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Teufelstrillersonate für Geige allein?

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Flitzebogen Profilseite von Flitzebogen, 23.09.2016, 14:58:21
Teufelstrillersonate für Geige allein?

Der Titel sagt es schon - ich bin auf die Teufelstrillersonate in einer Fassung für Geige allein gestoßen (war es Youtube? -wahrscheinlich...).

 

Ich bin offen gesagt zu bequem, selber zu recherchieren, falls jemand mir hier die Antwort mühelos liefern könnte: Ist das dieselbe Fassung wie die mit Begleitung, nur einfach ohne, oder gibt es von Tartini eine wirklich eigene Soloversion? Derartige Noten habe ich nämlich nicht gefunden.

 

LG, Flitzebogen

Stehgeiger Profilseite von Stehgeiger, 25.09.2016, 13:00:14

Hallo Flitzebogen!


In einem Katalog habe ich vor langer Zeit folgende knappe Angabe gefunden:


Sonata g-moll
Verlag: Universal Music Publishing Ricordi Americana
Komponist: Tartini Giuseppe
Besetzung: VL
Bestell-Nr.: ERBA 11039


Möglicherweise ist es das was Du suchst. Wenn nicht, kann man folgende Spur verfolgen:


"Giuseppe Tartini Sonata in Re-maggiore per violino solo"
Herausgeber: Ney Tibor
Verlag: Editio Musica Budapest (EMB)
(es existiert auch eine Ausgabe der Edition Schott (Mainz).)


Auf der Wikipedia-Seite von Tibor Ney (
https://en.wikipedia.org/wiki/Tibor_Ney
) steht, er habe mehrere Werke der Tartinis bearbeitet.
Vieleicht sollte man für die g-moll Sonate bei diesem Bearbeiter und diesem Verlag mal nachforschen.
Falls sich das bestätigt, häng an diesen Thread doch bitte eine Nachricht mit detailierteren Angaben über die Ausgabe der g-moll Sonate an.


Im Voraus vielen Dank. Ich wünsche Dir viel Erfolg bei der Suche.


Mit vielen Grüßen

 

Flitzebogen Profilseite von Flitzebogen, 27.09.2016, 18:27:40

Ich schaue hier natürlich nur mal wieder rein, wo ich keine Zeit habe...Aber danke für die Tipps, werde sie demnächst einmal verfolgen!

 

Wir waren doch auch im Dialog wg. Beriot Concerto a-Moll - meine Schülerin hat mittlerweile einen Blick hinein geworfen, und zwar haben wir uns für die Dowani-Ausgabe mit CDs entschieden. Fingersätze, Striche etc. scheinen überall gleich zu sein, zumindest allergrößtenteils. Ich habe mir selber daher die einfache IMSPL-Download-Version gegönnt, und das Mädchen hat nun die Luxusnoten. ;-) Soviel als Update, danke nochmal.

 

LG, Flitzebogen

Stehgeiger Profilseite von Stehgeiger, 27.09.2016, 22:37:46

Hallo Flitzebogen!


Auf der Wikipedia-Seite der Teufelstriller-Sonate


https://en.wikipedia.org/wiki/Violin_Sonata_in_G_minor_(Tartini)


kann man lesen, daß Tartini der Solovioline nur einen Generalbaß hinzugefügt hat. Daraus folgt, daß die ausgesetzten Begleitstimmen die von den Verlagen herausgegeben werden Bearbeitungen sein müssen. In der von Dir gehörten Aufnahme wurde möglicherweise nur der Generalbaß weggelassen ohne an dem Solopart der Violine etwas zu ändern. Wenn Du dir die Violinnoten besorgst und Dir die Aufnahme wieder ins Gedächtnis rufst kannst Du das einfach mal vergleichen.

 

Danke für die Info zu dem Beriot-Konzert.


Mit vielen Grüßen
 

Stehgeiger Profilseite von Stehgeiger, 27.09.2016, 23:56:51

Ergänzung:

 

Korrektur des obigen Links (der Editor schneidet in der Referenzierung wieder die hintere Klammer ab)

 

en.wikipedia.org/wiki/Violin_Sonata_in_G_minor_(Tartini)

 

Die Wikipedia-Seite verlinkt auf

 

imslp.org/wiki/Violin_Sonata_in_G_minor,_B.g5_'Le_trille_du_diable'_(Tartini,_Giuseppe)

 

Dort findet man eine Partitur, in der die Solovioline im ersten Satz zweistimmig gesetzt ist - im Gegensatz zu den meisten Ausgaben fürVioline und Klavier.

Stehgeiger Profilseite von Stehgeiger, 28.09.2016, 12:03:09

Nachtrag:

 

Bei der genannten Partitur handelt es sich um die Erstausgabe des Werkes von 1799.

