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Seit längerer Zeit wollte ich mir eine neue, sprich zusätzliche, Geige gönnen.
Insbesondere, weil ich auch hier vorher viel gelesen habe, stelle ich hier jetzt mal meine Erfahrungen rein, die etwas von vielen anderen Berichten abzuweichen scheinen.
Vorgeschichte: Ich habe eine Schuster-Geige, die ich sehr mag, und die mal meiner Geigenlehrerin für 800 € abgekauft hatte (meine Lehrerin hatte wohl so etwas wie einen Geigenhandel mit günstigen Gebrauchtinstrumenten im Nebenerwerb. Ich war nicht die einzige Schülerin, die so eine Geige von ihr gekauft hat.)
Wenn man hier im Forum liest, ist alles unter 1000 € immer irgendwie "mäßig".
Ich hatte mein Budget ursprünglich bei 2000 € gesetzt und googelte dann mal "Geigen für 2000 €". Hier im Forum fand ich auch Beitrge, die sich so anhörten, als ob es quasi keinen Unterschied zwischen 500 und 2000 € gäbe, alles unter 5000 bis 10.000 € sei irgendwie zu wenig für "eine gute Geige". Daher setzte ich mein Budget auf max. 2300 € und teilte das so auch der Geigenbauerin mit.
Meine Schustergeige nahm ich zum Vergleich mit. Diese klang ursünglich mal sehr warm und dunkel, nach einer Reparatur etwas kräftiger und nicht mehr ganz so dunkel.
Ich war mir unsicher, ob ich eine noch dunklere oder eine ausgeglichene Geige wollte und ob ich überhaupt eine kaufen würde (hätte ja auch sein können, das ich nicht das Gewünschte finde) und teilte das so auch der Geigenbauern mit.
Ich habe dann bestimmt 10 verschiedene Instrumente ausprobiert, die sehr unterschiedlich klangen. Erst mal alle deutlich lauter und "kräftiger" als meine Geige. Das hätte ich zwar auch interessant gefunden, als Kontrast - ich spiele zur Zeit und vermutlich die nächsten Jahre nur für mich und wechsele dabei gern mal die Geige, um einen anderen Blick auf das Stück zu bekommen, wenn es dann halt anders klingt - verbucht es unter "Eigenheiten von Nerds" - aber mir fehlte irgendwie das Weiche und ich fürchtete auch, auf diesen Geigen kein pp hinzubekommen bzw. die Nachbarn vor der Tür stehen zu haben. Teilweise klangen sie auch etwas "rau" für mich.
Am Ende blieben 2 Instrumente übrig, die ich am Montag zum Testen mitnehmen werde. Beide waren etwas leiser als die Konkurrenz, etwas dunkler - eine sehr, die andere weniger - eine sah aus, als hätte man sie schon mal ein paar Wochen durch die Steppe gezogen.
Jetzt kommt's: Während des gesamten Probespiels hatte ich nicht nach dem Preis gefragt und die Geigen trugen auch kein Preisschild. Ich habe dann gefragt, was diese beiden denn kosten würden, und fürchtete schon, jetzt käme ein Preis über meinem Budget. Beide kosten 1500 €.
Daraufhin sprach ich meine Internetrecherche an und wurde belehrt, dass man nicht unbedingt bei höherem Preis bessere Geigen/klänge finden würde, weil sich der Preis an diversen Dingen orientiert, die nicht nur den Klang betrffen/ beeinflussen. Mir wurde gesagt, dass ich während des Probespiels auch "deutlich teurere" Geigen gespielt (und verworfen) hatte. Nach deren Preis habe ich nun nicht gefragt. Was mir auffiel, war bei einigen die "brilliante" und sehr laute, für mich "zu hohe" und "durchdringende" E-Saite. Diese Instrumente habe ich immer sofort weggelegt.
