Herzlich Willkommen im Geigen-Forum

Anfängerfrage <

Chinesische Anfängergeige für 400 Euro vom Geigenbauer?

> Geigenhals zum Bau einer Geige

Auf diese Beiträge antworten | Zurück zur Liste | Zum neuesten Beitrag springen

Zugeordnete Kategorien: Geigenbau

Kuina Profilseite von Kuina, 08.12.2015, 20:43:44
Chinesische Anfängergeige für 400 Euro vom Geigenbauer?

Hallo alle zusammen,

 

ich möchte mir gerne eine Geige kaufen. Ich spiele im Anfängerstadium Geige und habe bis jetzt auf einem geliehenen Instrument gespielt. (Allerdings habe ich hinsichtlich anderer Instrumente bereits ein paar Jahre musikalischer Grundlagen.) Dieses war kostenfrei, da ich es von einer Bekanntschaft geborgt hatte, welche das Stück in einem Musikhaus gekauft hat. Es stammt aus China.

 

Ich war nun beim Geigenbauer und habe die dortigen Instrumente ausprobiert. Auch er verkauft Waren aus China, dennoch waren sie (ich vermute durch sein eigenes Handanlegen) sehr viel angenehmer zu spielen. Vielleicht war meine Leihgeige aber auch nur so schlecht, dass mir diese Verbesserung schon wie ein wahrer Qualitätssprung vorkommt...

 

Ich bin mir nach meiner Recherche aber nicht ganz sicher, ob ich ihm beim Kauf vertrauen kann oder ob das von ihm Gesagte (s.u.) eher aus dem Wunsch heraus, Profit zu machen, geboren ist und ich mir besser eine ordentliche Leihgeige aus der Musikschule besorge. (Vorausgesetzt diese Geigen sind tatsächlich ordentlich.)

 

Natürlich könnt ihr einen Geigenbauer, den ihr nicht kennt, nicht einfach so beurteilen, aber vielleicht könnt ihr mir sagen, ob einige seiner Aussagen per sé eher abzulehnen sind oder ob das so nicht abschätzbar ist. Ich habe wenige Kenntnisse über die Solls einer Geige.

 

Er meinte Folgendes zu seinen chinesischen Stücken:

 

- Preis 400 Euro mit Koffer und Bogen. Einmal jährlich kostenlose Inspektion.

 

- Sie werden in einer chinesischen Manufaktur handgefertigt, außerdem ist immer ein deutscher Geigenbauer vor Ort, der die Prozedur überwacht. (Das kann natürlich keiner so prüfen, aber ist so etwas zumindest denkbar? Bisher habe ich immer nur gehört, dass chinesische Geigen maschinell gefertigt sind.) Der Preis sei wegen der geringen Löhne und wegen des chinesischen Holzes relativ niedrig.

 

- Wenn sie in Deutschland ankommen, macht er nicht mehr viel an den Stücken, außer z.B. die Saiten tauschen.

 

- Die Instrumente seien ordentlich und ich werde einige Jahre darauf spielen können, bis ich ihr Potenzial ausgereizt habe. Klanglich sei das gutes Anfängerniveau und sie seien bautechnisch solide.

 

- Er würde nichts verkaufen, was Schrott ist, da er, selbst Geigenbauer, der eigene Meistergeigen verkauft, ja mit seinem Gesicht herhalten muss. (Das kann stimmen, aber das kann natürlich auch ein gutes Scheinargument sein.)

 

- Im Vergleich zu meiner ungewarteten Maschinengeige waren die Saiten viel einfacher zu drücken und der Ton war klarer, die Töne einfacher zu treffen.

 

 

Darüber hinaus hat er noch andere Geigen vertrieben, die für 900 Euro (ohne Koffer und Bogen, aber mit Inspektion) über die Ladentheke gehen.

 

- Diese werden in einer romänischen Meistermanufaktur gebaut und wenn sie in Deutschland ankommen geht noch etwas seiner eigenen geigenbauerischen Handarbeit hinein. (Es klang nicht so, dass er dies im Sinne einer Korrektur meinte, sondern hob es als ein Qualitätsmerkmal hervor. So, dass dort auch seine eigene Arbeit drinnensteckt.)