Beim Vergleich dieser Erstausgabe mit später entstandenen Einrichtungen und Transskriptionen berühmter Solisten (Kreisler, Joachim, etc.) die ebenfalls auf dieser Seite eingesehen werden können, erkennt man, daß die meisten der Bearbeiter den Solopart teilweise vereinfacht oder verändert haben, indem Teile der Solostimme auf das Begleitinstrument übertragen wurden. Das war laut Erstausgabe gar nicht so vorgesehen.. Der Solovioline war dort eine viel gewichtigere Rolle zugedacht.

 

Diese späteren Bearbeitungen werden heute noch immer von den Verlagen verkauft. Es wäre interessant zu wissen, ob ein Nachdruck der Erstausgabe verfügbar ist.

 

Mit vielen Grüßen

peerceval Profilseite von peerceval, 16.12.2016, 12:13:18

Lieber Stehgeiger; jetzt muss ich doch einmal nachfragen:

Meinst Du wirklich, dass in dem von Dir verlinkten PDF die obere Notenzeile mit ihrer zweistimmigen Notation die Version für die Violine und die untere Notenzeile den Generalbaß ausmacht?

Demnach hätte der Violinist auch große Nonen (etwa Takt 6)  oder gar Dezimen (Takt 9) etc. zu greifen. Außerdem: wenn die Bassstimme als Generalbass gemeint ist, müsste sie dann nicht mit der üblichen Generalbassnotation per Zahlen harmonisiert sein?

Könnte es nicht sein, dass es sich bei diesen Noten überhaupt nur um eine ausgeschriebene "Klavier"-stimme handelt? Immerhin liegt b eides zusammen recht "klavierig", will sagen cembalohaft: auch die Dezimen es' g'' in Takt 9 sind auf dem Cembalo recht problemos zu greifen.

Ich bin mir nicht sicher, ob dieses PDF das vom Komponisten gemeinte für die Violine wirklich widergibt. Hättest Du noch ein paar Zusatzinfos für mich?

 

herzlichst P

Neuester Beitrag Stehgeiger Profilseite von Stehgeiger, 12.02.2017, 20:58:38

Hallo peerceval,


Deinen Beitrag habe ich gerade eher zufällig beim "Aufräumen" meiner Mailbox entdeckt. Tut mir leid, daß Du solange warten mußtest.
Informationsquellen zu Guiseppe Tartinis Sonaten sowie Hinweise zur Ausführung findet man in:
[1] Joseph Joachim und Andreas Moser, "Violinschule", Berlin 1905, Band III, S. 70 - 85
[2] Paul Brainard, "Journal of the american Musicological Society", 1961, Nr. 3, S. 383 - 393
[3] Lev Ginsburg, "Giuseppe Tartini", Eulenberg Zürich, 1976, S. 95 ff
[4] Giuseppe Tartini, "Traktat über die Musik gemäß der wahren Wissenschaft von der Harmonie" übersetzt von Alfred Rubeli, Verlag der Gesellschaft zur Förderung der systematischen Musikwissenschaft e.V., Düsseldorf 1966


Bevor ich auf Deine Frage eingehe, möchte ich im Voraus folgendes anmerken:
a) Das Originalautograph zu Tartinis Sonate mit dem Teufelstriller ist verschollen. Wie Tartini sich die Sonate selbst gedacht hatte, bleibt bis zur Wiederauffindung eines Originalautographs unklar. Berichte von Zeitzeugen über Aufführungen dieser Sonate durch Tartini selbst legen die Vermutung nahe, daß Tartini über mehrere Jahrzehnte hinweg bis zu seinem Tod die Sonate immer wieder überarbeitet und verbessert hat.


b) Die von mir zitierte Version der Erstveröffentlichung durch J.-B. Cartier in seiner  "Schule" (die von Dir angesprochene pdf-Datei) basiert auf einer Handschrift, die ihm von P.Baillot überlassen wurde. Der Notentext dieser  Erstveröffentlichung stimmt mit einer in Padua aufbewahrten handschriftlichen Kopie weitgehend überein. Wie eng der Bezug zu einem eventuellen Originalautograph sein könnte, ist auch hier unklar.


c) Zu Tartinis Zeit, dem ausgehenden Barock, war es noch immer üblich, während einer Aufführung zu improvisieren. Als Komponist und ausführender Solist hat Tartini diese Improvisationstechnik sicher grundlegend beherrscht. Während  eines Vortrages hat Tartini dort, wo er mehr harmonische Fülle benötigte oder die Prägnanz einer Modulation verstärken wollte, vermutlich eine 2. Stimme hinzuimprovisiert und diese auch selbst geigerisch ausgeführt. Das geigerische Potential dazu hatte er allemal. Daß Tartini es meisterlich verstand geigerische Polyphonie zu nutzen, erkennt man an seinen Solosonaten.
Ein Beispiel dafür, wie Tartini einen von ihm einstimmig notierten Satz einer seiner Solosonaten vermutlich mit Doppelgriffen und Akkorden ergänzt hat, findet man in [2].
Das alles macht es wahrscheinlich, daß Tartini seine Kompositionen kaum jemals absolut ohne Veränderungen gespielt hat. D.h. eine endgültige Fassung eines seiner Werke gibt es vermutlich nicht.


