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(alter?) Wirbelkastenriss - wie damit umgehen?

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Bratsche_13 Profilseite von Bratsche_13, 23.02.2017, 22:58:24
(alter?) Wirbelkastenriss - wie damit umgehen?

Hallo,

gerade vorhin habe ich entdeckt, dass meine Bratsche (Alter ca. 130-150 Jahre) eine Wirbelkastenriss im Bereich des D-Saiten-Wirbels hat, im Faserverlauf, oberhalb des Wirbels bis zur Oberkante des Wirbelkastens (definitiv durch die ganze Wand), unterhalb des Wirbels in Richtung WK-Unterkante ca. die 'halbe Strecke'.
Zumindest der obere Teil scheint gut mit Leim gefüllt zu sein (und die Lackierung an der WK-Außenseite sieht dort etwas 'verwaschen' aus), beim unteren Teil kann ich nicht sicher erkennen, ob was drin ist; der ist auch sehr schmal.

Ich finde es seltsam, dass mir das nie zuvor aufgefallen sein sollte, und dass bisher auch sonst niemand was gesagt hat (wir waren in letzter Zeit mehrmals aus verschiedenen kleineren Anlässen in Geigenbauwerkstätten, wo das Instrument teilweise sehr ausgiebig angeschaut und alles Mögliche kommentiert wurde, das aber nie).
Ein Gedanke ist daher nun, dass das möglicherweise erst vor Kurzem passiert sein könnte - in einer Werkstatt, und dann eventuell ohne Kommentar geleimt wurde; auch wenn ich so was eigentlich niemandem unterstellen möchte.

In jedem Fall ist meine Frage jetzt vor allem:
Ist eine einfache Auffüllung mit Leim eine mögliche verlässliche Form, einen Wirbelkastenriss zu versorgen?
Im Moment kann ich mir kaum vorstellen, beim Stimmen 'einfach so' weiter am D-Wirbel zu drehen wie bisher...

Hat wer Erfahrung mit irgendwelchen Wirbelkastenrissen an eigenen Instrumenten?

 



 

Nuuska Profilseite von Nuuska, 24.02.2017, 07:58:08

Gottseidank keine eigene Erfahrung, aber egal was nun wirklich dahintersteckt, offenbar tut sich hier was, sonst wäre es Dir früher aufgefallen. Somit handelt es sich nicht um eine stabile Reparatur.

Darum - Wirbel lockern, und "notfallmäßig" ab zum GB des Vertrauens, solange nichts schlimmeres passiert.

 

Simples Verleimen des Risses reicht meines Wissens nach nicht aus, der Riß geht ja durch das Wirbelloch und wird so durch den Wirbel immer wieder auseinandergepresst. Die Leimfuge im Bereich des Wirbellochs bleibt eine natürliche Schwachstelle und muß daher unbedingt zusätzlich gesichert werden. Entweder gehört Holz aus dem Wirbelkasten entnommen und die Stelle mit rissfreiem Holz belegt, oder man sichert das Wirbelloch mit einem satten Ausbuchser - solange noch kein Substanzdefekt vorliegt ist das wahrscheinlich die ästhetisch sinnvollere Variante. Beide Varianten habe ich schon an Instrumenten gesehen.

Auf eine weitere innovative Methode stößt man hier

 http://www.kelmviolins.de/index.php?id=39 

allerdings habe ich davon noch nie etwas gehört, vielleicht kann Herr Adam mehr dazu sagen?

Bratsche_13 Profilseite von Bratsche_13, 24.02.2017, 08:45:59

Vielen Dank!

(uff...)

Nuuska Profilseite von Nuuska, 24.02.2017, 10:06:46

Ach, ist doch halb so wild. Ordentlich gerichtet bedeutet das keinen allzu massiven Wertverlust (mir persönlich wäre es beim Kauf nahezu egal, solange es schön und fachgerecht gemacht ist), und klanglich hat es überhaupt keine Auswirkung. Es ist auch keine besonders komplexe Angelegenheit und kostet auch kein Vermögen.

Ich glaube auch nicht daß irgendetwas in einer Geigenbauwerkstatt passiert ist, das unter den Teppich gekehrt worden wäre. Vielleicht ist es ja tatsächlich schlicht ein alter, simpel geleimter Riß, der nun - weil nicht gesichert - wieder aufgegangen ist...  Wie Du es beschreibst wirkt es beinahe so: die Lackretouche (?), der teilweise aufgefüllte Spalt...

