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Unverhofft kommt oft

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peerceval Profilseite von peerceval, 16.11.2013, 19:58:15
Unverhofft kommt oft

Nun ist es endlich (fast) so weit. Ich hatte ja früher schon einmal angedeutet, dass ich einer Schleske-Geige zugewandt sei und dass ich mir so eine im Frühjahr 2014 für Mitte 2015 bauen lassen wollte. Doch unverhofft, kommt oft. Vielleicht kann der eine oder andere ja an meine Erfahrungen anknüpfen - so, wie ich Eure Sichtweisen und Ratschläge geschätzt und in meine Geschichte eingewebt habe.

In der Tat hatte ich Anfang diesen Jahres Kontakt mit Herrn Schleske. Und er mailte mir, ich solle doch schon früher bei ihm vorbei kommen, damit wir diskutieren könnten, was ich den überhaupt wolle. Batsch, damit war meine nächste Krise da! Was wollte ich denn  überhaupt? Und wie sollte ich das ausdrücken? Oder gar erkennen, wenn es da ist?

Was ich wusste, war zweierlei: Es sollte eine moderne Geige sein, keine rückwärts gewandte. Deshalb war ich ja auf Herrn Schleske gestoßen. Immerhin baut er Geigen auch mit den Mitteln eines modernen Physiklabors. Und dann sollte es die Geige für den Rest meines Lebens sein - der, recht gesehen, dann vielleicht doch nicht so ganz klein werden würde. Also keine Akademieklasse, auch keine Konzertklasse, sondern Solistenklassen. Wenn schon, denn schon. Selbst wenn mein einziger solistischer Moment der in meinem Zimmer ist, mit geschlossenen Fenstern und Türen. Ein Masarati auch dann, wenn ich damit nur im Wendehammer kreisen würde. Aber für eine 'Auftragsbeschreibung' für jemanden, bei dem Virtuosen ein- und ausgehen, war das schlicht zu wenig. Irgendwie sollte ich da tunlichst nicht ins Stammeln kommen.

So habe ich eine 'Geigen-Lern'-Programm besonderer Art gestartet - mit einem nun überraschenden Ergebnis:

Am Beginn stand natürlich die Frage nach dem Wert einer Geige, artikuliert auch im Buch von Frau Geschaider. Über 6000 Euro gäbe es vom Klang her keine wirklichen Unterschiede mehr, hieß es da. Aus dem Dilemma, wie ich mir eine wertvolle moderne Geige kaufe, die auch wertvoll bliebe, musste ich mich offensichtlich befreien: Wertsteigerung gibt es vielleicht bei Oldtimern, nicht bei Neuwagen. Wert ist eine Geige wirklich das, was ich dafür bereit bin zu bezahlen (eben weil jemand es zu zahlen bereit ist). Und beim Wiederverkauf würde ich gewiss nicht das wiederkriegen, was ich ausgegeben haben. Warum auch: jeder andere, der dieselbe Summe ausgeben wollte, könnte doch selbst'zu Herrn Schleske gehen und sich dafür eine ganz eigene neu bauen lassen. Warum also solte er meine für dasselbe Geld nehmen? Mit anderen Worten: kein falscher Ehrgeiz. Beim Neuwagenkauf wissen wir ja auch, dass unser neues Schätzchen in dem Moment, wo wir vom Hof des Verkäufers fahren nur noch 3/4 so viel wert ist (Wiederverkaufswert). Übrigens: der dritte wichtige 'Wert-Begriff' ist - wie ich gelernt habe - der des 'Wiederbeschaffungswertes'. Der ist wichtig bei Instrumentversicherungen. Und sollte bei teuren Geigen über dem Neuwert liegen, möglichst sogar jährlich wachsen. Denn beim nächsten Mal würde Herr Schleske, der Inflation sei Dank, ja berechtigterweise mehr ansetzen. Schließlich wird bei REWE auch nicht alles billiger.