Dies nur mal als Ermutigung für viele, die wohl denken, dass der Gang zum Geigenbauer immer mit mehr Kosten als veranschlagt verbunden ist und dass man für "wenig" Geld keine "guten" Geigen bekommt, wobei beides ja recht subjektive Begriffe sind.
Trotz allem bin ich immer noch begeistert von meiner 800-€-"Sachsengeige", die bei dem Probespiel Eigeschaften zeigte - Wärme, Tiefe, geringere Lautstärke, was ich jetzt mal nicht als Nachteil sehe - die keine der anderen gestesten Geigen aufwies in dieser Form.
Mir tut es immer in der Seele weh, wenn ich hier lese "ich habe nur eine ...€-Geige", so, als ob man sich schämen müsse, wenn man nicht seinen Jahresurlaub mehrerer Jahre für die Geige ausgegeben hat. Am Hobby soll man sich doch erfreuen und es sich nicht schlechtreden. Auch diese Formulierung "es ist/ wird keine Stradivari" irritiert mich immer. Ist das ein geflügeltes Wort unter Hobbygeigern? Für mich klingt das immer so, als hätte man gerade sein Traumauto zum erschwinglichen Preis gefunden und würde sich immer entschuldigen, dass man keinen Lamborghini fährt. Das tun ja nun die anderen auch nicht.
Vielleicht sollte man einfach mal mit Stolz (nicht Arroganz...) und Begeisterung zu seinem Instrument stehen, das man mag/ liebt, egal, wie teuer es war und wie viel teurer andere Instrumente sind.
Ich werde mal nächste Woche Bilder der beiden Instrumente posten, eines sieht eher nichtssagend aus, das andere könnte man rein optisch mMn problemlos zum Sperrmüll stellen und die würden das mitnehmen , es klingt aber super edel, irgendwie zwischen rau (G-Saite) und tief/ weich. Auch, wenn sich das nach Wiederspruch anhört. Vielleicht ist "rau" für mich nur "voluminös".
LG von
Fidi
Jetzt wird es schwierig!
Ich würde eigentlich gern beide Geigen behalten! Jede ist auf ihre Art interessant, aber die Arten sind total gegensätzlich. Auf der Helleren kann ich sehr leicht spielen, sie ist etwas leiser, ohne direkt leise zu sein, klingt "wie Honig", etwas sanfter, etwas dunkel/ warm.
Die andere "hat Charakter", ist sehr raumgreifend, voll, nicht ganz so sanft, "individueller" als die erste. Ich spüre etwas mehr Widerstand beim Streichen, eventuell ist das aber auch Einbildung. Sie ist zudem etwas größer (passt nicht in einen normalen Geigenkasten, ist dafür ein paar mm zu groß).
Montag dachte ich, es wird auf jeden Fall die zweite, heute, es wird auf jeden Fall die erste.
Wie entscheidet man sich da jetzt?
Bis Sonntagabend habe ich noch Zeit!
LG von
Fidi
Meine eigene Schustergeige ganz links, eine Geige von Schneider aus Bremen 1934 und eine Geige unbekannten Alters von Paesold, glaube ich. Die Paesold ist die "Honiggeige".
Das ist die Paesold.
PS
Ich tendiere zur Zeit eher zu der roten Geige. Die ist aber etwas zu breit für normale Geigenkästen. Ich habe sie in einem Koffer ohne "Polsterung" mitbekommen. Würde man dann für so eine Geige einen gepolsterten Bratschenkasten nehmen oder die "lose" im Kasten ohne Polsterung transportieren?
Hallo Fidi,
ich habe dieses Prozedere der Entscheidung auch erlebt.
Sehr viel geholfen hat mir, dass ich beide Geigen von jemandem spielen liess und von aussen gehört habe, wie sie klingt.
Ich hatte das Glück, dass meine Favortitin meinen gewünschten wärmeren Klang hat, leichter zu spielen war und die Masse hatte, die mir besser entsprachen.
