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Hallo liebe Alle,
seit drei Jahen spiele ich nun Geige, habe alle 14 Tage 2 Std. Unterricht und es macht riesen Spaß!
Nun habe ich den Anspruch an "meine Musik" , diese etwas gefühlvoller bzw. mit Ausdruck spielen zu wollen. Z.B. "salut d'amour" ist ja nun ein Liebeslied, das einen gewissen Ausdruck benötigt. Manchmal gelingt es ganz gut (zu Hause alleine), den überwiegenden Teil aber eher nicht so (Unterricht, manche Tage beim Üben.).
Meine Lehrein meint, ich solle mir Bilder mit dem Gefühl der Losgelassenheit vorstellen, Situationen, die man erlebt hat, bei denen man sich frei und glücklich fühlte. Das ist aber nicht so einfach...(Abschalten vom Alltag)..Auch mit dem Wechsel der Lautstärke im Stück (nicht nur im genannten) habe ich noch Probleme....
Hat Jemand noch Tips dazu??
Freue mich über Anregungen :-)
LG Wollmaus
Möglicherweise liegt das Problem beim Vorschlag Deiner Lehrerin nicht nur am Faktor Alltagsstress. Meinem Verständnis nach setzt er voraus, dass man zumindest bis zu einem gewissen Grad schon über die nötigen technischen Mittel für ein ausdrucksstarkes Spiel verfügt, und in dieser Hinsicht scheinst Du noch unsicher zu sein.
Vielleicht könntest Du versuchen, selber ein wenig zu experimentieren, zuerst nur mit Einzeltönen, Tonleitern, einfachen Melodien: Probier verschiedene Bogenansatzstellen zwischen Steg und Griffbrett aus, das bedingt auch eine Veränderung bei Bogendruck und Strichtempo und erweitert die klangliche Palette; versuche die Lautstärke nach beiden Seiten hin bis ins Extreme zu erkunden, dann auch geeignete Passagen mit starkem oder homogenerem Crescendo/Decrescendo zu spielen. Und Du weisst sicher schon, dass auch mit Lagenspiel die Klangfarben sich ändern lassen. Mit solchen Versuchen bekommst Du eine Vorstellung, auf welche Weise sich bestimmte Klangeffekte aus dem Instrument herausholen lassen, und kannst diese Techniken dann auch in anspruchsvolleren Stücken zum Tragen bringen.
Der Ausdruck wird in die Musik mit dem technischen Können gebracht. In dem Sinne sind Empfehlungen deiner Lehrerin einfach nur hilflos. Mit welchem Können konkreter? Bodenführung, Geschwindigkeit und Gewichtspiele, Agogik, dynamische Kontraste, ausdrucksvolle Lagenwechsel, Vibrato und, das Allerwichtigste: die Phrasierung, so, wie du das hören möchtest.
Ich wünsche dir viel Spaß bei dieser Suche...
Ich schließe mich meinen Vorschreibern an: Je mehr Du technisch und musikalisch fortschreitest, desto mehr Werkzeuge bekommst Du an die Hand, einem Stück den gewünschten Charakter und Ausdruck zu verleihen. Am Ausdruck zu arbeiten, d.h. diese Mittel richtig einsetzen zu lernen, ist auch wichtiger Teil des Unterrichts.
Die Dynamik z.B. kannst du ja, wie asmhan geschrieben hat, gezielt üben, anhand ganzer Bögen oder an einem einfachen alten Stück, bei dem du die Aufmerksamkeit ganz darauf legen kannst. Wohlfahrt op. 45 Nr. 8 ist auch eine sehr schöne, von den Noten her einfache Etüde, von der man viel zu Dynamik und Bogenkontrolle (Bogengeschwindigkeit und -gewicht, Kontaktpunkt) lernen kann.
Guten Morgen,
vielen Dank für Eure Beiträge. Daran liegt's sicher, habe ich mir auch schon fast gedacht..... :-(
Die Vorschläge, auf der leeren Saite etc. zu üben sind gut. Klar, wenn's bei der Tonleiter schon nicht klappt, wird's im Stück erst garnicht gehen...
Was schon gut geht, ist die Unterteilung in Frasen, das hat mir meine GL gut vermittelt. Immerhin ein Anfang.Lagenwechsel geht auch recht zuverlässig.
Das Vibrato stockt noch ziemlich.(habt ihr vielleicht dazu noch Tips ? Beim Bogenwechsel unterbreche ich wie automatsch das Vibrato, kann das nicht durchhalten....)..naja, es gibt viel zu tun!
Fazit: ich bekomme das Zusammenspiel der Technik mit dem Notentext nicht hin.
Nagut, dann bin ich noch zu voreilig mit meinem Wunsch der "schönen Musik" . Aber wie sagt man so schön - der Weg ist das Ziel :-)
Vielen Dank für Eure Hilfe!
LG !
Hallo,
eine schöne Situation kann man sich immer vorstellen. Davon kann man leider noch lange kein gutes Gedicht darüber schreiben, ein schönes Bild malen oder eben auch die passende Musik dazu machen. Wie setzt man überhaupt ein Gefühl in Musik um, mal ganz abgesehen von der Geige?
Musik hat etwas Ähnliches wie eine Sprache, mit eigener Grammatik, sozusagen. Daraus ergibt sich eine sinnvolle Phrasierung und Agogik, aber auch die nötigen Schwerpunktsetzungen. Dafür entwickeln die Menschen in ganz unterschiedlichem Maße ein Gefühl. Wenn du viel Musik gehört hast und in diesem Sinne schon ein gutes Verständnis hast, dann ist es sehr hilfreich, wenn du das Stück für dich singst. Dann weißt du intuitiv, wohin es mit der Melodie gehen soll, du entscheidest intuitiv, wo du atmest, wo du lauter oder langsamer wirst usw.
Dann kannst du davon ausgehen und dir auf der Geige aufmerksam zuhören und versuchen, dem Gesungenen so nahe wie möglich zu kommen. Bei den technischen Hürden sollte dir die Lehrerin weiterhelfen. Dann wirst du aus dem Stück alles herausholen können, was du momentan zu leisten imstande bist, und mehr kann man ja von sich nicht verlangen.
Ich habe andererseits auch eine Schülerin, die ohne jegliche Gestaltungsvorstellung daherkommt. Wenn sie alleine entscheiden müsste, hätte das Gespielte keinen Sinn, so als würde sie einen Text vorlesen, indem sie nur die unwichtigen Wörter betont oder einzelne Wörter buchstabiert. Der muss ich als Lehrerin genau erklären und auch oft vormachen, was die Struktur des Stückes ist, wo es langgeht. Und dann auch darauf beharren, wie sie das umsetzen kann. Denn oft denken die Leute, sie machen schon so viel an Ausdruck, aber man hört nur eine kleine Spur davon. Gerade aktuell wurde diese Schülerin von einer Wettbewerbsjury ausgerechnet für die tolle musikalische Gestaltung gelobt. Ich kann da nur sagen: Kam alles nicht in erster Linie von ihr selber. Macht aber auch nichts, denn man kann durchaus viele Jahre einfach alles vom Lehrer übernehmen und sich zueigen machen, bevor man nach und nach auch von sich heraus gestaltet. Das ist auch ein Weg des Lernens. Bei ihr nützt das Singen jedenfalls eher wenig.
Wenn deine Ansprüche hoch sind, bohre bei der Lehrerin nach konkreten Hinweisen nach. Wenn die nicht kommen, spricht das gegen diese Lehrerin. Ehrlich gesagt, finde ich oft komisch, dass viele Lehrer nciht den Anspruch an eine gute Gestaltung stellen. Denn das ist doch das Wesentliche in der Musik. Ich erhebe immer den Zeigefinger und verbiete kategorisch, dass man ein potentielles Publikum langweilt. Gut gestalten können im Prinzip alle, selbst die Kleinsten, wenn die Stücke leicht genug sind und die Gestaltung wichtiges Thema des Unterrichts ist.
LG, Flitzebogen
Lieber Flitzebogen,
vielen Dank, ja Du hast Recht. Sicher habe ich einen (noch) zu hohen Anspruch an die Drastellung der Musik. Wahrscheinlich liegt es doch auch am Unvermögen der Umsetztung. Im Unterricht üben wir schon die Einteilung, kleine, unsichtbare Pausen, Lautstärke, Betonung etc,..aber es fällt mir eben schwer mit dem Text zusammen umzusetzten. Heißt also üben! Meine Lehrerin habe ich darauf noch einmal angesprochen, sie hat den Schwerpunkt auch dahin verlagert. Mal sehen, wie es besser wird :-)
Vor mir ist auch eine -auch schon ältere-Schülerin, sie spielt schon länger (9Jahre Geige), ihr ist es völlig egal, wie sie die Stücke spielt, Hauptsache spielen. Kein Versuch von Vibrato, "schönem" Strich...Dagegen kommt auch meine Lehrerin nicht an. Technik ist der Schülerin nicht wichtig, spielt trotzdem im Laienorchester. So unterschiedlich sind die Ansprüche....
Ich weiß nur für mich, dass ich das so nicht will. Mir ist auch Vorspielen etc. nicht wichtig, ich möchte doch einfach nur schön für mich spielen können...
Sonniges Wochenende! LG!
Ich weiß nicht, ob es dir nützt, aber ich schreibe einfach mal auf, was mir besonders hilft, um Ausdruck in die Musik zu bringen. Das sind natürlich nur meine eigenen Herangehensweisen ohne Anspruch auf Allgemeingültigkeit. Die Wahrnehmung sensorischer Reize, ihre kognitive Verarbeitung und die persönlichen Eigenheiten, Gefühle zu spüren und auszudrücken sind schließlich sehr individuell.
Vorweg muss ich aber anmerken, dass ich den vorigen Beiträgen in gewissen Punkten nicht ganz zustimme, nämlich dass das Vorstellen von schönen Situationen (in deinem Stadium) sinnlos ist. Das ist es meiner Meinung und Erfahrung nach ganz und gar nicht. Es hilft mir im Gegenteil sogar sehr, den Ausdruck zu verbessern. Das geschieht natürlich immer nur im Rahmen meiner technischen Möglichkeiten. Ein schönes Bild im Kopf wird dich nicht von jetzt auf gleich Klassen besser machen. Aber es hilft mir persönlich immer sehr, mein bis jetzt erworbenes Können besonders gut zu fokussieren und sozusagen auf den Ausdruck hin zu "streamlinen" (yay, Anglizismen). Je besser du wirst, desto mehr wirst du die Effekte solcher Visualisierungs- und Emotionstechniken merken, aber auch am Anfang, das heißt, wenn es objektiv noch gar nicht gut klingt, hat es mir bei der Konzentration große Dienste erwiesen und ich konnte bereits sehr rudimentäre Ansätze einer "künstlerischen Aussage" in mein Spiel legen. Wenn du nämlich sagst, dass du es an manchen Tagen ganz gut schaffst und an manchen nicht, scheint ein gewisser Ausdruck ja im Rahmen des Möglichen, aber nicht immer abrufbar zu sein. Psychologisch gesehen können gewissen mentale Brücken helfen, solches vorhandenes Wissen leichter zu aktivieren.
Es hat mir persönlich auch dabei geholfen, mich schon einmal mit der tieferen Ebene eines Stückes zu beschäftigen, d.h. zu analysieren und zu verstehen, wie Musik über korrekte Noten hinaus funktioniert.
Das ist natürlich nur meine eigene Meinung und ich verstehe daher, wenn andere diese nicht teilen. Es war mir aber wichtig, auch eine andere Perspektive auf das Thema darzustellen.
Ich möchte hier auch nicht die Wichtigkeit von Technik anzweifeln (ganz und gar nicht). Diese musst du natürlich auch intensiv üben, um deine Vorstellungen in die Tat umzusetzen. Mein gleich beschriebenes Vorgehen ist daher in dem Kontext zu betrachten, dass ich daneben natürlich selbst auch Technik immer weiter übe, da mir diese sehr wichtig ist (wobei mir der gleich beschrieben "Flow" dabei aber auch sehr hilft.)
Zu meinem Vorgehen:
Wichtig ist, dass ich das Stück auswendig sicher beherrsche, damit ich beim Spielen nicht über dessen Grundlagen nachdenken muss. Wenn das gegeben ist, ist der erste Schritt bei mir tatsächlich planen. Während ich das spontane Spiel sehr schätze, bieten selbst scheinbar einfachere Stücke oft viele Möglichkeiten ein solches zu gestalten. Darüber bei einem ernst angedachten Durchspiel nachzudenken, ist mir persönlich zu viel Multitasking. Ich überlege daher vorher erst einmal, wo ich bezüglich des Ausdrucks hinmöchte und wie ich das im Detail mit gewissen Spielvariationen erreichen kann (an welchen Stellen laut/leise, wo und wie viel gebunden, an welcher Stelle wie aggressiv/sanft/ruhig usw.). Wichtig ist mir auch, dass die einzelnen Elemente auch als Ganzes funktionieren. Das klingt alles jetzt vielleicht erstmal sehr analytisch und nicht besonders nach freiem Ausdruck, aber es ist vergleichbar mit einer Skizze, die man vor dem Erschaffen einer ernsten Zeichnung erstellt. Das Planen mache ich sowohl im Kopf, durch Singen, durch Anspielen auf der Geige usw.
Wenn ich ein Konzept entwickelt und verinnerlicht habe, mache ich dann u.a. das, was dir deine Lehrerin vorgeschlagen hat. Auch auf die Gefahr hin, abgehoben zu klingen, beschreibe ich es nun so, dass ich versuche, mich in einen "künstlerischen Zustand" zu versetzen (psychologisch könnte man jetzt von Konzeptaktivierung bez. der spezifischen Emotionen, und dem Erreichen eines sog. "Flow"-Zustands sprechen). Dieser zeichnet sich bei mir durch eine größere Entspannung, erhöhte Konzentration und eine höhere aber besonders natürliche bzw. organische Wahrnehmung des gesamten Spiels aus - d.h. ich spüre noch mehr als sonst, wie meine Finger das Griffbrett berühren, die ich den Bogen führe, wie die Töne resonieren. Dies überträgt sich sehr stark auf mein ganzes Körpergefühl (ich bin ein recht haptischer bzw. kinetischer Mensch) und ich bekomme das Gefühl, die Musik nicht zu spielen, sondern buchstäblich zu formen, zu greifen, anzufassen usw. Man könnte das mit dem bekannten Ausdruck "mit der Musik eins werden" zusammenfassen. Die Töne und ihr Ausdruck gehen auch viel stärker in meinen Körper ein und ich fühle mich so, als würde ich sehr aktiv mit ihnen interagieren und das was ich mache, wirklich verstehen. (Es tut mir Leid, wenn es etwas befremdlich bzw. wie ein überzogenes Künstlerstereotyp klingt - ich hab einfach keine Vorstellung, wie ich so etwas erfolgreich in Worte fassen soll).
In diesen Zustand komme ich durch Vorstellungen wie die, die deine Lehrerin genannt hat. Ich konzentriere mich auf die Gefühle, die Bilder, die Klänge usw. die ich ins Lied legen will, bleibe dabei aber - und das ist wichtig - sehr entspannt. Früher habe ich versucht, mit strenger Konzentration (vergleichbar mit einer angespannten Konzentration, wenn man z.B. bei einem Wettlauf startet) dorthin zu gelangen. Das hat nicht geklappt, ich wurde nur verkrampft und frustriert. Irgendwann habe ich dann angefangen, Achtsamkeitsübungen zu machen, was ich nur empfehlen kann. Das hat meinen Ausdruck auf lange Sicht hin enorm verbessert. Durch die achtsame Grundhaltung während einer Tätigkeit bin ich generell sehr ruhig aber auch sehr mit dem verbunden, was ich mache. Es dauert etwas, dahin zu kommen, da man auch Achtsamkeit üben muss, aber meiner Meinung nach lohnt es sich.
Wenn ich dann spiele, verselbstständigt sich dieses ganze emotionale Fokussieren irgendwann und ich fange an, mich vermehrt zu bewegen, sehe die Bilder vor meinem inneren Auge, spüre intensiv die Emotionen, die ich umsetzen will, als korrespondierende körperliche Reaktionen, und habe wie gesagt das Gefühl das, was ich spüre buchstäblich als Musik "zu tun" und mit einem hohen Bewusstsein aktiv zu formen.
Meine Technik und Intonation werden mir dadürch übrigens ebenso bewusster. Vor allem bei der Intonation sorgt das besonders prägnante Bewusstsein, welchen Ton ich gerade "aussagen" möchte dafür, dass ich diese auch viel präziser und bestimmer treffe.
So, ich hoffe, dass vielleicht hier und da ein paar hilfreiche Ideen bei waren und ich entschuldige mich nochmal für die ggf. etwas esoterisch angehauchten Darstellungen. Falls du vorhaben solltest, das zu probieren, z.B. indem du dir Bilder vorstellst, dann sei geduldig, denn auch das ist eine Fähigkeit, die man lernen muss, daher wird es am Anfang noch sehr schwer sein, in einen solchen "Flow" zu kommen.
Viele Grüße
Morphy
Guten Abend Morphy,
vielen Dank für Deinen tollen Beitrag! Ich bin immer dankbar und offen für Meinungen und Tips, die weiter helfen...sonst würde ich ja nicht fragen.
Wenn ich mir einige, wenige "großen" Geiger dier Welt ansehe, (War gerade kürzlich bei Nigel Kennedy zum Konzert) sehe ich förmlich die Einheit Geige/Musiker...Es sieht aus, als vergisst er das Puplikum während des Spielens, ist mit seiner Musik und Musikern in seiner Welt. Das ist Musik, finde ich. Er lebt diese geradezu.
Sicher wird viel mit Technik gemacht, wenn man die beherrscht, kann an eben gut Geige bzw. sein Instrument spielen. Da macht es -glaube ich- keinen Unterschied, ob Klavier, Posaune oder Violine, etc.
Aber ich glaube, um überzeugend und sehr gut sein Instrument/Musik zu demonstrieren, gehört durchaus Gefühl dazu. Nur Noten herunter schrubben zu können, ist noch lange keine Musik.
"Man könnte das mit dem bekannten Ausdruck "mit der Musik eins werden" zusammenfassen. "
Genau das meine ich. Das wünsche ich mir! Denn jeder Komponist hat sich doch etwas gedacht bei seinem Werk. Auch der wird sich doch etwas vorgestellt haben beim Schreiben. Musik erzählt ja schließlich eine Geschichte, die der Musiker wieder erzählen möchte. Jeder, wie er es für schön empfindet.
Beim Üben merke ich, je länger ich spiele, um so besser wird es. Die Losgelassenheit, der Mut, sich auch mal mehr zu trauen. Eine Passage, manchmal nur den Beginn eines Stückes, einen Ton so lange zu üben, bis es gefällt. Nun hat man aber nicht immer die Zeit, leider!
Auf jeden Fall ist Dein Beitrag sehr hilfreich, ich werde an Allem werkeln, sowohl an der Technik, als auch an der künstlerischen Darstellung.
Herzlichen Dank!
Viele Grüße Wollmaus
Hier muss ich mich doch noch einmal einmischen, das ist ein interessanter Thead!
Den Flow-Zustand zu erreichen ist ja ohnehin das Beste, was einem passieren kann, und ich hätte nie gedacht, dass DAS der Ansatzpunkt für eine vorgestellte schöne Situation etc. sein könnte. Das werde ich dann evtl. meiner Schülerin so auch einmal empfehlen!
Ich rede auch viel in Bildern, aber eben bisher nie ganz so diffus wie eine "allgemeine schöne Siuation". Da mir persönlich diese Denkweise völlig fremd ist, ich sie andererseits aber auch nie vermisst habe, wäre mir das nicht eingefallen.
Ich denke selber eigentlich tatsächlich direkt in musikalischen Einheiten und nur hin und wieder an bestimmte menschliche Grundhaltungen, die innerhalb eines Stückes durchlaufen werden (etwa vorsichtig-suchende Haltung, forsches unbekümmertes Durchmarschieren, dann alles Dialogische im Sinne von Frage/Antwort, Bitten, Flehen, Ablehnen, Umarmen o.ä.). Haltung innerlich in etwa so wie es äußerlich bei Tänzern zu sehen ist, die eine Geschichte "erzählen". Macnhmal sage ich dann, wenn ich unterrichte z.B. sowas wie: "Spiele diese Stelle ist mit zusammengezogenen Augenbrauen" o.ä. Natürlich muss der Schüler das nicht wirklich tun, aber er weiß dann, welche Haltung/Stimmung hier gerade aktiviert werden soll. Aber wie gesagt, so ganz allgemein...daraufhin muss ich die Schülerstücke mal durchgehen, ob ich ein einzelnes Bild finde, das wirklich als Kulisse für ein gesamtes Stück ausreichen kann.
Zum Thema "eins mit der Musik" kann ich noch beitragen, dass ich mich gerne auch absichtlich in die Perspektive der Musik versetze - ich bin dann die Melodie und kann mich dann folgerichtig entwickeln. Das finde ich gerade als Profi besonders wichtig, denn ich muss hin und wieder Stücke spielen, die mir persönlich nicht so gefallen, aber die sollen natürlich mit einem genauso großen Ausdruck gespielt werden wie meine Favoriten. So stelle ich mir Schauspieler vor, die ja auch mal unsympathische Figuren spielen müssen, und das mit großer Überzeugung.
Tja, aber bei der Technik beißt sich die Katze in den Schwanz. Natürlich ist es am besten für die Gestaltung, wenn man das Stück schon auswendig und fließend spielen kann, so dass die Gestaltung das Einzige ist, worum man sich kümmern muss. Und um die muss man sich ja tatsächlich jedes Mal neu kümmern, wenn man das Stück durchlebt.
Aber wie lernt man denn am Anfang ein solches Stück? Dabei muss man irgendwie schon wissen, was man später will, um über Fingersätze, Striche etc. zu entscheiden. Auch steckt der Ausdruck ja in jedem Moment. D.h., wenn man nur zwei Zeilen eines Stückes kann, muss man auch die zu beleben wissen, so dass sie dem Ausdruck entsprechen, die sie innerhalb des größeren Kontexts haben.
Es wäre also einerseits toll, ein Stück zuerst zu können, um unbeschwert gestalten zu können, aber andererseits auch gut, zuerst die Gestaltung im Kopf zu haben, um dann einen Plan zu haben, wie man das Stück technisch überhaupt spielt.
Ich nähere mich immer schrittweise irgendwie von beiden Richtungen an, aber ich muss zugeben, dass ich diese Anfangsphase bei einem ganz neuen Stück immer fürchertlich beschwerlich finde und bisweilen ohne feste Deadline zum ewigen Hinausschieben neige...
LG, Flitzebogen
Übrigens gleich noch eine Anschlussfrage: Wie kann man den Flow erhalten, wenn man erstmal drin steckt? Denn er ist leider recht frragil. Ich habe eine so präzise Vorstellung von jedem Moment, dass ich über Fehler nicht wirklich gut hinwegkomme. Sie bringen quasi die Seifenblase zum Platzen. Ich kann mich dann wieder aufraffen und weiterspielen, aber dieses komplette Drin-Versunkensein weicht dann leider einer gewissen Alarmiertheit.
LG, Flitzebogen
(Es ist wie beim Kampfsport, wenn etwas unerwartet läuft, musst du dich anpassen, sonst kassierst du blaue Flecken.;-) Vielleicht ein seltsames Beispiel. Aber nirgendwo anders habe ich bis jetzt so direkt Rückmeldung zum "im Moment sein" erhalten.)
Hallo,
inzwischen kann ich das Stück "Salut d'Amour" sehr gut auswendig und war beim Üben mutiger. Habe mich einfach mal getraut etwas anders zu machen. Das wichtigste ist glaube ich für mich, mit geschlossenen Augen zu spielen. Das geht am Besten. Da kann ich mich auf den Ton konzentrieren und höre besser. Das haben wir im Unterricht auch gemacht, Meine GL war positiv überrascht. Und ich habe einfache Etüden mal ganz anders gespielt, mit anderm Charakter. Betonung anders, Abschnitte mal schneller, mal langsamer, lauter etc. das war auch witzig irgendwie, weil es ganz neu ist.
Also bis jetzt ist also auswendig und geschlossene Augen ein Schritt in die richtige Richtung, hab ich den Eindruck. Bin gespannt, wie es sich weiter entwickelt ;-)
LG Wollmaus
Ich glaube auswendig lernen und Augen schließen sind probate Mittel.
Im Endeffekt kann man sich Ausdruck aber weder herbeizaubern noch herbei"fühlen" noch auf irgend einem anderen magischen Wege erreichen. Man muss Mittel entwickeln, die Musik zu gestalten, und technische Mittel entwickeln, um die Gestaltung umzusetzen.
Die wichtigen Stichworte sind hier schon gefallen: Betonungen sinnvoll (und abseits der Strichtechnik!) gestalten, Phrasen "vorlesen" anstatt sie zu buchstabieren, Schwerpunkte und Spannungsbögen finden und diese dann im Zweifel so spielen, wie man sie singen würde, eventuell noch mit einem dazu gedachten Text, damit die schweren und leichten Silben deutlicher werden.
Ich persönlich glaube Ausdruck hat weniger mit esoterischen Schwingungen als vielmehr mit Klarheit der Vorstellung und technischer Flexibilität zu tun. Beides kann man trainieren.
Gruß Tommok
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