d) Typische Instrumente zur Ausführung eines Generalbasses zu Tartinis Zeit waren das Violoncello, das Cembalo oder die Orgel. Tartinis bevorzugter und ständiger Partner bei Aufführungen war der als sehr geschickt beschriebene Cellist Antonio Vandini.


e) Tartini war einer der frühen Entdecker der Ober- und Kombinationstöne. Er hat über diese Entdeckungen ein Buch geschrieben (siehe [4]). Er kannte die klanglichen Effekte des Akkordspiels also sehr genau und hat sie bewußt eingesetzt, wie man in seinen Kompositionen sehen und hören kann.


f) Im ausgehenden Barock, also zur Zeit um Tartinis Tod und danach, begann der Niedergang der Generalbaßnotation (siehe z.B.
https://de.wikipedia.org/wiki/Generalbass#Dek ... im_sp.C3.A4ten_18._Jahrhundert
)
Bezifferungen von Generalbaßstimmen aus dieser Zeit waren oft inkonsistent oder fehlten ganz.


Zurück zu Deiner Frage:
Aus oben genannten Gründen denke ich schon, daß im oben zitierten Notendruck die obere Zeile mit dem Violinschlüssel alleine die Solostimme der Violine repräsentiert und die zweite Zeile mit dem Baßschlüssel den Generalbaß.
Daß der Generalbaßspieler beim Aussetzen des Generalbaßes sich auch an der Unterstimme im Solopart orientiert ist weder verboten noch ehrenrührig.
Hätte Tartini die Unterstimme des Soloparts ausschließlich als Hilfe für den Generalbaß vorgesehen, so wäre es verwunderlich, daß er dies nur im langsamen 1. Satz tut und nicht auch in den schnelleren nachfolgenden Sätzen. Zudem sollte man bedenken, daß Tartini solche Stücke vorwiegend für sich und seinen Cellisten Antonio Vandini schrieb. Warum sollte er die Noten für das Cello über zwei Liniensysteme verteilen?
Die wenigen Dezimen- und Nonengriffe die im langsamen 1. Satz vorkommen, sind ein musisches Ausdrucksmittel dessen klangliche Wirkung Tartini gezielt einzusetzen wußte (siehe oben Punkt e)). Zudem liegen die Doppelgriffpassagen und Akkorde im ersten Satz äußerst "griffig". Man muß kaum über die 3. Lage hinausgehen. Wie ich in Punkt c) bereits zu argumentieren versuchte, vermute ich vielmehr, daß Tartini wesentlich mehr als die in der Solostimme notierten Noten gespielt hätte - aber nicht weniger.


Ich wünsche Dir und allen Mitlesern noch einen schönen Tag!
 

Flitzebogen Profilseite von Flitzebogen, 01.10.2016, 22:30:43

Sehr interessant. Nur, ist denn ein Generalbass so unwichtig, dass man ihn nach Belieben einfach weglassen kann?

Aber offenbar hat nicht jeder derartige Hemmungen.

Irgendwie ist Tartini an mir bisher fast vollständig vorbeigegangen, bzw. ich an ihm. Habe nur als Schülerin mal die "Didone abbandonata" gespielt. Aber seit vor einigen MOnaten einmal eine Sendung über ihn im Radio lief, war ich doch fasziniert. An romantisierten Fassungen von Barockmusik wie von Kreisler habe ich persönlich bisher kein so großes Interesse, aber diese Teufelstriller einmal doch in einer ursprünglicheren Form wären bestimmt spannend.

 

LG, Flitzebogen

vioharp Profilseite von vioharp, 15.12.2016, 00:53:27

Soweit ich weiss, bedeutete "per violino solo" bei den alten Italiener nur eben 1 Solo-Violine und nicht 2, und der Generallbass gehörte selbstverständlich dazu. Die richtige Solosonaten wie bei Geminiani oder Campagnoli hißen irgendso wie Per violino senza bass oder einfach Per violino.

Die Kadenz von Kreisler für die Teufelstriller-Sonate ist dermassen genial und passt so unglaublich zu der ganzen Konstruktion... sie ist tatsächlich eine große Ausnahme aus der Unmenge von den romantischen Barockmusik- Bearbeitungen, die heute nur zum Lachen bringen und zum Müll gehören. Werden sie vieleicht morgen wieder Geschichte und dadurch wieder interessant? Kommen wir in 20 Jahren wieder zum Thema... :)

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