Übrigens: als erstes hab ich dann in der Tat Frau Gschaider und ihren Mann in Bonn besucht. Um über ihr Buch zu reden, klar. Und um bei jemandem anzufangen, den ich schon schätzen gelernt habe. Wo ich mit Vorschussvertrauen mit meinen Fragen auflaufen konnte: Was gab es? Und was wollte ich? Und warum? Und wie sollte ich das erkennen, mit Ohren, Augen (sic!) und Händen (sic!). Das wollte ich lernen.

Ich bin da wirklich sehr zuvorkommenden empfangen worden. Und Frau Gschaider hat mir in doppelter Hinsicht geholfen. Zum ersten hat sie an das Alter ihres Buches erinnert und erklärt, dass sie den Satz heute mit der Zahl 12.000 Euro schreiben würde. [Oopps, das Wiederbeschaffungswertproblem auch hier]. Und dann durfte ich bei ihre einen Amati-Nachbau, einen Stradivari-Nachbau und ein Eigenmodell ihres Mannes spielen. Da hab ich zum ersten Mal gemerkt, dass ich Unterschiede höre und empfinde: Amati eher zart (für mich(sic!): dünn), Stradivari eher 'normal' (für mich(sic!): 'blass'), und der Eigenbau schillernd und ausgesprochen reizvoll. Wenn ihr, liebe Forianer, also in Bonn etc. wirklich gute Betreuung sucht, dann denkt an die Gschaiders. Sie könne wirklich was. Warum es nichts mit uns geworden ist? Nun - ehrlich gesagt: ich fühlte mich damals schlicht noch nicht reif für irgendeine Entscheidung.

Danach bin ich in Berlin bei Felix Kraft gewesen. Ihn hatte ich ausgewählt, weil er auf seiner Webseite endlich mal nicht mit Stradivari- oder Guarneri-Nachbau warb, sondern mit einem Nachbau von Thommaso Balestrieri. Hier habe ich sogar die Nachbau-Bücher ansehen dürfen, Folianten mit Originalbildern und exakten Maßangaben. Hinter der Idee, der Meisterschaft aus dem 17. Jahrhundert als Vorbild zu folgen, steckt ganz konkretes Messen und Tun. Gut zu wissen, dass ich da nicht einem Imagebluff aufsitzen würde, etwas, dass man bloss fühlen kann. Denn wie heißt doch so schön: worüber man nicht reden kann, darüber[sic!] muss man schweigen. Ich durfte hier dann in der Tat die Thommaso mit einer Guarneri vergleichen. Und siehe da: Die Thommaso war - so toll sie auch aussah - etwas blässer, als der Guarnerinachbau. Und so schätze Herr Krafft das offensichtlich auch selbst ein: erstere sollte damals 11000 kosten, letzterer 13000 - womit wir wieder bei der Gschaiderschen Grenze waren, von der an aufwärts es klanglich keine Qualitäts(sic!)unterschiede mehr gäbe. Leider waren aber die beide Geigen auf alt gemacht. Jetzt kennne ich auch die Begriffe dafür: Vollkackierung oder nicht, das ist die Frage: Simulation von Abgewetztheit und Patina gibt es nur ohne Vollackierung. Ich jedenfalls nahm mit, dass ich eher in Guarneri-Richtung suchen sollte. Denn das hatte sich ja auch schon bei Geschaiders angedeutet. Und war nicht auch Herr Schleske ein Verfechter dieser Geigenart?

Meine Abneigung gegen das Altimitat durfte ich dann noch einmal verifizieren, in doppelter Hinsicht. Bei Herrn Arnold in Darmstadt - ebenfalls eine sehr zuvorkommende kompetente Behandlung - konnte ich eine Hargrave aus 2001 für 18.000 sehen. Mehr wollte ich aber schon nicht. Auch auf Drängen nicht. Diese Geige war extrem 'antikisiert'. Klar, auch moderne Geigenbauer müssen anbieten, was der Markt will. Nur warum will der Markt so was? - Na, ja - ich verstehs ja: man spricht von der 'schönen alten Geige', nicht von der 'tollen high-tech Violine'. Umgekehrt konnte ich in München bei Peter Erben seine Opus 300 ausprobieren, ein Eigenmodell in Volllackierung und angeboten für 13.000. Die war wunderbar dunkeln, weich. Und ich konnte sie ohne Kampf spielen. Welch ein Genuss. Nur war sie eben noch nicht fertig. Der Lack musste noch trocknen. Vergessen habe ich sie aber nicht.

Diesen besonderen Moment des Durchatmens hab ich danach noch einmal erlebt. Bei Herrn Schwen in Hamburg. Hier durfte ich einen Amatinachbau, einen Stradivarianachbau und einen Guarnerinachbau spielen. Bei den ersten beiden hatte ich mich wie schon bekannt gefühlt: Der Amatibachbau klang mir klein, der Stradivarinachbau blass. Und beim Guarnerinachbau war es wie durchatmen, die hohen Lagen waren einfach zu spielen, die Tiefe machte spasst, die Höhe präsent und leicht. Oder wir Herr Schwen es ausdrückte: 'Man merkt deutlich, dass Sie sich auf die Guarneri einlassen und die Dinge mutiger laufen lassen.' Daraus folgt natürlich sofort: Die Dünnheit der Amati und die Blässe der Stradivari sind meine Dünnheit und meine Blässe. Leider war aber auch die Guarneri auf alt gemacht, was, so Herr Schwen, auch dem Klang gut täte. Ich war in Versuchung. Wirklich. Aber letztlich hat es nicht gereicht, um meinen Wunsch nach Modernität aufzugeben. Trotzdem habe ich etwas Wertvolles mitgenommen: Dieses Gefühl der beherzten Leichtigkeit und der aktiven Unterstützung, das würde meine neue Geige schon bieten müssen. Drunter würde ich es nun nicht mehr tun.

Schließlich habe ich in Hamburg noch Herrn Osann besucht. Er hatte einen Guarneri-Nachbau in Arbeit, den er schon von Daniel Hope hat sozusagen 'abnehmen' lassen. Nur war dieser Nachbau leider schon vergeben. Zwei Tage später erhielt ich jedoch eine Mail mit einer eher traurigen Geschichte. Dem Preisträger von 'Jugend musiziert', für den diese Geige gedacht war, hatte seine Familie - ohne sein Wissen - eine 'schöne alte Geige' gekauft - die sich dann auch noch als Fälschung herausstellte. Ich hab nur den Kopf geschüttelt. Wie kann man so übergriffig agieren? Lebensgeigen sind doch genau das: etwas für's persönliche Leben. Nun gut, die Familie wollte etwas Gutes tun, und sie wußten es wohl nicht besser. Ich am Anfang dieser Reise ja auch nicht.

Aber wie sagt der Hamburger so nett: Wat den een sin Uhl, ist den annern sin Nachtigall. Herr Osann wollte diese Geige nun mit Volllackierung modern komplettieren und ich dürfte sie im Oktober ansehen, hieß es. 22K würde sie kosten. Ich kann Euch sagen: Die war nun wirklich ein Genuss erster Güte. Silbrig und resonanzfreudig, wie ich es noch nicht gehört hatte. Umgeben von einer Wolke von mitklingenden Obertönen. Und das hatte einen irren Effekt: sauber spielen war auf einmal so einfach, wie nie. Das war wie 'einrasten'. Als ob die Geige selbst sagt: dieser Ton ist es. Und natürlich die Leichtigkeit der Ansprache auch in hohen Lagen und beim Spiccato. Einer der Kampfbereiche bei meiner bisherigen Cunault-Geige; hier wie weggeblasen (was hier natürlich absurd gesagt ist: blasen). Und ich konnte hier zum ersten Mal hören, dass mein Carbonbogen - zumindest bei dieser Geige Obertöne abschnitt. Abgesehen von allem anderen, bin ich damit direkt wieder für 'normale' Holzbögen geöffnet worden.

Die Mach-Art dieser Geige war aber traditionell. Ich hatte sie ja gesehen, unlackiert und offen. Herr Osann baute sie auf den Millimeter genau der letzten Guarnerigeige nach. Er suchte sogar Holz entsprechend der Maserung der Vorlage. Kein Wunder, dass diese Geige solch eine phänomenale Wirkung hat. Nun denn, direkt kaufen konnte ich diese Osann-Geinge dennoch nicht. Schließlich hatte ich noch den Besuch bei Herrn Schleske geplant, zwei Wochen später.

Und ich wollte noch nach Berlin zum absoluten Highlight meines Geigenlernprogramms: die Ausstellung, Messe  oder wie auch immer, namens 'Klanggestalten'. Hier kamen 13 Geigenbauer zusammen und haben ihre Werke nicht nur gezeigt und von jedem, der wollte, ausprobieren lassen, sondern auch von Steffen Picard 'gegeneinander' vorspielen lassen. 13 x Bruch, Beginn langsamer Satz, 13 x Tschaikoswi, langsamer Satz, und 13 mx Bach Sarabande. Und wir Besucher saßen im Auditorium und konnten vergleichend Notizen machen. Für einen ausgefuchsten Projektmanager wie mich ein Kleinigkeit, so was: Skala definieren, Kurzeindruck notieren  Zahlenwert festlegen. Und anschließend sehen, wie die anderen bewertet haben. Tja, andere gehen Sachen anders an. So ist das im Leben. Mein tolles System hat da nicht direkt was gebracht. Ich musste schon mit den anderen Zuhörern sprechen. Wenigsten ergab sich auch im nicht normierten Gespräch, das meine drei Favoriten in etwa zu den 5 der anderen passten. Die angeblich beste hatte ich allerdings nicht auf dem Schirm gehabt.

Genausowenig, wie diesen irren Moment der Erkennens mit einer jener Geigen, die ich im unteren Bereich abklassifiziert hatte. Bruch war mau bei ihr, ohne Frage. Tschaikowski ging gar nicht. Doch dann kam Bach. Und auf einmal funktionierte diese Geige, mehr noch, sie trug die Musik, in einer herausragenden Weise. So kann's auch kommen.

Natürlich habe ich mir dann meine drei Favoriten gegriffen und ausprobiert. Die von Philippe Girardin war mein Platz 1. Und leider eine auf alt gemacht. Das ging nach der Osann-Geige aus Hamburg schon gar nicht mehr. Dann gab es da die von Veronika Dreysse. Mit der lief es wunderbar. Ich konnte sie im Probenraum anspielen: weich, unangestrengt, präsent, zärtlich, schillernd. Jedenfalls, so lange ich nur improvisiert habe. So wie ich mein Auswendigprogramm gestartet habe, wurde sie zickig: Kratzen hier, Brüche da. Klar - ihr wisst schon, warum. Vorspielen ist so gar nicht mein Ding. Und sobald es ernst wird, werde ich angestrengt und verkrampft. Und diese Geige antwortete direkt darauf: 'Eihh, wenn Du nicht bei mir bleibst, wird das aber nix mit uns. Das lass ich mir nicht gefallen. Da verzeih ich nix.'

Tja, was sollte ich anderes tun, als die drittplazierte auszuprobieren. Die von Jacob von der Lippe, einem Norweger. Und siehe da: es flutschte. Oben, unten, rechts, links, laut, leise, beim Improvisieren und beim Abspielen der Noten im Kopf. Toll. Nach drei Minuten hatte ich das Gefühl: jetzt kenne ich sie - irgendwie wurde mir langweilig. Tja, und wie sagte meine Frau abends so treffend: in solchen Situationen lässt man sich scheiden.

Natürlich habe ich dann doch noch diese Solistengeige ausprobiert, von denen andere meinten, sie sei die beste gewesen. Die von Bärbel Bellinghaus. Was soll ich sagen: Sei es meiner wachsenden Arroganz geschuldet (andere nennen es Selbstbewusstsein), sei es meiner Überforderung, beim ersten Strich war klar: geht gar nicht.

Trotzdem, diese Veranstaltung als Ganzes war ein absolutes Event. Ein Hochgenuss. Eine Bereicherung. Wenn ihr die Chance habt, gönnt sie Euch. Auch einfach nur so, z.B. schon 2014. Ich jedenfalls werde es tun, wenn auch nicht einer Geige wegen. Aber wie gesagt: die Frage des dazu passenden Bogens ist noch offen. Und auch die werden da angespielt. Ich denke besonders gern an den Bogen von Rüdiger Pfau zurück.
So war ich diese Woche Donnerstag also bei Herrn Schleske in München. Ich fühlte mich gereift und bereit, mich seine Fragen zu stellen. Was wollte ich: Klar, eine aus der Solistenklasse sollte es sein. Wenn schon, denn schon: modern, nicht künstlich gealtert, voll und reif in der Tiefe, silbern in der Höhe (Obertonreich und resonanzfreudig), trennscharf auf im schnellen Spiel (schnelle Einschwingphase). Ich wollte mich frei und ungehemmt einlassen können, sie sollte mir helfen, bei der Intonation, in der hohen Lage gut ansprechen, sie sollten ein schwirrendes Piano nähe Griffbrett haben. Und sie sollte spannend sein.

Toll, eigentlich hätte ich ihm das als Arbeitsauftrag auch mailen können.

Gekommen ist es anders. Zuerst hat Herr Schleske sich hingesetzt und sich von mir auf meiner Geige mit meinem Carbonbogen vorspielen lassen. Stress pur für mich. Meine Frau sagte nachher, es sei wie beim Tango-Tanzen: wenn ich etwas wolle, würde ich eckig. Aber wenn ich es gehen ließen (tango geht man ja bekanntlich), dann wäre es wunderbar weich, die Frauen lägen mir zu Füßen, oder besser, weil bequemer: in meinen Armen. Nun denn, klar wollte ich was bei, mit und von Herrn Schleske. Womit wir wieder bei meinem 'Ich bringe höchstens 10% über die Rampe'-Problem wären.

Jedenfalls meinte Herr Schleske, mein Cunault-Schätzchen klänge in der Tat etwas gedeckt. Er könne sich gut vorstellen, mir eine neue Geige zu bauen. Aber eigentlich hätte er es lieber, wenn er frei bauen könne. Er können dann besser auf die Geige selbst eingehen. Was aber auch bedeute, das wisse er, dass er anschließend den passenden Kunde für seine Werk suchen müsse. Weshalb ja immer wieder und wiederholt Interessenten zu ihm kämen. Und natürlich würde er nicht mehr nachbauen. Das ei langweilig für ihn. Er würde bestenfalls anleihen. Für ihn sei wichtig, seine 'Schnitzarbeiten' immer wieder in seinem Physiklabor akkustisch ausmessen zu lassen. Wenn man am Oszillograph mal gesehen habe, was ein einziger Hobelstrich bewirke, bekäme man wirklich Ehrfurcht von dem Werken und den Werken. Wir haben lange geredet. Und glaubt mir, Herr Schleske kann wirklich einnehmend erzählen. Ein Genuss, schon das. Schließlich fragte er, ob ich nicht mal die beiden ausprobieren wolle, die er gerade fertig habe.

Das habe ich getan: Die eine silbern, glänzend und irre präsent, die andere golden, schimmernd und schmeichelnd. Mit der silbernen musste ich kämpfen. Sie wollte was, bevor sie geben konnte. Die goldene tat mir gut. Mehr, auf einem detaillierteren niveau, konnte ich es an diesem Tag nicht ausprobieren - so 'verspannt', wie ich war. Aber ich war im Zwiespalt. Die silberne hatte erstmal mehr wow. Die goldene war mir gewogener. Und als Herr Schleske selbst die beiden spielte, hatten sie beide echten Bumms. Aber richtig satt. Nur dass die goldene etwas goldener war.

Tja, was also hat meine Entscheidung vorangebracht:

Zunächst ist die erste Idee bekantlich immer die beste. Eine Geige zu spielen, die auch mit modernen Mitteln gebaut wäre, hatte und hat eine für mich unbezwingbare Anziehungskraft. So sehr mich die Osann-Geige auch in Verführung gebracht hat, es sollte eine Schleske-Geige sein. Definitiv. Auch wenn sich die Preise über die 8 Monate erhöht haben. (Auch hier wieder: Achtung Wiederbeschaffungswert). Und dann konnte ich die goldene nicht beiseitelassen. Erst hatten wir schon abgemacht, dass ich immer wieder kämme, wenn er neue fertig habe. Und wie ich die beiden da so auf dem Tisch liegen sah, die silberne und die goldene, da habe ich mir gesagt, diesen anderen kommenden müssten aber ebenso schön farblich abgesetzt sein, wie die goldene, sie müssten genauso charmant klingen wie die goldene, und überhaupt - was ich dann laut gesagt habe - sei die Vorstellung, sie ginge in die Hände anderer, schon irgendwie schwer erträglich. Woraufhin Herr Schleske meinte, sie erzwinge offensichtlich keine irren Vorleistungen, bevor sie gäbe, und sie sei nach oben so offen und bereit für neues - das passe schon gut.

Das meinte offensichtlich auch der Werkstattshund - und ja, spätestens da war der Kitsch endgültig ins 'Violinfindeleben' gerutscht: Zuerst hatte ich ja die silberne ausprobiert. Und als ich dann auf die goldenen gewechselte war, war der Hund tatsächlich einfach so zur mir gekommen und hatte sich ganz ruhig auf meine Schuhe gesetzt um vor sich hin zu schauen. Was immer das uns in Wirklichkeit sagen sollte, Herr Schleske meinte schließlich, er sei schon bereit, mir die goldene direkt zum Ausprobieren mitzugeben. Er habe schließlich noch zwei weitere, die gerade fertig würden. Und er meine, dass sie so wie die goldene würden, sodass er in der nächsten Woche dem Besuch aus England und vom Hannover Orchester wieder zwei verschiedene vorstellen können.

Natürlich habe ich das Angebot angenommen. Zwei Wochen darf ich jetzt ausprobieren, ob sie es wirklich ist. Und am Donnerstag stelle ich sie meiner Lehrerin vor.

Aber ehrlich: Zuhause kann ich ja mehr und freier. Diese Geige vibriert beim Spielen bis in die Fingespitzen. Ich fühle, wenn die Töne richtig sind. Es kribbelt. Meine Fingerkuppen sehen nach zwei Stunden aus, als hätte ich 2 Stunden gebadet. Was für ein irres schwirrendes Gefühl. Ich kann weit bis ins Griffbrett hinspielen und sie säuselt immer noch. Sie glänzt - klanglich und optisch. Sie hilft mir oben: Fiorillo 28, sauber eindeutig, klar und sanft. Sie hilft mir in der schnellen Linie: 3. Satz, Bach Doppelkonzert, was für eine satter knackiger Sound. Pure Spielfreude. Sie klingt selbst mit Hoteldämpfer reicher und goldener als meine gute alte Cunaultgeige ohne. Und sie ist einfach schön. Was sollte mir eine andere Schleskegeige mehr geben? Tragfähigkeit? Brillanz über einem Orchester? Ich bin sicher, meine Geigenlehrerin wird es ihr attestieren. Dann hätte ich schon jetzt, 1 1/2 Jahre früher meine Geige für's Leben.

Unverhofft kommt eben oft.

Riedingfan Profilseite von Riedingfan, 16.11.2013, 22:44:45
Glückwunsch. Und grüß den Martin Schleske herzlich :))
peerceval Profilseite von peerceval, 16.11.2013, 22:51:36

... gern. Er hat mir auch von Euer tollen Geschichte erzählt: "Endlich mal eine Kapitel 5 Geige"!
herzliche Grüße P.

