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Wie lerne ich auswenig spielen?

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Ginger Profilseite von Ginger, 25.03.2013, 15:50:25
Wie lerne ich auswenig spielen?

Hallo liebe Mit-Geiger,

ich werde bald zum ersten mal in einem kleinen Streichorchester spielen. Wir werden 3 Stücke spielen, eins ist sehr einfach, die beiden anderen durchaus machbar - aber wir sollen alle Stück ohne Noten, also auswendig spielen.
Zuerst dachte ich, am besten ich lerne "rein nach Gehör" auswendig, aber ich befürchte, wenn ich dann im Orchester spiele und mich vielleicht nicht immer so höre wie allein bei mir im Wohnzimmer, ich vielleicht strauchle. Außerdem scher ich mich bei reinem "nach Gehör spielen" nicht immer darum, ob es nun der orchester-choreografisch richtige Auf- oder Abstrich ist und spiele einfach nach gusto.
Dadurch, daß ich beim Üben so viel auf die Noten sah, sehe ich manche Stellen förmlich vor meinem inneren Auge.
An manchen Stelle übernimmt dann wohl mein Fingergedächtnis die Führung und ich spüre, wie sich z. B. der oder der Lauf anfühlt.
Ferner habe ich viele Stelle eingängig analysiert und mir bestimmt Muster (gleich Stelle, jetzt eine Oktav höher, Sechzehntelläufe ist gebrochene Akkorde, etc.) eingeprägt.

Also, summa summarum ein Mischmasch aus 1) auditiven 2) visuellen 3) taktilen und 4) mentalen Eindrücken. confused_smile Das ganze ist jedoch noch instabil und ich nehme manchmal die falsche "Abzweigung"  (nach dem Motiv geht's  ja mal so und mal so weiter) oder habe kurze black-outs (wo bin ich gerade, was kommt jetzt - ach, so, ja die 2. Variation). Außderdem sind da ja noch die Pausen oder die langen gehaltenen Töne  (wo ich mir eigentlich vorstellen sollte, was die anderen spielen, da ich deren Stimme aber nicht kenne, mich auf das verhaßte Zählen verlassen muß).

Nun meine Fragen an Euch: Spielt Ihr (viel) auswendig? Wenn ja, wie erarbeitet Ihr Euch ein Stück, das ihr auswenig spielen wollt und worauf ist dann beim auswendigen Zusammenspiel zu achten?musicband
Wenn ich Noten vor mir habe und der Dirigent sagt: nochmals ab Takt 27 - o.k. Aber wie macht man das, wenn niemand Noten hat? Ich kann mir doch nicht auch noch die Taktzahlen auswendig merken. Hhnn... 2
Ich bin gespannt auf Euer feedback. Schon mal vielen Dank im voraus und ganz liebe Grüße

Ginger

Bea Profilseite von Bea, 25.03.2013, 17:07:17

 Allererste Voraussetzung ist wohl, dass du vor dem Zusammenspiel deinen Part im Schlaf auswendig kannst.

Reines Fingergedächtnis ist da völlig kontraproduktiv, Fingergedächtnis ja -wegen der technischen Ausführung, aber der Verstand muss immer genau registrieren wo man ist, deswegen inneres Auge gar nicht so schlecht (Manche spielen nur so auswendig - stellen sich das Notenblatt mental vor). Gehör ist gut, aber nach Gehör ohne Nótenbild sehr schwer, denn die Notenwerte sollten exact sein, auf dem Blatt stehts schwarz auf weiß, nach Gehör muss das erstmal rausgehört werden - für einen Profi vielleicht eine leichte  Übung, aber für einen Laien ....)

Helfen tut eine vorherige Auseinandersetzung mit dem Part, wie du schon richtig angedeutet hast, wie ist das Stück strukturiert, welches sind die einzelnen Teile, in welcher Abfolge, wo wiederholen sie sich, eventuell variiert. Bei einem neuen Stück zeige ich meiner Tochter immer, wo sich das bereits gelernte wiederholt und wieviel kürzer gleich die neu zu erlernden Teile werden 3. Wenn du schon vor dem Zusammenspiel fit sein willst, musst du auch die Partitur lesen und genau die Stimmen der anderen analysieren - dass könnt man natürlich durch Proben mit Noten erledigen, indem man eben durch das Zusammenspiel die anderen Parts kennenlernt und seine Einsätze.

Zu Strichen, da im Orchester aber auch sonst die genaue Strichführung mitfestgelegt ist, sollte man das beim Auswendiglernen natürlich auch berücksichtigen - perfekt wird man nur, wenn man sich an seine eigene Strichordnung hält. Sobald frei man mal so mal so macht, macht mqn es eben für sich zum Spaß, aber nicht mehr perfekt, denn jede Stricheinteilung hat ja seinen Sinn, Betonung, Strichart, Bogenlänge, Klangfarbe usw. - was manchmal wilkürlich aussieht, ist es eben nicht - gerade beim Streichinstrument.

Warum muss es eigentlich auswendig sein?

 

Riedingfan Profilseite von Riedingfan, 25.03.2013, 17:31:58
Letzteres ist die Frage, die ich mir auch grad stelle...
Wie lang sind denn die Stücke und wie schwierig? Und handelt es sich um ein Vorspiel/ Konzertchen oder geht es einfach darum, zu lernen, aufeinander zu hören?
Ich selber spiele nicht systematisch auswendig. Manchmal sagt mein Lehrer: Dreh dich mal um (weg vom Pult) und spiel das auswendig. Das klappt meist ganz gut, allerdings: ich spiele dann fast nur nach Gehör, Fingersätze, Lagenwechsel etc. hab ich meist nicht im Kopf.
sofie Profilseite von sofie, 25.03.2013, 21:53:04

Mentales Üben ist für mich einer der Schlüssel schnell und vor allem auch "krisensicher" auswendig zu lernen. Und zwar am besten von Anfang an. Anfangs mit, später dann ohne Noten.

Auswendigspielen kann und muss man, wie alles andere auch, regelmäßig üben und anwenden. Sich nur auf das Gehör oder Fingergedächtnis zu verlassen ist etwas leichtsinnig...

violinpiano Profilseite von violinpiano, 29.03.2013, 21:34:08

Muss ich mir merken !! 

Ginger Profilseite von Ginger, 28.03.2013, 12:49:17

Hallo Bea, Riedingfan und Sofie,

zuerst zu Euerer Frage "Warum muß es auswendig sein?" Zum einen wohl, weil wir neben dem Spielen  noch eine kleine Bewegungschoreographie machen werden (den Calypso Jam spielen auf YouTube ja auch alle auswendig und bewegen sich noch dazu - Notenständer und Blätter würden da sicherlich stören). Zum anderen ist es wohl auch der Anreiz, sich mit den Stücken sehr intensiv (definitiv intensiver, als wenn ich vom Blatt spielen dürfe) auseinderzusetzen. Sicherlich macht es das Ganze nicht leichter, aber einen gewissen Sinn kann ich darin schon sehen.

Meine bisherige Strategie: Ich spiel die 3 Stücke auf dem Klavier, so präg ich mir schnell das Notenbild ein, kann rhythmische Probleme leichter lösen und habe auch gleich ein gutes Intonations- feedback. Außerdem spiel ich stellenweise aus der Partitur - dann weiß ich schon, wie es sich im Zusammenspiel anhören soll/wird. Dieser "Umweg" ist für mich keineswegs verplemperte Zeit, denn anschließend lern ich viel schneller auf der Geige (wenngleich es dann natürlich noch geigenspezifische Probleme wie Lagenwechsel, Bogenstrich etc.) zu lösen gibt. Aber ich glaube, dieser "Umweg" übers Klavier hilft mir bisher am meisten.

Uns Sofie hat vollkommen Recht mir ihrem Hinweis auf das Mentale Üben. Öfters (im Bett, auf dem Sofa, in der Frühstückspause) stelle ich mir einfach das Notenbild vor, versuche, die Stücke zu hören und stell mir die Bewegungsabläufe vor. Ich pfeif die Stücke vor mich hin, hör sie auf meinem iPod, spiel sie jeden Morgen auf dem Klavier und dann nachmittags auf der Geige.

Durch die Anforderung des Auswendigspielens verinnerliche ich die Stücke ganz anders und muß mir neue Übungsstrategien erarbeiten. Allerdings wird es sich wohl erst im Zusammenspiel nächsten Monat zeigen, ob meine Herangehensweise erfolgreich war und dem "Belastungsdruck" des Orchesterzusammenspiels gewachsen ist. Ich werde über Erfolg/Mißerfolg berichten.

Dennoch kann ich Auswendiglernen nur empfehlen und würde mich über weiteres Feedback von Euch allen freuen.

Ganz liebe Grüße und Euch allen schon mal Frohe Ostern!m

Ginger

hainholzer Profilseite von hainholzer, 01.04.2013, 00:25:22

Es gibt eine ganze Reihe von Musikkulturen, die nur auswendig spielen. Ich kenne Musiker aus Schottland und Irland, die können keine Noten lesen. In Schweden ist es nicht anders. Keine Spelmanslag spielt nach Noten. Und in Südosteuropa setzt sich das fort. Aber alle spielen ihre Volksmusik. Meistens für Tänzer. Und so war es auch früher hier in Deutschland, dass die Musiker auswendig gespielt haben. Leider sind so viele Stücke verloren gegangen. Der Musiker verstarb, und er ließ nur sein Instrument zurück. Noten brauchte er nicht.

Wenn man auswendig spielen möchte, dann sollte man sich das Stück von einem Geübten anhören. Einem, der es so spielt, wie es sein muss. Am schönsten ist es, wenn dieser es einem beibringt, indem er es zunächst langsam vorspielt, man selber sich anhängt. Mit der Zeit wird das Tempo schneller. Man hört dann auch die Besonderheiten. Akzente, Verzierungen, Tempowechsel. Was eben vorkommt. Das Ganze geht ohne Noten. Nur mit den Ohren. Ich kann mich heute noch an Stücke erinnern, die Gerry O'Connor oder Maeve Donnelly vorgespielt haben. Und ich kann sie auch heute noch so nachspielen. Mit den schwedischen Freunden ist es ähnlich. Man lernt das Stück in dem Charakter, in dem es vorgespielt wird. Es ist schön, wenn man es dann mal anders hört.

Wenn man nach einer Zeit des Auswendigspielens dann 500 oder mehr Stücke kann, dann wird es schwierig, dieses Repertoire am Leben zu erhalten. Man vergisst auch wieder. Aber da muss sich jeder überlegen, wie er damit umgeht. Ich lasse es zu. Denn ich habe bemerkt, dass ich das, was mir gestern nicht mehr einfiel, heute wieder wie von selber geht.

Da ich als Musiker für Tänzer spiele, möchte ich ungern nach Noten spielen. Dann kann ich den Tänzern zuschauen. Und auch noch, wer als Zuschauer da ist. Und man gibt nicht so ein verbissenes Bild ab. Sondern man baut eine Brücke zu den anderen Mitwirkenden und den Zuschauern.

Peter

Neuester Beitrag sofie Profilseite von sofie, 02.04.2013, 23:56:57

Es kommt darauf an welche Art Musik man lernen möchte. Bei einem großen romantischen Violinkonzert kann es ja nicht sinnvoll sein nur durch Nachahmen zu lernen. Das wäre ja schlichtes "kopieren" einer anderen Interpretation. Bei Tanzmusik oder auch Volksliedgut sieht es schon anders aus.

Je komplexer die Musik wird umso wichtiger wird es ein Werk erst einmal mit Noten zu lernen um dem Willen des Komponisten möglichst gerecht werden zu können. In den Noten stehen normalerweise alle benötigten Informationen um ein Werk auch ohne die Hilfe eines anderen lernen zu können. Entsprechende Stilkenntnis und Erfahrung natürlich vorausgesetzt.

Bei kleinen Kindern oder eben auch Volksliedgut ist Nachahmen sicher ein guter Weg. Trotzdem sollte man bedenken, dass man so immer auf jemanden angewiesen ist, der einem das entsprechende Stück vorspielt. Bei modernerer Musik könnte das schwierig werden. Es gibt ja auch Stücke, die noch keiner eingespielt hat und die man sich noch nicht einmal auf CD anhören kann. Da hilft nur genaues Studieren des Notenmaterials...

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