danke, der Link klappt! :-) Das sind nette Hefte. Da macht das Anfangen Spaß. Ich habe noch nach Doflein gelernt. So etwas wie Fiedel Max gab es damals nicht.
Einstieg in die Folkmusik, speziell irische, geht aber auch anders, als über Notenhefte. In Hamburg existiert eine Learnersession. Dort lernt mal alle 14 Tage einen neuen Tune nach Gehör. Wenn man dann schon mehr kann, nimmt man an der Slow-Session teil, wo die gelernten Tunes in gemäßigtem Tempo gespielt werden. Alles ohne Noten. Hier ist der Link: http://www.learner-session.de/ Leider weiß ich von solchen Einrichtungen, die sich an Anfänger richten, nur in Hamburg, Kiel und Rostock.
Gruß Peter
Eine wunderschöne Melodie und wieder recht einfach, aber es macht soviel Spaß sie zu verzieren und mit der Intonation zu spielen. An und zu ein Vibrato da, dann ein Triller dort und zwischendurch ein paar Töne einbauen usw. Die zweite Interpretation finde ich persönlich interessanter.
https://www.youtube.com/watch?v=HFn4RxqKniA
https://www.youtube.com/watch?v=MlFc16vp0f0
Der Pachelbel Canon als Irish Dance Tune :-)
Hallo,
ich habe mir letztens die ganze DVD dazu gekauft und bin schwersten begeistert. Die drei Streicher sind absolut genial. Die DVD ist ein Muss für Jeden, der einmal die Geige / Viola / Cello / Kontrabass auch als Rythmusinstrument verwenden möchte und Klänge zaubern möchte, die man nie erwartet hätte. Die drei sind obendrein echte Virtuosen, die technisch unfassbar sind. Die DVD gibt es im Onlinehandel und kostet um die 20 Euro. Der Titel heißt Chops and Grooves mit Darol Anger (Fiddle), Casey Driessen (Fiddle) und unfassbar genial Rushad Eggleston (Cello).
https://www.youtube.com/watch?v=jek-sbXVtRY
Viel Spaß!
Hier noch ein nettes Rythmusvideo von diesem verrückt-genialen Cellisten. Die Übung gilt natürlich auch für die Geige :-)
Hui ja der Darol Anger - der ist unfassbar gut, hat einige Jahre das Turtle Island String Quartett geprägt, wobei David Balakrishnan und Tracy Silverman natürlich im Zuge des Namedropping ebenfalls genannt sein wollen.
Das "Chopping" ist aber eine saugeile Technik, leider erheblich schwerer als es so wirkt im Video, hat man aber den Bogen raus auch das Timing fachgerecht zu erledigen, dann eröffnet das echt neue Wege beim Supporten und nette Effekt für das Solo.
Darol Anger ist übrigens Autodidakt, hat die die Bluegrass-Ecke zum Jazz verlassen und ist auch fit genug in der Klassik klarzukommen. Wer Lust hat bei ihm Unterricht zu nehmen - er macht das sogar per Video (ob das jetzt wirklich sooo toll ist weis ich nicht) und was Jazzgeige angeht - da gehört er zur absoluten Spitze.
Spielen bei Kälte < | Zurück zur Liste | > Geigenbauer in der Nähe Stralsund/Greifswald |
Nur angemeldete Benutzer dürfen Beiträge schreiben. Log In
Diese User sind gerade online: