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Feinstimmsaitenhalter und Kunststoffteile

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Florina Profilseite von Florina, 25.09.2013, 12:08:50
Feinstimmsaitenhalter und Kunststoffteile

Guten Tag, liebe Forengemeinde,

ich habe als Kind/Jugendliche mit Begeisterung Violine gespielt (auch im Orchester) und 12 Jahre Unterricht gehabt. Danach habe ich 20 Jahre keine Geige mehr in Händen gehalten. Nun möchte ich, angespornt durch meinen Sohn, der seinerseits nun mit Begeisterung beim Violinspiel ist, den Wiedereinstieg wagen. Nur für den Hausgebrauch und in erster Linie für mich selbst, ich möchte keine Auftrittsreife mehr erlangen. Die Lehrerin meines Sohnes würde mir auch Auffrischungsstunden erteilen.

Allerdings habe ich keine eigene Geige (sondern immer auf Leihinstrumenten gespielt) und möchte mir jetzt eine kaufen. Nun habe ich ein Angebot einer angeblich über 100jährigen Stainer-Kopie (entsprechender Zettel klebt innen, aber ohne Jahreszahl), die noch komplett im Original erhalten sei - also es wären niemals  Teile erneuert und ausgetauscht worden. Diese Violine hat vier Feinstimmer und eine Kinnstütze aus Kunststoff.

Das macht mich stutzig. Wurden vor über 100 Jahren schon Kunststoffteile verbaut und 4 Feinstimmer eingesetzt?

Besten Dank für den Rat!

Riedingfan Profilseite von Riedingfan, 25.09.2013, 15:07:47
Quark, das gabs vor 100 J noch nicht! Entweder der Verkäufer hat keine Ahnung oder er meint: Keine wesentlichen Teile (Stimmstock zB). Vier Feinstimmer gibts glaub ich höchstens seit 30 J oder so.
Aranton Profilseite von Aranton, 25.09.2013, 15:22:53

Originalzustand bedeutet, dass es weder größere Reparaturen noch baulichen Änderungen gegeben hat. Den Kinnhalter zu tauschen oder Feinstimmer zu montieren, ist ebensowenig eine bauliche Änderung wie das Austauschen verschlissener Saiten. Von denen erwartest Du ja auch nicht, dass sie Original sind...

Die ersten Kunststoffe wurden so vor hundertsiebzig, hundertachtzig Jahren entwickelt. Man hat nach Materialien gesucht, die als günstiger Ersatz für Elfenbein, Ebenholz und diverse andere wertvolle Naturstoffe dienen konnten. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts kam da einiges auf, das zum Teil heute noch verwendet wird. Ein hundert Jahre alter Kinnhalter könnte aus Ebonit, Zelluloid oder auch Bakelit sein.

Aber: Ein originaler Kinnhalter ist keinen müden Pifferling wert, wenn er nicht zu der Person passt, die die Geige spielt. Ich würde einen nicht passenden Kinnhalter austauschen, egal ob Original oder nicht; schließlich will möglichst entspannt spielen können. Außerdem altern auch Kunststoffe mit der Zeit, nach hundert Jahren werden Kunststoffe gerne mal porös und brüchig.

Bea Profilseite von Bea, 25.09.2013, 16:11:24

Also das Equipment Kinnstütze, 4 Feinstimmer deutet darauf hin, dass zuletzt ein Anfänger darauf gespielt hat. Ergo wird es sich kaum um eine besonders wertvolle Geige handeln - die würde ich nämlich auch als Anfänger nicht mit einer Billigkinnstütze und dem Gewicht von 4 Feinstimmern (mit Holzsaitenhalter, oder integrierter Metallsaitenhalter?) ausstatten.

Bevor ich als Laie irgendwelche "Angebote" ohne Vergleichsmöglichkeiten wahrnähme, würde ich mich erstmal im Internet und vor Ort kundig machen, was Preise betrifft, Klang, Saiten Bogen (kosten auch schnell mal über 1000 €). Wenn es erst mal um einen schnellen Einstieg geht, würde ich eine einfache Violine kaufen und einen ordentlichen Bogen - das kann de rSohn dann ja erben, wenn er hineinwächst, und die Kaufentscheidung für ein wertvolles Instrument dann treffen, wenn man wieder ordentlich spielt. (Wer 20 Jahre ein Instrument nicht mehr anfasst, obwohl er 12 Jahre Unterricht hatte, hat es meist nicht zu sehr geliebt - und gerade Violine kann man überall mitnehmen im Unterschied zum Klavier ...)

Aranton Profilseite von Aranton, 25.09.2013, 17:08:27

Ich kann verstehen, wie Bea zu ihren Schlüssen kommst. Aber es gibt Leute, die den Klang von Stahlsaiten bevorzugen; das sind vorwiegend Country- oder Fiddle Musiker. Die bevorzugen zwar im allgemeinen Saitenhalter mit integrierten Feinstimmern, aber manche spielen auch mit vier nachgerüsteten Feinstimmern. Und wenn ich eine neue Kinnstütze bräuchte, würde ich Plastik vorziehen, weil die sonst verwendeten Edelhölzer allesamt in ihrem Bestand bedroht sind. Plastik stützt, wenn es anständig verarbeitet ist, nicht schlechter als Holz, auch wenn es nicht so edel aussieht.

"Hundert Jahre alte Stainer-Kopie" klingt sehr stark nach sächsisch-böhmischer Massenfertigung. Das heutige Äquivalent ist der "China-Kracher". Oder in die Autowelt übertragen: "Ein original 1987er Toyota Starlet". Gut, die gibt es auch bessere Stainer-Kopien, aber als Laie muss man schon aufpassen, dass man nicht übervorteilt wird, da hat Bea absolut Recht. Einfache "Sachsen-Stainer" sind auf Ebay für um die hundert Euro zu bekommen. Aber wo sich die Geige die Dir angeboten wird bewegt Florina, ist ohne sie zu sehen natürlich unmöglich zu beurteilen. Feinstimmer und Plastikkinnhalter sind was das betrifft aber absolute Nebenschaufplätze, die wenig über die Qualität und den Wert des Instrumentes aussagen.

Neuester Beitrag Basskind Profilseite von Basskind, 26.09.2013, 14:24:46

Hallo!

"Wer 20 Jahre ein Instrument nicht mehr anfasst, obwohl er 12 Jahre Unterricht hatte, hat es meist nicht zu sehr geliebt - und gerade Violine kann man überall mitnehmen im Unterschied zum Klavier ..."

Dem möchte ich widersprechen, es gibt viele Gründe sich von Passionen zu verabschieden. Sie aufzuzählen würde den Rahmen hier sprengen, das kann  auch weltbekannte Solisten treffen, etwa Koussevitzky mit dem Baß oder Frans Brüggen, der nicht nur seine Blockenflöten nicht mehr spielen mag, sondern auch überhaupt keine Blockflötenmusik mehr "ertragen" kann. Mit der Liebe ist es halt so eine Sache, auch manche Partnerschaft/Ehe hält ja nicht ewig...

Vier Feinstimmer: Habe ich als junger Mensch vor genau vierzig Jahren auch auf Großvaters Violine montiert, weil mir das Gefummel mit den Wirbeln zu nervig war. Die sind heute noch drauf.

Zu Ebay: Einfache Instrumente wechseln oft viel zu teuer den Besitzer, zumal sich auf Fotos bereits erhebliche Mängel erkennen lassen, deren Reparaturen recht teuer werden können. Ich frage mich immer: Wer kauft so etwas? Zumal man das Instrument noch nicht mal angespielt hat! Etwas teurere Instrumente, so ab 1.500,-- - 2.000,-- € gehen nach dem Anschein häufiger zu billig über den Tisch, soweit ich das beurteilen kann.

Grüße

Thomas

P.S. Hier mal ein Beispiel recht fragwürdiger Geigen (Nr. 1 ("Stainer") und Nr.3) mit der Einschätzung durch einen Geigenbauer (fiddle) - die erzielten Preise sind eingedenk der Mängel jenseits von Gut und Böse: http://www.musiker-board.de/instrumente-zubehoer-strings/546770-haltet-ihr-den-geigen.html

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