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Insektenschutz/Kleber von Lack entfernen

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umbre Profilseite von , 19.09.2016, 22:26:43
Insektenschutz/Kleber von Lack entfernen

Guten Abend,

 

ich habe folgendes Problem:

ich hatte einen Insektenbefall in meinem Geigenkoffer (Milben wahrscheinlich), die mir die Bogenhaare abgefressen haben zum Teil. Jedenfalls, jemand kam auf die Idee den Geigenkoffer mit Insektenmittel zu behandeln. Dann war ich erstmal eine Woche weg und der Koffer stand offen, behandelt. Irgendwer hat die Geige dann ohne Tuch, etc. trotz meinen Hinweis in den Koffer gelegt und ich komme heim und mich trifft der Schock:

Die Geige klebt im Koffer fest und an der Unterseite des Lackes bilden sich solche Klebereste (es sieht jedenfalls danach aus). Die sind auch an den Saiten geklebt, das hab ich dann mit Alkohol gut weggebracht von den Saiten. An den Lack trau ich mich mit Alkohol aber nicht ran. Hab ein kleines Stück probiert, der Kleber wird zwar matter, aber ich sehe auch bräunl. Stellen auf dem Tuch da hab ichs dann ganz gelassen.

 

Weiß jemand, wie man Insektenschutz von der Geige entfernen kann? Bzw. klebeartiges Zeug? Das ist auch keine billige Schülergeige oder so, sondern ein ordentliches Stück. Zwar nicht unheimlich wertvoll, aber auch nicht ganz billig.

 

Das Problem ist, ich kann mir leider weder einen neuen Koffer oder eine Neulackierung leisten. Deshalb würde mich erstmal interessieren, was ich ausprobieren kann, ohne den Lack zu beschädigen.

 

Sollte es keinen Ausweg geben, was würde denn eine Reperatur ungefähr kosten, wenn nur der Boden betroffen ist?

 

Vielen Dank im Vorraus.

 

Mit freundlichen Grüßen

Stehgeiger Profilseite von Stehgeiger, 20.09.2016, 12:27:11

Hallo umbre!

 

Das Wichtigste zuerst:

 

>> Auf keinen Fall mit Lösungsmitteln an den Violinlack oder die Bogenlackierung gehen!<<


Violinlacke und der Schellack des Bogens sind alle alkohollöslich. Wenn Du versuchst die Insektenvernichterreste mit einem alkoholgetränkten Tuch abzulösen, wirst Du auch den Lack von Deiner Geige waschen. Es hängt sehr stark von der Zusammensetzung des Geigenlacks ab, ob und mit welchem Lösungsmittel die Anhaftungen beseitigt werden können.

 

Mechanische Reinigungsversuche würde ich vorerst auch unterlassen.
Es besteht die Gefahr, daß die in den anhaftenden Insektenvernichterresten enhaltenen Lösungsmittelreste den darunterliegenden Lack bereits angelöst haben. Hebst Du die Insekternvernichterreste mechanisch ab, dann würde in diesem Fall auch die nun weiche Lackoberfläche mit entfernt.

 

Die Milben knabbern auch an den Roßhaaren des Bogenbezugs. Du solltest den Bogenbezug umgehend ganz ersetzen um dort evtl. vorhandene Milben oder deren Eigelege zu entfernen. Sonst riskiert Du einen Wiederbefall des Kastens. Der Bogenbezug ist bei Befall ohnehin verloren.

 

Das Problem mit den Milben wurde hier im Formum schon behandelt, siehe:
http://forum.geigen-forum.de/forum-0-9527-53_Parasiten-neue-Bespannung-u-Koffer

 

Einen Behandlungsvorschlag und vorbeugende Maßnahmen gegen Befall die von einem Geigenbauer stammen findet man hier unter Punkt 3:
http://www.geigenbauonline.de/tipps-und-trick ... en/items/mein-bogen-haart.html
Zitat:
"Sollten mehrere Haare auch nach längerem Nichtgebrauch an der fast gleichen Stelle reissen, deutet dies auf Milbenbefall hin. Diese Tierchen fühlen sich im Samt des Etuis wohl um mögen auch die Haare. In einem solchen Fall umgehend die Haare entfernen (lassen) und das Etui mit einem starken Staubsauger aussaugen. Als Vorbeugung sollte ein Zedernholzstück in den Kasten gelegt werden."