 

- Er hat mir außerdem versichert, dass dies eine qualitativ gute Meisterwerkstatt sei (man könnte aus lauter Vorurteilen ja denken, dass auch diese Manufaktur nicht besonders hochwertig ist, weil es sich um ein osteuropäisches Land handelt) und dass er einen exklusiven Vertrag mit ihr hat. So bekommt laut ihm kein anderer in Deutschland, der nicht dort unter Vertrag steht, ihre Geigen. Den Namen kenne ich jedoch nicht.

 

- Sie klang natürlich besser als die günstigere Geige und war auch schöner zu spielen.

 

- Er meinte, diese Geige sei bereits ein besonders gutes Instrument und sie wäre solch ein Stück, von der ich qualitativ gesehen mein Leben lang etwas hätte (im Gegensatz zum chinesischen Stück, welches nach einigen Jahren ausgereizt sei). Ich vermute er bezog sich dabei auf Geigespielen als Hobby- oder kleinere Orchestertätigkeit und nicht auf hochklassige Starmusizierende.

 

 

Nun möchte ich ihm nicht einfach so etwas Böses unterstellen, aber einige dieser Dinge haben mich nach meiner Recherche stutzig gemacht.

 

Ich habe oft gelesen, dass eine ordentliche Geige, die nicht mehr nur Schülerniveu ist (bzw. auch gute Schülergeigen? Ist das so?), mindestenst über 1000 kostet und das sei schon der sehr günstige Bereich.

 

Meines Empfindens konfligiert dies jedoch mit dem letzten Statement, nämlich dass ich qualitativ von der 900 Eurogeige schon potenziell ein Instrument für's Leben hätte.

Kann dies realistisch sein oder besteht die Gefahr, dass er dort versucht, seine Kunden über's Ohr zu hauen, indem er ihnen Instrumente schön redet, obwohl dies über ihren qualitativen Möglichkeiten liegt?

 

Dies hat mich dann leider auch misstrauisch bezüglich seiner Aussagen zu der chinesischen Geige gemacht.

Hinzu kommt, dass ein professioneller Geiger mir einmal geraten hat, dass ich auf keinen Fall eine chinesische Geige kaufen sollte (ich weiß allerdings nicht, ob er sich nur auf die Maschineninstrumente oder auch auf handgefertigte bezog).

 

Ist eine chinesische (angeblich hand- oder zumindest teilhandgefertigte) Geige für 400 Euro eine gute Einstiegswahl? Vor allem unter dem Aspekt, dass gute Geigen so viel teurer sind und er die Stücke dieser Preisklasse zumindest als ordentlich angepriesen hat (wenn auch keine Instrumente für's Leben)? Oder kommen euch einige seiner Statements seltsam vor?

 

Ich habe auf Ebay einige Geigen von Franz Hell für günstige Preise gefunden, und da diese schon recht alt sind, vermute ich, dass hier nur Handarbeit drinnensteckt (ich bin mir aber bewusst, dass sie keine außergewöhlichen Stücke sind). Dies und der günstige Preis sind sehr anziehende Argumente, aber ich möchte andererseits ungerne eine Geige kaufen, die ich nicht ausprobiert habe.

 

Neben Ausleihen und vom Geigenbauer kaufen, wäre dies meine letzte Alternative gewesen.

 

Ich möchte den Geigenbauer hier aus Gründen der Privatssphäre eher nicht nennen, es sei denn es ist unbedingt nötig. (Ich weiß nicht, wie bekannt Geigenbauende im Allgemeinen in der Geigenszene sind und ob ihr mir bei der Nennung seines Namens Informationen zu ihm und seinen Instrumenten geben könnt. Außerdem befürchte ich, meine negativen Annahmen könnten seinen Ruf etwas schädigen, sollten sie sich als unhaltbar herausstellen.)

 

Darüber hinaus kann ich mich auch nicht an andere Menschen mit Expertiese (z.B. Musikunterricht) wenden, um eine Meinung zum Geigenkauf einzuholen, da ich autodidaktisch lerne (das ist ein ganz anderes Thema und ich weiß, dass es z.T. kritisch gesehen wird, daher möchte ich dies hier nicht weiter vertiefen - ich fühle mich damit allerdings bisher sehr wohl).

 

 

Das war nun leider ein sehr langer Text, aber vielleicht könnt ihr mir zu einigen Punkten etwas sagen.