Riedingfan Profilseite von Riedingfan, 16.11.2013, 23:34:42
Echt? Von sich aus? Oder hast du erzãhlt, dass wir uns "kennen"?
peerceval Profilseite von peerceval, 17.11.2013, 14:15:50

... das ging hin und her. Das kam in dem Kontext zur Sprache, wo es daru ging, dass er lieber 'frei' baut, um sich auf die Notwendigkeiten des Holzes etc zu kümmern, weil ja - so sein Reden - der Meister dem Material gerecht werden müsse, so, wie die Schöpfung ja weitergehe. Und da ich dann die Pastorin aus Coburg mit ihrer speziellen 'Geschichte' erwähnt, wobei er selbst diese Andeutung direkt aufgenommen und die Geschichte detailliert noch einmal erzählt hat - gipfelnd eben in dem Satz, endlich eine Kapitel 5 Geige ...

herzlichst P:

PS.: Irgendwand einmal, wenn ich mich mit ihr eingelebt habe, sollten wir - finde ich - unsere Schätzchen mal zusammen spielen lassen. Spielst Du beim Bach Doppelkonzert eigentlich 1. oder 2. Stimme oder gar beide?

Riedingfan Profilseite von Riedingfan, 17.11.2013, 14:45:13
Die erste. Aber nicht besonders gut, zumal ich momentan fast nur zum Üben von Orchesterstimmen komme, wenn überhaupt.Vivaldi d-Moll Doppelkonzert geht besser ;)
peerceval Profilseite von peerceval, 17.11.2013, 15:16:04

... na, von der Stimmverteilung her würde das aber sehr gut passen, ich kann nur 2. (Und dem Vivaldi hab ich mich noch nicht gestellt.) Wir haben ja Zeit, irgendwann mal. Und Du weißt ja: wenn ich 90% besser wäre als Du [was sicher nicht der Fall ist], würden wir immer noch auf gleichem Level spielen - man muss halt mit seinen Schwächen leben. Aber wie gesagt, wie haben ja noch Zeit - ist nur eine Idee ...

Beste Sonntagsgrüße, liebe(r) Riedingfan, von P.

DebianFan Profilseite von DebianFan, 17.11.2013, 16:09:40

Der Herr Schleske steht auch auf meiner Besuchsliste. Aber frühesten in einigen Jahren, bei meinem aktuellen Können wäre so eine Geige sicher Perlen vor die Säue geworfen.

 

Riedingfan Profilseite von Riedingfan, 17.11.2013, 16:48:49
Ja, das dachte ich auch. Aber selbst mein wenig perfektes Gefiedel klingt auf "seiner" Geige besser als auf meiner alten. Ausserdem ist dieses Instrument ein echtes Gegenüber, die kommentiert nämlich was ich spiele. Wenn ich gut spiele, lohnt sie es durch tolle Resonanzen. Wenn nicht sagt sie: Ey komm! Den Mist kannste selber singen! - Sprich, ich kriege immer sofort ein feedback, das inspiriert mich ungemein undfördert die Übemotivation sehr. Und last not least: Es ist eine Anschaffung fürs Leben. Wenn alles gut geht ist das meine letzte Geige und ich gedenke sie noch mindestens 30 Jahre zu spielen. Und dann lohnt es sich halt doch! Ich glaube, das mit den Perlen und den Säuen stimmt nicht, wer immer sich wirklich Mühe gibt und dran bleibt und es sich leisten kann, kann auch ein gutes Instrument spielen.
peerceval Profilseite von peerceval, 17.11.2013, 16:50:13

... Oh, nein, nein, nein - lieber DebianFan !!! Diese weit verbreitete Einstellung 'man muss sich der Geige erst würdig erweisen', ist lerntechnisch vollkommener Quatsch und pschologisch gesehen nichts anderes als 'Ich würg mir jetzt erstmal selbst richtig eine rein'.

Wenn Du das Geld hast, tu es jetzt. Die besseren Geigen geben Dir einfach mehr zurück. Sie helfen beim Lernen. Und die richtig guten tragen Dich: Seit Donnerstag habe ich keine Irritationen in Sachen Intonation mehr. Sie sagt mir physisch, wenn der Ton sitzt. Es kribbelt. Das hab ich mir nie träumen lassen. Und dass die richtig guten Geigen Dich nicht überfordern, dafür wird Herr Schleske schon sorgen (andere Geigenbauier sicher auch): er war in unserem Gespräch sehr behutsam.