Bei Deinem aktuellen Problem erscheint mir folgendes Vorgehen am sinnvollsten:

 

1. Herausfinden welche(s) Lösungsmittel der Hersteller des Insektenvernichters für sein Produkt verwendet hat. Siehe Packungsbeilage. Wenn dort nichts eindeutiges zu finden ist, dann wende Dich direkt per E-mail oder telephonisch an den Hersteller, schildere das Problem und fordere dringend eine Auskunft.
Diese Information brauchst Du unbedingt, wenn die Geige und das Futter im Geigenkasten wieder sauber werden sollen.

 

2. Behandlung des Instruments:
Mit der Information über das/die Lösungsmittel und mit der Geige und dem Bogen zu einem Geigenbauer gehen (am Besten den Geigenbauer der das Instrument lackiert hat oder seinen Nachfolger) der die Zusammensetzung des Geigenlacks einschätzen kann um zu entscheiden, ob man mit einem vom Hersteller genannten Lösungsmittel die Anhaftungen gefahrlos entfernen kann. Am Besten läßt Du das dann auch vom Fachmann machen. Er kann am Besten mit dem Geigenlack umgehen und weiß was zu tun ist, wenn der Violinlack unter den Resten des Insektenvernichters tatsächlich schon weich geworden ist. Das genaue Vorgehen kannst Du vor Ort im Gespräch mit dem Fachmann klären.

 

3. Bogenbezug vom Geigenbauer erneuern lassen.

 

4. Behandlung des Kastens:
Das Futter/Die Textilauskleidung Deines Geigenetuis ist nun schon von dem klebrigen Insektenvernichter durchdrungen. Das sicherste Mittel zur Entfernung ist das Spülen der Textilauskleidung mit dem Lösungsmittel des Insektenvernichters. Das ist aber nur möglich, wenn Du die Textilauskleidung herausnimmst. Sonst waschen sich die Chemikalien nur nach unten in die Polsterung. Von dort kann man sie nicht entfernen und sie können im Lauf der Zeit wieder nach oben gelangen. Auch das Aufbringen von Waschlösungen oder Sprühreinigern kann den Insektenvernichter möglicherweise binden, aber es wird immer ein Teil dieser Verbindung in die Polsterung gespült aus der sie dann wieder langsam nach oben wandern kann. Die Langzeitwirkung dieser Chemikalien auf das Instrument ist unklar.
Wenn ein neuer Kasten keine Option ist, bleibt als sichere Reinigungsmöglichkeit nur die i.d.R. eingeklebte Textilauskleidung des Geigenetuis herauszulösen, sie von den klebrigen Insektenvernichterresten zu reinigen und sie dann mehrfach zu waschen um sie nach dem Trocknen wieder einzukleben.

 

5. Als Schutz vor Wiederbefall, siehe obigen Link auf die Seite des Geigenbauers mit dem Hinweis auf ein Stück Zedernholz.

 

Viele Grüße
 

Geige Profilseite von Geige, 20.09.2016, 20:56:39

Das sollte vom Geigenbauer gerichtet werden.
Vermutlich ist das Lösungsmittel, welches den Lack angelöst hat mitlerweile verdunstet und der Lack hat eine gewisse Festigkeit wiedererlangt. Wenn jetzt in Eigenregie  mit Chemikalien herumexperimentiert wird, ist die Warscheinlichkeit einer Verschlimmbesserung sehr groß. Ich kann deshalb nur dringlich raten einen Geigenbauer aufzusuchen.

Angelöste Lacke, die durch den Kontakt zum Etuifutter in der Oberfläche gelitten haben, müssen gegebenenfalls aufpoliert werden. Eine komplette Neulackierung ist in der Regel nicht notwendig. Sollte viel Lack im Kastenfutter hängen geblieben sein, ist eine Retusche in dem Bereich notwendig.

 

Um Milben oder Holzwurmbefall ohne chemische Keule sicher zu beseitigen ist eine längere Wärmebehandlung eine gute und umweltschonende Methode. Auf diese Weise habe ich schon gekaufte Schränke und eine alte Hobelbank  sowie befallene alte Tonhölzer sicher "entwurmt".

