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Guten Morgen,
ich habe gesehen, dass manche Leute auf ihren Barockbögen (auch für Geige und Bratsche) schwarze statt helle Haare haben.
Über die grundsätzlichen klanglichen Unterschiede zwischen hellen und schwarzen Haaren habe ich in der Zwischenzeit unterschiedliches gelesen (auch in Bass-Foren), und die Meinungen und Erfahrungen scheinen auseinanderzugehen - von "alles reine Optik, entscheidend ist nicht die Haarstruktur, sondern allein das Kolophonium, das drauf ist" bis "schwarze Haare ergeben einen lauteren, kräftigeren Klang" (was mich bei Barockmusik als Grund allerdings eher überraschen würde).
Und aus irgendeinem Grund scheinen schwarze Haare weniger zu kosten als helle.
Was sind eure Erfahrungen zum Thema schwarze/helle Bogenhaare, auf Barockbögen oder anderweitig?
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Wenn ich mich richtig erinnere, wurden in der Barock-Zeit und davor zum Teil Bögen (das war damals ja nicht so vereinheitlicht wie heute) verwendet, bei denen man mit den Fingern in die Haare greifen musste, um sie auf die zum Spielen benötigte Spannung zu bringen. Helle Haare würden durch den Hautkontakt dort wo sie beim Spielen festgehalten werden, schnell dunkeln und unansehnlich. Natürlich würden sich Verunreinigungen auch auf schwarzen Haaren ansammeln, aber sie würden nicht so sehr auffallen. Möglich, dass die Entscheidung für schwarze Bogenhaare vor allem damit zu tun hat.
Keine Erfahrungen, nur das, was ich gelesen habe. Schwarze Haare sollen meines Wissens vor allem auf Steckfroschbögen auf Darm, besonders auf den tiefen Saiten, etwas mehr grip und bessere Ansprache bringen. Die Bögen sind sehr leicht und kurz, haben dünnere Bezüge als moderne Bögen und ermöglichen eine sehr feine Artikulation. Im Zusammenspiel aus diesen Bögen und Darmsaiten scheinen die schwarzen Haare einen großen Unterschied zu machen, zumindest ist das auch als gängige Praxis so belegt.
Danke für eure Antworten.
Die Sache ist die, dass ich selbst zur Zeit noch einen sehr einfachen Barockbogen verwende, daher auf der Suche nach einem anderen, besseren bin, mir in diesem Zusammenhang auch Gedanken über die 'Behaarung' mache und mich eben frage, wie viel das ausmacht, und ob schwarze Haare per se einen wesentlichen (positiven) Unterschied machen können.
Vor einer Weile hatte ich Gelegenheit, im Abstand von ein paar Wochen zwei (Profi-)Barockbögen auszuprobieren - die zufälligerweise beide schwarze Haare hatten (was mir allerdings erst hinterher so richtig auffiel; Kontakt zu den beiden Personen besteht nicht mehr).
Beide Bögen hatten einen Frosch mit Schraube, waren eher lang (mehr oder weniger so lang wie mein Tourte-Bratschenbogen) und auch nicht wirklich leichter.
Beide Bögen 'gingen' hervorragend, vor allem in Sachen Ansprache, Artikulation/Nuancierung - inwieweit das (auch) an den schwarzen Haaren lag, lässt sich aber alleine durch diese kurze Erfahrung mit diesen beiden Bögen natürlich nicht entscheiden.
Wenn das aber wirklich so sein sollte, dass also schwarze Haare (besonders auf Darmsaiten?) mehr 'grip' haben - wie ja auch Du, Bavarica, schreibst - würde mich wundern, warum dann nicht viel mehr Leute schwarze Haare auf ihren Barockbögen haben. Aber vielleicht ist das ja auch eine Frage der Optik und nicht wirklich der Funktionalität (wie so manches andere).
Dass es einen Zusammenhang zwischen der Farbe der Haare und den Spieleigenschaften gibt, kann ich mir gut vorstellen. Dass dickere Haare anders klingen als feine Haare liegt nahe und da es bei Menschen die Tendenz gibt, dass Dunkelhaarige kräftigeres Haar und Hellhaarige feineres, kann ich mir gut vorstellen, dass bei Pferden genauso ist. Aber eine Tendenz ist nur eine Tendenz. Dass Männer tendenziell größer sind als Frauen heißt ja auch nicht, dass jeder Mann größer ist als jede Frau. Es gibt da einen breiten Bereich, in dem sich das überschneidet. Ich gebe zu, das ist von meiner Seite spekuliert, aber es würde erklären, warum Du auf widersprüchliche Aussagen zu dem Thema gestoßen bist. Soweit ich weiß gibt ja nicht so viele Leute, die Barockbögen benutzen - zumindest verglichen mit der Gesamtzahl der Streicher. Und unter denen dürften die allerwenigsten tatsächlich genügend Bögen verglichen haben, um solche Tendenzen valide erkennen zu können. Wer sagt, dass schwarzhaarige Bögen mehr Grip haben, hat vor allem Erfahrungen mit Bögen gemacht, bei denen das so ist, wer sagt, dass das ein rein optischer Unterschied ist, hat vor allem Erfahrungen mit schwarzhaarigen Bögen gemacht, deren Spieleigenschaften sich nicht oder kaum von denen weißhaariger Bögen unterscheiden.
Aber so interessant die Frage ist: Für die Wahl eines neuen Bogens ist sie von untergeordneter Bedeutung. Denn solange Du nicht vorhast, bei einem Bogenbauer einen Deinen Vorstellungen entsprechenden Neubau in Auftrag zu geben, kannst Du nur in Betracht ziehen, was Dir auch angeboten wird. Und bei diesen bereits existierenden Bögen, vergleichst Du ja das Gesamtpaket aus Klang und Spieleigenschaften und nicht die einzelnen Komponenten, die dazu beitragen.
Ich baue seit vielen Jahren Barockbögen, einige davon beziehe ich auch mit schwarzen Haaren.
In der Regel sind weiße Haare etwas feiner und elastischer, während schwarze Haare besonders für blanke Geigen-G-Saiten manchmal etwas mehr Grip bringen (schön gesagt, Bavarica und Aranton!)
Und damit haben wir den entscheidenden Punkt angesprochen: Bei tiefen, blanken Saiten, was mit einem sehr frühen Set-up (um 1600) einher geht. Zu einem frühen Set-up gehören auch sehr kurze Bögen. Bei diesen frühen Bögen macht es manchmal Sinn, diese mit schwarzen Haaren zu beziehen. Aber nicht immer.
Zu einem etwas späterer Set-up (um 1700) mit silberumwickelter G-Saite und bereits etwas längerem Bogen finde ich weiße Haare passender.
Die Ikonographischen Darstellungen von Geigenbögen dokumentieren ebenfalls eine markante Zunahme von weißen Bogenhaaren nach 1700.
Gruß,
Bernhard
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