Meine Tochter spielte ein Schülerinstrument von Paesold mit einem wunderschönen satten und warmen Klang. Die habe ich mir sogar ab und zu ausgeliehen, wenn meine Geige beim Geigenbauer war.
Übrigens könntest du den Klang mit einem andern Bogen, andern Saiten verändern oder anpassen...da würde dir der Geigenbauer sicher helfen, mit dir eine optimale Lösung zu finden.
Ich wünsche dir eine gute Entscheidung!
Grüsse aus dem Süden
Da Du von beiden Geigen nicht restlos überzeugt scheinst, würde sich eine Überlegung vielleicht doch noch lohnen: Sind die Instrumente, die Du in der Auswahl hast, wirklich spürbar besser als Deine jetzige Geige (die Du offensichtlich magst), so dass sich der Kauf rechnet, und kannst Du Dir vorstellen, die neue Geige dann auch längere Zeit ohne leise Unzufriedenheit zu spielen? Du hast ja beim Durchspielen der grossen Auswahl gesehen, dass es nicht unbedingt aufs Preisschild ankommt, sondern vor allem darauf, dass einem das Instrument klanglich und spieltechnisch zusagt.
Alles Gute
asmahan
Hallo Fidi,
zwei Aspekte füge ich den oben gemachten Ratschlägen hinzu:
1.) "gute Instrumente" und damit meine ich solche mit einem guten Klang und guter Spielbarkeit sind beliebt und daher gesucht. Deshalb gehen sie oftmals durch viele Hände und können daher nach einigen Jahrzehnten äußerlich deutliche Spuren der zurückliegenden intensiven Nutzung aufweisen.
Nach Deiner Beschreibung könnte dies auf das Instrument dessen äußeres Erscheinungsbild Du als "durch die Steppe gezogen" beschrieben hast zutreffen, denn Du beschreibst das Instrument klanglich als "raumgreifender", "rauher" und forscher. Dazu paßt, daß Du beim Streichen dieses Instruments einen größeren Widerstand spürst (dazu mehr in Punkt 2). Das alles ist typisch für ein durchsetzungsfähiges Instrument mit einem kräftigen Klang in allen Frequenzbereichen.
Du schreibst, daß dieses Instrument nicht in einen normalen Geigenkasten paßt. Das läßt Rückschlüsse auf die historische Vorlage zu, die beim Bau dieses Instruments möglicherweise kopiert wurde. Deine Photos sind aber nicht detailreich genug um genaueres zu erkennen.
2.) Ein Streichinstrument ist ein Gerät das die mechanische Energie, welche durch die Bogenbewegung auf die Saiten übertragen wird, in Schallenergie umwandelt. Aus verschiedenen Gründen können manche Instrumente vergleichsweise wenig Schallenergie abgeben. Deshalb können sie beim Anstreichen nur entsprechend wenig Energie aufnehmen, denn überschüssige Energie kann nicht im Instrument gespeichert werden und kann nur sehr begrenzt in andere Energieformen (neben der Schallenergie) umgewandelt werden. Daher lassen sich solche Instrumente gefühlt deutlich leichter anspielen.
Umgekehrt gilt, ein lautes Instrument das viel Schallenergie abgibt, muß dazu sehr leicht viel mechanische Energie aus dem Bogen aufnehmen können. Da diese mechanische Energie des Bogens von den Armmuskeln geliefert werden muß, hat man beim Streichen solcher Instrumente das Gefühl eines deutlichen Widerstandes, denn die Muskeln müssen bei jedem Bogenstrich mehr Energie abgeben und daher mehr leisten.
Damit möchte ich auch sagen, daß zu guter Spielbarkeit mehr gehört als nur ein gefühlt leichtes Anstreichen und Ansprechen des Instruments.