Dieser Möbeltischler hat einen garagengroßen Raum, der über drei Tage auf 55 Grad erhitzt wird und mit befallenen Möbelstücken vollgestellt wird. Bei 55Grad zersetzen sich die Eiweissmoleküle und der Wurm/ die Milbe "entschläft".

Wichtig bei diesem Verfahren ist die Regulierung der Feuchtigkeit. Bei zu starker Trockenheit  könnten Risse entstehen. Dies wird bei Trave Antik genau überwacht :)

www.trave-antik.de/index.php/2015-10-29-10-33-38/holzwurmbekaempfung

umbre Profilseite von , 25.09.2016, 12:26:23

Vielen Dank euch allen.

Die Geige werde ich dann mal zum Geigenbauer bringen, der die Geige gebaut hat. Der hat nur leider seinen Sitz im Ausland, weshalb das leider nicht von heute auf morgen geht. Ich hoffe mal, dass das dann besser wird und der Lackschaden ausgebessert werden kann.

Ich habe versucht die Polsterung des Koffers auszuwaschen und die Geige nur noch im Seidentuch in den Koffer gelegt, jedoch kam das Insektenschutzmittel durch das Tuch durch und dann klebte die Geige am Tuch.

Geigenkoffer hab ich jezt endgültig entsorgt und mir einen neuen angeschafft.

 

Bei dem Link steht jemand hat den Koffer mit Insektizid behandelt und der hat dann dann auch ein Seidentuch genommen. Ich habs zwar auch auslüften lassen, aber bei mir konnte man den Koffer danach vergessen. Aussaugen hab ich natürlich vorher versucht, hat aber nichts gebracht. Die Viecher kamen nach 2 Wochen wieder.

 

Meinen Bogen hab ich mich noch nicht getraut reinzulegen. Ich habe zwei Bögen. Einer wurde richtig angefressen und der andere nur so mäßig. Soll heißen, einen kann man nicht mehr benutzen, der andere hätte noch genug Haare, um spielen zu können. Da fehlen vllt. 5,6 Stück oder so. Beim anderen ein ganzer Büschel. Dass der andere Bogen eine Neubehaarung braucht steht außer Frage - aber mein Zweitbogen mit dem ich z.Zt. spiele und auch befallen wurde, jedoch nicht stark - ist bei dem auch unbedingt eine Neubehaarung nötig? Mit Spiritus hab ich die Bogenhaare bereits ausgewaschen.

So einen warmen Raum habe ich leider nicht zur Verfügung. Ich meine auch gelesen zu haben, dass Kälte (Gefrierschrank) die Tierchen tötet. Oder ist das schlecht für den Bogen (es ist ein Carbonbogen).

Stehgeiger Profilseite von Stehgeiger, 25.09.2016, 16:31:09

Hallo Umbre!

 

Das Problem bei Parasiten ist, daß sie Eigelege hinterlassen können. Aus diesen können nach einiger Zeit neue Parasiten kriechen. Die Eigelege sind in der Regel unempfindlich gegenüber Insektenvernichtern und Reinigungsmitteln. Daher mein Rat zur Vorbeugung was die Bögen betrifft, um einen Wiederbefall zu vermeiden.


Die von Geige vorgeschlagene Wärmebehandlung, aber auch eine Kältebehandlung in der Tiefkühltruhe würden auch die Eigelege zerstören.

 

Zur Wärmebehandlung:
Als "Wärmeraum" könnte man es mit dem Bratrohr des Küchenherdes versuchen. Bei einem größerem Backrohr könnte der Bogen diagonal hineinpassen. 55 bis 60 Grad Celsius sind für einen Carbonbogen nicht zu viel. Zudem enthält die Bogenstange kein Holz das in der Wärme austrocknet. Wenn der Frosch aus Ebenholz ist, kann eine dazugestellte  große Schüssel mit Wasser für eine gesättigte Luftfeuchtigkeit während des Backens im Bratrohr sorgen. Ein paar Stunden wird man den Bogen schon "backen" müssen um evtl. Eigelege sicher unschädlich zu machen. Man sollte darauf achten, daß Teile des Bogens nicht zu nahe an den Heizelementen des Backrohrs zu liegen kommen. Dort kann die Temperatur beim Aufheizvorgang lokal höher werden als der am Thermostat eingestellte Temperaturmittelwert.