Geige Profilseite von Geige, 24.02.2017, 10:16:37

Der klassische Ausbuchser, bei dem das Wirbelloch aufgedreht wird und Ersatzholz in absperrender Richtung eingeleimt wird sieht man als häufigste Reparaturmethode.

Eine weitere Variante ist die Methode mit einem leimgetränkten Holzspahn, der um einen im Konus dem Wirbel entsprechenden  Kunststoffstab gewickelt ((dieser Stab darf keine Leimverbindung aufnehmen) in das Wirbelloch eingepasst wird. Die Holzfaserstrucktur in Verbindung mit dem Leim bietet einen guten Schutz gegen erneutes Einreißen und ist weniger sichtbar, als die klassische Ausbuchsermethode.

Die auf der o.g. Website vorgeschlagene Methode ist meiner Meinung nach nur bedingt haltbar, da sie die Druckkräfte, die durch das Verkeilen des Wirbels entstehen nicht sicher auffangen können. Kopfbrüche, die durch solche Holzsttifte repariert werden, halten i.d.R. nicht.

 

Nuuska Profilseite von Nuuska, 24.02.2017, 11:16:26

Klingt plausibel. Danke!

Bratsche_13 Profilseite von Bratsche_13, 27.02.2017, 22:42:58

Vielen Dank auch von mir.

Der GB, bei dem ich nun mit der Bratsche war, meinte, es sieht so aus, als ob der Riss vermutlich schon mal mit einem Stift wie im Link von Nuuska versorgt worden sei (und dann oben an der Wirbelkastenkante mit Farbgebung und Lackierung gut kaschiert), und er würde mir jetzt dazu raten, erstmal nichts weiter zu unternehmen und abzuwarten, bis - wenn dann - der Riss vielleicht noch weiter auseinandergehen und der D-Wirbel nicht mehr halten sollte.
Das sei dann seiner Meinung nach der Punkt, wo wirklich Handlungsbedarf bestehe; das könne aber vielleicht auch noch zwanzig/dreißig Jahre dauern.
Mit der Methode mit leimgetränktem Holzspahn hat er offenbar auch einige Erfahrung, meinte aber, dass das seiner Erfahrung nach prophylaktisch angeblich nicht viel bringe.
Hm. Who am I to know?

**

code759 Profilseite von code759, 27.02.2017, 23:03:40

Was würde er denn vorschlagen als Reperaturmethode?

Neuester Beitrag Bratsche_13 Profilseite von Bratsche_13, 28.02.2017, 00:33:30

Wie ich ihn verstanden habe, hat er einiges an Erfahrung sowohl mit der Ausbuchser- als auch der Leimholzspan-Methode, scheint aber von beiden nicht allzu überzeugt, was das Verhältnis von Aufwand bzw. Größe des 'Eingriffs' zu Nutzen/Dauerhaftigkeit betrifft.
Er scheint allgemein dazu zu tendieren, solche Eingriffe nur dann vorzunehmen (oder dann tatsächlich auch mal den ganzen Wirbelkasten auszutauschen), wenn man halt was machen muss, vor allem, wenn der Wirbel dann eben nicht mehr hält. Offenbar hat er die Erfahrung gemacht, dass sich solche Risse häufig nicht (so schnell) verschlimmern und dann vielleicht auch erst nach Jahren oder Jahrzehnten mal wirklich was gemacht werden muss.

Besonders die Vorstellung, womöglich dann mal den ganzen Wirbelkasten auszutauschen, fand ich erst schockierend (auch wenn das ja jetzt erstmal gar nicht ansteht, und vielleicht auch die nächsten zwanzig... Jahre nicht ...). 
Da mir der Hals meiner (ansonsten supertollen) Bratsche allerdings eh zu schmal ist und ich mir mit allen möglichen 'Fremdbratschen' verschiedenster Größe, aber mit breiterem Hals, auf Anhieb sehr viel leichter tue als mit meiner eigenen Bratsche, die ich in letzter Zeit sehr viel spiele - was schon echt krass ist und sich nicht sonderlich gut anfühlt -, bin ich langsam am Überlegen, ob es nicht womöglich eine gute Idee sein könnte, tatsächlich eine große 'OP' zu wagen und dann aber gleich den ganzen Hals samt Wirbelkasten austauschen zu lassen... (was natürlich prinzipiell auch krass ist).
Na ja, erstmal setzen lassen und weitersehen.

 

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