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Hallo zusammen,
Wie interpretiert ihr eure Stücke?
Hört ihr euch mehrere Versionen auf Youtube an und nehmt dann die, welche euch am besten gefällt als Vorbild, oder macht ihr das ganz anders?
Momentan erarbeite ich mir die Playera von Sarasate und habe diese eine viertel Stunde im Unterricht an einer Stelle erarbeitet, sonst alleine, für die Interpretation mit Hilfe von Youtube Videos.
Mir persönlich hilft das weiter, wie ist das bei euch so? :)
Nun, früher - wohl so in Deinem Akter - war ich mal mal durchsus brauchbarer Pianist. Das ist nun über zwei Jahrzehnte her. Damal hat mich mein Lehrer ermutigt erstmal meine eigene Interpretation zu finden und mich dann erst mit der anderer auseinanderzusetzen, zu beeinflusst sei man sonst von den gängigsten Interpretationen, und zu verstellt der Blick auf das eigentliche Werk durch Moden und Vorurteile...
Für den prifessionellen Bereich hatte er wohl recht, denke ich, bis zu einemmgewissen Grad und vom künstlerischen Standpunkt aus, wenn man dabei ist das eigene Profil zu schärfen. Ein halbes Leben später habe ich einen Kindheitstraum wahr werden lassen und mich zum stümperhaften Hobbygeiger gemausert, der das Klavier eigentlich nur noch anfaßt um ein paar Begleitungen einzuspielen. Sehr praktisch, das - so kann ich ohne falsche Rücksicht auf den unprofessionellen Accompagnisten schimpfen und alle Schuld von meinen Schultern abwälzen. Nun ist es eher so daß ich ein Stück hore und mir denke, "wow so möchte ich das auch spielen!" Und auch wenn mich Lichtjahre von Perlman, Grumiaux, Hahn und Mutter trennen, ich genieße es!
Ich würde gerne besser Klavier spielen, aber in meine Woche passt nicht noch ein Termin rein..
Mit 12 hab ich dann noch einmal kurz "Geige" gemurmelt, aber da hieß es dann ich solle erstmal EIN Instrument ordentlich lernen (ich war gerade ein wenig festgefahren in Mussorgskis "Bydło"), weil ich würde sowieso wieder damit aufhören (mein Bruder hatte selbiges gerade mit dem Klavier getan) und ein derartiges Projekt wurde nur unproduktive Kosten verursachen, und damit war's das. Und ich hab mich eben weiter auf's Klavier gestürzt und geackert bis ich 16 war. Während der langen Zugfahrten ans 100 km entfernte Konservatorium hatte ich im Bummelzug ein wenig Zeit über die Optionen einer professionellen Musikerkarriere nachzudenken. Und habe etwas anderes gemacht.
Und nun, nach Uni, Karriere und Familie in einer klavierfreien Zone sagte mein Erstgeborener dann irgendwann einmal ganz leise "Geige"... Und ich hab mitgemacht!
(Und ein E-Piano ist inzwischen auch eingezogen...)
@Nuuska: DANKE für diese tolle Geschichte! Wirklich schön zu lesen. Ich habe ja vor etwa 5 (oder sind es schon 6?) Jahren mit Geige begonnen und seit zwei Monaten nun auch mit Klavier zusätzlich. Daher ziehe ich meinen Hut vor Dir, denn Klavier ist, wie die Geige, wirklich "nicht ohne". Mit meinen spärlichen Grundkenntnissen kommt man schon ganz gut voran, aber Anfänger ist eben Anfänger. Aber ich muss auch sagen, dass das Klavier von der Geige profitiert und umgekehrt. Vor allem, @Thore123 , kann man sich Melodien ganz gut erarbeiten, wenn man denn das Klavier halbwegs im Griff hat ;-) Aber ich schaue auch gern mal auf youtube vorbei und spicke dort. Am liebsten lasse ich allerdings meine Lehrer auf der Geige vorspielen - das bringt mir sehr viel, da ich alles live sehen und gleich im Anschluss Fragen stellen kann. Manchmal "diskutieren" wir auch - ob man eine Stelle nicht vielleich doch etwas leiser spielen sollte, mit mehr Emotion oder oder oder. Gerade sind wir auch beim Thema "Atmung".
Hallo Thore,
ich mache das meist so: wenn ich ein Stück schon kenne, höre ich mir das extra davor nicht mehr an, da ich es sowieso schon in meinem Kopf habe. Wenn ich das Stück noch nicht kenne oder nicht wirklich im Kopf habe, höre ich es mir ein paar wenige Male von unterschiedlichen Interpreten an, damit ich eine ungefähre Vorstellung des Stücks bekomme.