Zur Kältebehandlung:
Hier hilft die "Anomalie des Wassers" (das ist die Tatsache, daß sich Wasser bzw. Eis bei Temperaturen unter +4 Grad Celcius wieder  auszudehnen beginnt) um die Zellwände in den Eigelegen zum Platzen zu bringen und so den lebenden Organismus zu zerstören. Das funktioniert, weil die Zellen aller Lebewesen (auch ihre Eier) Wasser enthalten. Man sollte bei einer solchen Behandlung mit der Temperatur ordentlich unter 0 Grad Celcius gehen (-15 bis -25 Grad Celcius), damit das in den Zellen gebildete Eis sich richtig ausdehnt und die Zellwände sicher sprengt. Dieser Effekt kann aber auch anorganische Materialien zerstören die Wasser enthalten, wenn sie nicht flexibel genug sind. Getrocknetes Holz mit einer Restfeuchte von ca. 5%, sollte damit kein Problem haben, sonst gäbe es in Sibirien schon lange keine Taiga mehr. Carbon hat mit der Kälte kein Problem.

 

Bei beiden Behandlungsvarianten sollte man die möglicherweise verschieden großen Ausdehnungskoeffizienten der Materialien an ihren gegenseitigen Kontaktstellen beachten, z.B. Kopfplatte und Bogenspitze oder Froschring und Ebenholz. Sind die Ausdehnungskoeffizienten sehr verschieden, so können sich bei starker Erwärmung oder Abkühlung die Leimstellen lösen.


Ich schließe mich asmahans Bedauern an. Du hast bei dieser Sache ohne eigenes Zutun wirklich ungewöhnlich großes Pech gehabt. Murphys Law kam hier bisher voll zur Geltung. Deswegen, geh kein weiteres Risiko ein und überleg Dir gut was Du machst.


Viele Grüße
 

asmahan Profilseite von asmahan, 25.09.2016, 12:55:02

Das war ich mit dem Insektizid; es war ein spezifisch für Textilien und auch Matratzen hergestelltes Produkt (Sanytol), das aber offensichtlich wesentlich weniger aggressiv wirkt als das von Dir verwendete, sonst könnte man's ja auch nicht für die Matratze brauchen. Ich hatte nachher keinerlei Probleme mit dem Koffer. Du hast wirklich rasend Pech gehabt - dass das Zeug auch nach dem Auswaschen und trotz des Tuches noch angreift, ist fast schon dämonisch.

Neuester Beitrag umbre Profilseite von , 26.09.2016, 21:14:48

Danke euch allen.

Soo mein neuer Koffer soll laut DHL-Sendungsverfolgung morgen ankommen. Ich habe jetzt mal beide Bögen in die Gefriertruhe getan. Ich hoffe mal, dass die Viecher dann wirklich alle schön tot sind. Dann muss ich den anderen Bogen nämlich erst behaaren lassen, wenn der Ersatzbogen abgespielt ist... Ist ja auch wieder eine finanzielle Investition, die man sich als Schüler nicht so einfach leisten kann >.< Ich hoffe, dass durch die Kältebehandlung der neue Koffer von Neubefall verschont bleibt.

Mein Kolophonium, das in dem Koffer war wurde auch entsorgt. Hab mir bei der Gelegenheit gleich mal ein besseres besorgt.

 

Hmm, da hatte ich mit dem Insektizid wohl einfach nur Pech gehabt... Woher sollte ich auch wissen, dass es klebt. Das was ich hatte, war jetzt für Menschen gedacht. Bzw. beide. Ich habs mit zwei unterschiedl. behandelt. Kann auch sein, dass die miteinander zu Klebstoff reagiert haben. Wie dem auch sei.

Ich finds halt nur schade, weil der Koffer (ein Gewa Maestro) doch recht teuer war und das Ding zu entsorgen tut schon bisschen weh. Ich hab mir jetzt einen günstigeren gekauft aus Sorge vor Neubefall und auch weil mir z.Zt die finanziellen Mittel dazu fehlen.

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