Die Schweizerin hat schon recht. Du solltest Dir alle Instrumente (auch deine eigenen!) in einem großen Raum (Saal, Kirchenraum o.ä.) vorspielen lassen, wobei der Spieler am einen Ende und Du am anderen Ende des Raumes steht. Nur so kannst Du einen Eindruck von der tatsächlichen Klangwirkung des einzelnen Instruments bekommen. Bei so einem Test ist es für Vergleichszwecke am Besten auf allen Instrumenten immer die selbe Reihenfolge von nicht mehr als 5 - 8 Tönen über verschiedene Saiten zu spielen. Das heißt, Du benötigst als Spieler nicht unbedingt jemanden der besser spielt als Du. Er sollte aber sicher mit dem Bogen umgehen können, damit er die Töne auf jedem Instrument auf genau die gleiche Weise spielt.
Diese Tonfolge solltest Du in diesem Saal auch selbst auf allen Instrumenten spielen und dabei auf den Klang achten der aus dem Raum zu Dir zurück kommt..
Anmerkung zu Punkt 1.):
Ein Instrument dessen Äußeres nach einigen Jahrzehnten stark gelitten hat, muß deshalb nicht unbedingt gut sein. Möglicherweise hatte es einen (oder mehrere) sehr nachlässige Eigentümer. Umgekehrt muß ein älteres Instrument in tadellosem Zustand nicht notwendigerweise schlecht sein. Vermutlich hatte es bisher nur einen oder zwei Eigentümer die es liebevoll und sachkundig gepflegt haben.
Jedenfalls wünsche ich Dir, daß Du zur richtigen Entscheidung findest.
Viel Erfolg!
Danke für eure Rückmeldungen!
Ich suche nicht unbedingt nach einem Ersatz für meine Geige, mehr nach einer Ergänzung. Quasi als Belohnung für zwei furchtbare Jahre seit 2019 (zwei Todesfälle in der Familie + Coronaregeln und noch etwas mehr) wollte ich mir mal eine "richtig gute Geige" gönnen. Meine Schustergeige werde ich natürlich weiter spielen, ich mag es aber auch sehr, mal zwischendurchd die Geige zu wechseln (Nerd-Alert halt).
Ich denke, es wird dann doch diePaesold werden, wobei ich jetzt gegen Ende der Woche beide fast gleich gut fand. Man kann schon deutlich Obertöne hören, beide klingen deutlich "voller" als meine Schustergeige.
Bei der Paesold war meien Überlegung nur, dass die sehr gut anspricht, bei der roten muss ich etwas mehr "arbeiten", und ob das dann quasi den Übe-Erfolg verfälscht, weil die Geige die halbe Arbeit macht.
LG von
Fidi
Hallo Fidi,
ich denke, mit der Paesold könntest du schon glücklich werden :-) . Die Paesold Geige meiner Tochter ist von 1993 und sie klingt sehr schön und spricht auch sehr gut an, genau so wie du auch beschreibst.
Du könntest also durchaus profitieren von dieser Eigenschaft.
Ich selber spielte fast 40 Jahre eine Geige, die eigentlich sehr gut klingt, sogar in einer höheren Preisklasse liegt, mir aber vom Aussehen her und von der Grösse nie so recht zugesagt hat. Es war eine Geschenk zur Konfirmation von meiner Patentante .
In einer Phase, wie du sie gerade erlebst, kam dann der Wunsch, mir endlich meine "Wunschgeige" zu gönnen. Diese spricht enorm gut an, mit ihr geht alles fast wie von selber. Ich habe also noch enorm grosse Fortschritte gemacht seit ich sie habe und ich spielte bis da doch schon recht lange und im Semi-Professionellen Bereich .
Erst im Nachhinein wird mir so richtig bewusst, wie sehr ich mit der früheren Geige arbeiten musste. Ich habe sie noch und spiele ab und zu ein paar Töne. Sie wirkt so richtig träge und es macht mir keinen grossen Spass mehr.
Einen schönen Abend und Grüsse aus dem Süden
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