 

Vielen Dank und mit freundlichen Grüßen

 

 

 

Anima Profilseite von Anima, 19.01.2016, 19:10:55

Hallo Kuina,

also bisher klingt so ziemlich alles was der Geigenbauer gesagt haben soll ganz vernünftig und ich würde das erst einmal so stehen lassen, was ich dir jedoch in jedem Fall raten würde wäre beim Kauf einer Geige (egal bei welchem Geigenbauer) noch jemanden mitzunehmen, der am Besten selbst Geige spielen kann (je besser er/ sie spielt desto besser), zum einen kann dieser dann die Geige einmal für dich anspielen, sodass du ihren Klang auch als Zuhörer beurteilen kannst (ist nämlich immer ein anderer als direkt am Ohr) und eventuell kann er dann auch einige technisch anspruchsvollere Sachen mit der Geige anstellen, da merkt man dann wo das Instrument seine Grenzen hat. Auch wären die Hemmungen "dich übers Ohr zu hauen" wohl größer wenn noch jemand dabei ist, der im Ernstfall als Zeuge dienen kann.

Allerdings würde ich dir als Anfängerin erst einmal grundsätzlich von einem Kauf eher abraten, kaufst du jetzt eine Geige, kann es sein, dass du nach ein paar Jahren schon feststellst, dass du spieltechnisch über das Instrument hinaus gewachsen bist. Ich an deiner Stelle würde mir für die ersten paar Jahre eine gute Geige bei einem Geigenbauer ausleihen und erst später, wenn du das Spiel über allle Lagen beherrscht, ein eigenes Instrument kaufen, das dann ruhig auch etwas teurer sein kann. 

 

 

Neuester Beitrag bildmix43 Profilseite von bildmix43, 11.02.2016, 23:55:13

guten abend kuina, auch 400 euro - geigen sind geigen, egal ob von hand oder " maschinen " gearbeitet. sogenannte

maschinen gearbeitete instrumente sind solche, bei denen decke und boden wölbungsmäßig ausgefräst werden. bei

anspruchsvolleren werden die stärken dieser teile noch von hand nachgearbeitet. das problem der chinesischen instrumente liegt im holz. ich sagte meinen kunden immer, bei diesen instrumenten weiß man nie, ob der spatz nicht

vorgestern noch darauf gepfiffen hat. wenn diese frischen  hölzer dann heruntergetrocknet werden, sind in vielen fällen

die zellen beschädigt und werden über kurz oder lang total ausgereizt sein und den ton verlieren. das wird aber der laie in den wenigsten fällen hören. ich selbst habe in meiner geigenbauerischen tätigkeit keine chinesischen instrumente verkauft, habe aber auch bekanntschaft mit solchen instrumenten gemacht. eines habe ich aber gelernt: egal,  wo ein instrument herkommt, ob europa oder asien oder irgendwoher, das wichtigste für mich ist, jedes instrument,  das bei mir über den ladentisch geht, wird in der werkstatt trchnisch nach meinen maßstäben hergerichtet, um dem spieler das richtige handwerkszeug in die hand zu geben. ein anfänger wird auf einem technisch perfekten instrument leichter

lernen, als bei einem solchen, bei dem das griffbett nicht plan ist, die wirbel nicht halten, der steg nicht angepasst oder

nicht an dem griffbrett nicht angeglichen ist, usw..der klang von geige bratsche cello ist bei einem lernenden fast nebensächlich, denn er ergibt sich erst im laufe der zeit mit dem können. ein anfänger wird auf einer stradivari nicht wie ein oistrach spielen, sonder wie ein anfänger. wer etwas anderes hier hineingeheimnist lügt sich nur in die eigene tasche.

viel erfolg beim lernen mit deiner chinesischen geige. wenn du noch fragen hast, schreibe mir unter

" bildmix@gmx.net " oder hier im forum

hellmut

Anfängerfrage <Zurück zur Liste> Geigenhals zum Bau einer Geige

Nur angemeldete Benutzer dürfen Beiträge schreiben. Log In

Diese User sind gerade online:


     

     

    Datenschutzrichtlinien


    Humorvolles und lustige Filme finden Sie hier.

    Berühmte Geiger

    Interpretationsvergleich bekannter Werke:

    Copyright

    Geigenbaumeister & Dipl. Musiker
    Christian Adam