Und dann fängt man an, das Stück zu lernen und fängt sowieso ersteinmal in halber Geschwindigkeit an. Man muss noch so vieles herausfinden wie Fingersatz, in welcher Lage man wann am besten spielt, Strichaufteilung usw.
Um so sicherer ich mit dem Stück werde, umso mehr kristallistiert sich für mich der Charakter des Stückes heraus. Manchmal habe ich dann richtige Eingebungen (zuletzt bei Bach's Partituta No. 2 "Allemand und Corrente", ich mag einfach das mathematische und strikte daran und das ganz versteckte, das man leicht übersieht) wie ich welche Passagen interpretiere, bzw. glaube, wie der Komponist das gemeint hat. Nachdem ich solche Dinge herausgefunden habe, höre ich mir fast immer das Stück auf YouTube an und kucke dann, ob ich meine Interpretation immer noch am Besten finde und beibehalte (bei Eingebungen ist das dann meistens der Fall) oder ob ich es vielleicht missinterpretiert habe, bzw. es doch nicht so richtig zum Charakter des Stückes passt und ich eventuell das etwas ändere. Kopieren will ich dabei aber nie. Ich würde eher sagen, dass ich mir Inspiration hole, aber selber schon nochmal das Ganze überdenke.
Mir persönlich ist die historische Gebundenheit eines Stückes sehr wichtig. Ich hatte das große Glück die ersten 2,5 Jahre eine Lehrerin gehabt zu haben, die ihren Master in Barockgeige gemacht hat und mir viel beigebracht hat, was den barocken Spielstil angeht. Denn ich habe - wie erwähnt - eine Schwäche für Bach, kann die romantischen Interpretationen und das viele Vibrato aber einfach nicht leiden seit ich die barocke spielweise kenne. Da geht für mich einfach was esentielles verloren. Aber das ist ja eine ewige Diskussion und jeder soll natürlich so spielen, wie es einem am besten gefällt und nach leppischen 2,5 Jahren Geige würde ich mich auch nicht als Expertin betiteln. Aber das macht es manchmal schwierig Interpretationen auf YouTube zu finden, die mir persönlich gut gefallen und die mir selber wiederum als Inspiration dienen können.
Für mich ist die musikalische Ausgestaltung eigentlich das Wichtigeste an einem Stück, was man aber erst machen kann, wenn man schon an viele technischen Dingen gearbeitet hat. Dennoch kommt es häufiger mal vor, dass ich, wenn ich dann im Großen und Ganzen weiß, wie meine Interpretation klingen soll, einige technische Dinge schleifen lasse. ;-) Das passiert dann, weil sich das Stück so ausgeprägt in meinen Kopf gestaltet hat und darin klingt, dass ich manche Unsauberheiten einfach überhöre, weil ich so viel Spaß an der Interpretation habe.
Ich selber finde es sehr gefährlich, das Stück zuvor zu oft gehört zu haben und es sich vorallem während des Erlernes des Öfteren anhört. Allerdings nicht einfach aufgrund der Interpretation, sondern aufgrund der Vorstellung, wie dieses Stück klingen soll und die Demotivation, die man beim Üben verspühren kann, weil es z.B. langsamer gespielt einfach - auf gut Deutsch - kacke klingt. Mir ging das so mit dem Kreisler Präludium und Allegro, dass ich nicht bis zur Beherrschung fertig erarbeitet habe, weil es mich einfach nur noch genervt hat und ich es nicht mehr hören konnte. Irgendwann möchte ich es mal wieder probieren und versuchen, es mit "neuen" Ohren zu hören.
Ich finde auch, dass jeder seine eigene Interpretation finden muss, jedoch helfen bestimmte Hilfsmittel immer weiter, natürlich sollte man aber auch die Tipps des Lehrers beachten ;D
Hallo Zusammnen
Meine Erfahrung : Die wichtigste Voraussetzung als erstes ist , ob das was man gerne umsetzten möchte, auch den Fähigkeiten entspricht. Die Tips des Lehrers sind schon ernst zu nehmen.
Es bringt tatsächlich nur Frust, eine Interpretation anzustreben, die dann in die Hose geht und das demotiviert dann leider nachhaltig.
Grüsse aus der sonnigen Schweiz
Für mich ist die musikalische Ausgestaltung eigentlich das Wichtigeste an einem Stück,
Danke für die Infos.
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