Und die Geldfrage? Na, ja. Sie liegt halt im Wert eines Kleinwagens. 2015 - so mein ursprüngliche Plan - hätte ich das zusammengehabt. Unverhofft kommt eben oft. Aber beim Autokauf gehört das Finanzieren doch sozusagen schon per se dazu. So besonders ist das also auch nicht ...

mit voller Ermutigung P.

PS.: Diese Erleichterung der Intonation ist übrigens keine Mystik sondern Physik. Bekanntlich kann niemand absolut sauber spielen, dem 'pythagoreischen Komma' sei Dank. Nur wir Streicher haben es 'leichter': Das Mitklingen der Obertöne anderer Saiten (Resonanzen) zeigt uns durch das Mitschwingen, was für uns der beste Weg aus dem Dilemma zwischen reiner und Leittonorieneeiter Intonation ist. Geht aber nur bei resonanzreichen Geigen. Und genau das zeichnet wirklich gute Geigen aus. Woher sollte die berühmte Tragfähigkeit im Piano auch sonst kommen?

peerceval Profilseite von peerceval, 15.12.2013, 15:43:12

Nun ist er fällig und sehr gerne geäußert, der Dank an Eure Begleitung beim Erwerb meiner neuen Violine. Angefangen hatte es mit Frage nach Unterricht und der Diskussion um Carbonbögen. Ich habe viele 'fremde' Threads dankbar gelesen, etwa den über Geigenkoffer und den über Kolophium. Und ganz aktuell habt Ihr mir bei der Luftfeuchtigkeit geholfen. Dieses Forum ist genial. Es hat mich beim Erwerb meiner Schleskegeige wirklich abgesichert. Nochmals also: Dank dafür.

Und das Fazit: Natürlich hat sie auch den Test im Saal mit Bravour bestanden. So dunkel, so samt. Und trotzdem über große Distenzen und 'gegen' andere  so präsent. Fazit meiner Lehrerin: sie müsse da jetzt wohl etwas neidisch sein. [Anwort von Herrn Schleske darauf: Neid sei unproduktiv. Einfach  auch eine kaufen 1 ]. 

Meine Schleske Geige Opus 196 ist nun also wirklich ganz und gar da. Bezahlt. In neuem Kasten verpackt. Und schon geliebt. Ich wollte Euch hier ein zwei Bilder zeigen. Nur klappt der Bilderupload irgendwie nicht (meistens sitzt das problem vor dem Rechner, ich weiß). Deshlab ersatzweise einen Link auf ein externes Repository: http://www.fodina.de/en/domus/mymomv.html

Ich wünsche Euch genauso ein Glück(sgefühl).

P.

 

DebianFan Profilseite von DebianFan, 15.12.2013, 16:40:16

Da läuft einem ja das sprichwörtliche Wasser im Munde zusammen. Eine Schleske steht auch auf meiner Einkaufsliste, aber momentan kann ich keine 20 k€ erübrigen. 

Geige Profilseite von Geige, 15.12.2013, 16:42:50

Hier zwei hochgeladene Bilder. Möglicherweise war bei Dir ein falscher Ordner als Ziel eingegeben.

c-complete-standing-violin-180x380.png g-back-side-violine-180x320.png

Viel Freude mit der Geige :)

Riedingfan Profilseite von Riedingfan, 18.12.2013, 22:25:49
Wow sie ist schön. Was ist das für Lack?
Neuester Beitrag peerceval Profilseite von peerceval, 18.12.2013, 22:59:07

Liebe Riedingfan(in); Details dazu weiß ich nicht wirklich. Er hat mir nur erzählt, dass er seinen Speziallack so verarbeitert hat (tupfen?), dass sie im Licht ganz unterschiedlich changiert. Mal sieht die Geige braun aus, mal total rot. Und der Boden mit seiner Doppelflammung (Quer und Längs) ist natürlich der Hammer. Den Rand hat er dazu etwas heller abgesetzt, dadurch wirkt sie wie eingefaßt. Na ja, und klingen tut sie...

Liebe Grüße P.

PS.: Über Weihnachten nehm ich mir viellicht ja doch mal das Vivaldi Doppelkonzert vor, besorgt hab ich es schon. Bach ist aber auch schön 3

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